Foto: Matthias Cremer

Es gibt viel wiedergutzumachen im österreichischen Gesundheitsministerium, seit Beate Hartinger-Klein (FPÖ) Strukturen dort effizient zerstört hat. Nach einem Jahr im Amt und Corona-Dauereinsatz hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober sein neues Team vorgestellt. Eine Schlüsselfigur als Chief Medical Officer (CMO) wird Katharina Reich spielen. Die 1978 in Wien geborene Allgemeinmedizinerin wird die Agenden von gleich zwei derzeit vakanten Sektionen übernehmen: die der ehemaligen Generaldirektion für Öffentliche Gesundheit – einst von Pamela Rendi-Wagner geleitet – und jene der Sektion I für das Gesundheitssystem, die früher Clemens Martin Auer, jetzt Sonderbeauftragter in der Stabstelle Corona, innehatte.

Insider nennen das, was Reich erwartet, eine Mammutaufgabe. Schließlich geht es darum, die stark föderalistisch geprägten Strukturen der Gesundheitsversorgung in den neun Bundesländern so zu vereinen, dass ein Überblick und damit Steuerung und Koordinierung möglich sind. Reich ist aber auch für wichtige Strukturveränderungen im System selbst zuständig und Schnittstelle zum Finanzministerium. "Ich übernehme gerne Verantwortung", sagt sie auf die Frage, warum sie sich das antut, und es klingt aus ihrem Mund frisch und dynamisch. Bisher war ihr das Wohl von Patientinnen ein Anliegen, jetzt sei es eben der "Patient Österreich".

Als unerschrocken, lösungsorientiert und arbeitsam wird sie von Menschen beschrieben, die sie kennen und ihre schnelle Auffassungsgabe schätzen. Hierarchien sind ihr weniger wichtig als gute Ideen.

Ihre Karriere begann Reich nach dem Studium in Wien bei den Barmherzigen Brüdern, wo sie durch Zusatzkompetenzen 2013 eine der jüngsten ärztlichen Direktorinnen Österreichs wurde. 2018 wechselte sie in den Wiener Gesundheitsverbund, wo sie als Vizedirektorin der Klinik Hietzing zuletzt den Corona-Krisenstab leitete.

Als ehemalige Notärztin versteht sie es, Gesamtsituationen einzuschätzen. Patientensicherheit ist ihr ein zentrales Anliegen, Offenheit und Empathie sind ihre emotionale Grundausstattung. Mit diesem Grundverständnis weiß sie, dass die psychische Gesundheit und die Armut der Menschen im kommenden Jahr in den Mittelpunkt rücken werden.

Reich läutet mitten in der Corona-Krise im Gesundheitsministerium auch eine neue Ära ein. Mit viel Praxiswissen soll sie politisch verursachte Wunden schließen und Schwachstellen wiedergutmachen. (Karin Pollack, 19.12.2020)