Zu Wasser und zu Land haben die Vikings auch in den letzten zehn Folgen der sechsten Staffel nicht viel zu lachen – allen voran Bjorn (Alexander Ludwig, Zweiter von links) – ab 30. Dezember auf Amazon Prime Video.

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Gewalt gibt es in "Vikings" niemals um ihrer selbst willen, sagt Serienerfinder Michael Hirst.

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Nach dem Blutbad ist vor dem Blutbad: Seit 2013 gilt diese eiserne Regel bei "Vikings", und so wird es ab 30. Dezember auf Amazon Prime Video sein, wenn die endgültig letzten zehn Folgen abrufbar sind. Das Datum ist für Streamingkunden, die Freude an seriellen Massenschlachtungen haben, von einiger Bedeutung. Unter Einsatz von Blut, Schweiß, Tränen und weiteren Körperflüssigkeiten versammelt Serienmacher Michael Hirst inzwischen eine große und sehr treue Fangemeinde. Hirst weiß das und schätzt sich glücklich: "'Vikings' ist das Größte, was mir in meinem Leben je passiert ist", sagt der überaus höfliche Brite. "Ich liebe es, über die Serie zu reden." Na dann:

STANDARD: Was können Sie über die finalen Folgen verraten?

Hirst: Ich fürchte, nicht sehr viel. Es sind zu viele Spoiler. Ganz offensichtlich war ich mir dessen bewusst, dass es die letzte Staffel werden würde, und ich hatte so viele offene Storylines, die ich am Ende auf eine für mich befriedigende Art zusammenbringen wollte. Das Publikum soll sich nicht betrogen fühlen. Viele Leute diskutieren darüber, wie "Vikings" enden sollte, ich kann nur mit mir diskutieren. Mir ging es darum, diese Handlungsstränge zu verbinden und zu schließen.

STANDARD: So manche tragende Figur hat es trotzdem nicht geschafft. Aber das gehört dazu?

Hirst: Es gab eine Menge davon, und es war sehr schwierig für mich, Charaktere sterben zu lassen, die ich liebe. Mit manchen verbrachte ich Jahre, das war eine Herausforderung. Tatsächlich war deren Tod aber unvermeidlich, und ich musste es tun.

STANDARD: Wie war der Abschied von Cast und Crew?

Hirst: Wir waren wie eine Familie, und ich übertreibe nicht. Wir drehten in Irland, und die Leute waren unglaublich. Es ist die wärmste und innigste Umarmung, die man sich vorstellen kann. All die Jahre, die wir zusammen waren, es gab nichts, was diese Produktionscrew nicht hätte tun wollen oder können. Sie waren einfach zu gut.

STANDARD: Wann haben Sie das Ende der Serie beschlossen?

Hirst: Als ich die Serie pitchte, wusste ich schon, wie sie enden sollte. Ich wusste allerdings nicht, wie lange es dauern würde, bis wir dorthin kämen, aber den Schluss hatte ich immer im Auge.

STANDARD: Inwiefern erschwerte Corona den Dreh? Massenaufnahmen stellt man sich schwierig vor.

Hirst: Ja, es gab Anweisungen und Maßnahmen. Ein Hotel wurde gemietet, alle Schauspieler und ein Großteil der Crew waren darin. Sie wurden täglich zweimal getestet – zweimal! Es fühlte sich an, wie eine Serie im Gefängnis zu drehen. Aber wir haben es geschafft. Insgesamt hatte es auf den Drehplan kaum Auswirkungen, wir verloren lediglich drei Tage.

STANDARD: Produzenten sagen während und nach der Corona-Krise erhöhten Bedarf an eskapistischen Serien voraus. "Vikings" wäre perfekt dafür – vielleicht haben Sie doch zu früh Schluss gemacht?

Hirst: Als Autor muss ich aufrichtig sein gegenüber meiner Geschichte und gegenüber meinem Publikum. Ich nutze keine sozialen Medien und orientiere mich nicht danach. Ich war nie sicher, ob die Serie funktionieren würde, ich liebe das Schreiben, und darum ging es mir. Ich wusste, es würde etwas Großes werden, und jetzt ist es ein gutes Ende.

STANDARD: Fans lieben "Vikings" auch wegen der Gewaltszenen. Was ist so toll an dem Gemetzel?

Hirst: Vikings ist in mancher Hinsicht brutal, aber es war eine brutale Zeit, und Gewaltszenen bei uns passieren nicht wegen der bloßen Gewaltdarstellung, sondern hängen immer mit einer Handlung, mit einer individuellen Erfahrung zusammen. Es gibt Figuren in jedem Kampf, um die man sich sorgt und die bedroht werden.

STANDARD: Kritik gab es immer wieder an der Darstellung der Geschlechterverhältnisse.

Hirst: Ich glaube, das entspricht nicht ganz der Wahrheit. "Vikings" hat eine sehr signifikante weibliche Hauptfigur und starke Frauenfiguren. Innerhalb von drei Staffeln waren wir in der Rollenverteilung von handlungsentscheidenden Figuren bei 50:50. "Vikings" ist eine feministische Serie.

STANDARD: Und wie geht's weiter?

Hirst: Zunächst werde ich ein wenig Ferien machen und ein wenig zurücktreten. Ich arbeite schon jetzt an einem Western fürs Fernsehen. Es ist besser, fürs Fernsehen zu schreiben.

STANDARD: Warum?

Hirst: Weil man die Möglichkeit hat, Charaktere zu entwickeln, ihre Widersprüche. Die meisten guten Schauspieler und viele gute Drehbuchautoren machen inzwischen lieber Serien. Ich persönlich möchte in Zukunft wieder mehr unterschiedliche Dinge machen. (Doris Priesching, 20.12.2020)

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