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Der Weg vom positiven Testergebnis in die offizielle Darstellung der Corona-Fallzahlen bringt einige Hürden mit sich.

Foto: dpa/Oliver Berg

Wer sich in Österreich online über aktuelle Corona-Fallzahlen informieren will, wird mit zwei verschiedenen Informationsquellen konfrontiert. Die Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) berechnet Covid-19-Infizierte, Todesfälle, Genesene sowie durchgeführte Testungen in einem Dashboard, das täglich aktualisiert wird. Dieselben Kennzahlen gibt auch das Sozialministerium auf seiner Website aus und bezieht dabei die Daten von den Corona-Krisenstäben der Bundesländer – allerdings mit unterschiedlichen Werten. Woran liegt das?

Kurz gesagt: Die Datengrundlage ist zwar dieselbe, aber die Weiterverarbeitung dieser wird anders gehandhabt. Zahlreiche Quellen wie Bezirkshauptmannschaften, Magistrate, Spitäler, Pflegeheime und Labore melden täglich unter anderem Testergebnisse und Todesfälle in das Epidemiologische Meldesystem (EMS) des Bundes sowie in die eigenständigen Meldesysteme der Bundesländer ein. Schon hierbei hakt es manchmal: So kann es sein, dass von den einzelnen Stellen nicht gleichzeitig in beide Systeme eingemeldet wird oder es zu technischen Verzögerungen in einem System kommt. Ages und die Krisenstäbe verfügen dann nicht gleichzeitig über dieselbe Datenbasis.

Knackpunkt Datenbereinigung

Dazu kommt, dass diese Daten nicht einfach übernommen werden können, sondern bereinigt werden müssen. Die Bereinigung wird zum Teil händisch durchgeführt und dauert aufgrund der schieren Menge stundenlang – und das jeden Tag. Es kann etwa zu Doppel- oder sogar Dreifachnennungen bei positiven Tests kommen, wenn sich eine Person an mehreren Stellen testen lässt. Auch wenn der Sterbeort eines an Covid-19 erkrankten Patienten in einem anderen Bundesland liegt als dessen Wohnort, muss dies im Nachhinein korrigiert werden. Sogar Kleinigkeiten sorgen für Fehler: Meldet ein Labor etwa eine positiv getestete Person ohne ihren zweiten Vornamen, während die BH bei der Meldung derselben Person den zweiten Vornamen angibt, erkennt das System zwei Neuinfektionen anstatt einer.

Weil im täglichen Update des Dashboards bzw. der Ministeriumswebsite aktuelle Zahlen präsentiert werden sollen, werden Daten oft schon veröffentlicht, bevor sie vollständig korrigiert wurden. Manchmal werden gewisse Informationen erst im Nachhinein bekannt, zum Beispiel Todesfälle, bei denen erst nach dem Tod eine Infektion festgestellt wurde. Schwankungen und Nachmeldungen sind also fast systemimmanent.

Epidemiologie versus Behördenarbeit

Auch bei der Ausgabe der Daten in den Tabellen und Grafiken gibt es einen weitreichenden Unterschied. Die Ages stellt am Dashboard das epidemiologische Geschehen dar. Ein Todesfall wird also dem Sterbedatum zugerechnet und nicht dem Meldetag der Behörde. Gleiches gilt für das Einlangen eines Testergebnisses. Die Ausbreitung des Virus soll für jeden Tag korrekt dargestellt werden.

Die Bundesländer gehen anders vor: Für die Behörden sind die am jeweiligen Tag gemeldeten Informationen wichtig, denn das ist auch die Grundlage für das tägliche Contact-Tracing. Beamte sollen jeden Tag wissen, wie viele Menschen sie zur Nachverfolgung kontaktieren müssen. Die wissenschaftliche epidemiologische Kurve der Fallzahlen ist bei der Behördenarbeit nicht relevant.

Wien verwendet bei Corona-Toten künftig Ages-Zahlen

All diese Faktoren führen dazu, dass zwischen den Zahlen der Ages und jenen des Krisenstabs zum Teil beträchtliche Differenzen entstehen. Zuletzt war der Gap bei den Todesfällen in Wien mit 120 Fällen so hoch geworden, dass sich der Krisenstab der Bundeshauptstadt am Mittwoch dazu entschlossen hat, in der Außenkommunikation künftig auf die Zahlen der Ages zu verweisen, um Irritationen zu vermeiden. Der Grund für den Unterschied war aufgrund der eigenständigen Berechnungssysteme nicht aufzuklären, deshalb entschied man sich für die höhere Zahl der Ages, erklärte der Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker im Gespräch mit dem STANDARD.

Nachmeldungen und Korrekturen wird es aber weiterhin geben. Das Grundproblem, dass eine schnellstmögliche Veröffentlichung tagesaktueller Daten immer fehleranfällig ist, bleibt wohl noch bis zum Ende der Pandemie. (Davina Brunnbauer, 18.12.2020)