Prognose für 2021 im Etat-Fragebogen: Elisabeth Totzauer, Channel-Managerin von ORF 1.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER, Illu: Armin Karner

Lisa Totzauer (ORF 1) im Etat-Fragebogen zur Medienprognose 2021

Was erwarten Sie von 2021 für Österreichs Medienbranche? Was sind Ihre Hoffnungen und Wünsche, was Ihre Befürchtungen? derStandard.at/Etat hat Medienmanager*innen, Journalist*innen und Expert*innen aus Österreichs Medien- und Kommunikationsbranche und -wissenschaft mit einem Online-Fragebogen um ihre Beiträge gebeten.

Sie konnten wählen, ob sie namentlich antworten, wenn wir sie zitieren dürfen, oder anonym. Die namentlich beantworteten Fragebögen veröffentlichen wir nun in den nächsten Tagen.

"Volle Konzentration auf das, was wir alle am besten können: österreichische Inhalte"

Hier die Prognosen von Lisa Totzauer, Channel-Managerin von ORF 1:

Was kommt 2021 auf die Medienbranche zu? Bitte verraten Sie uns Ihre Erwartungen zu Entwickungen, Herausforderungen ....

"2021 wird für alle Medien budgetär wie inhaltlich ein entscheidendes Jahr: Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie werden viele Medien erst 2021 richtig spüren, weil wir erst mit den Werbebuchungen im nächsten Jahr die wirtschaftliche Tragweite einordnen werden können.

Außerdem sind wir alle mit dem stark veränderten Nutzungsverhalten unseres Publikums konfrontiert, das sich durch die Krise noch viel schneller Richtung Orts- und Zeitunabhängigkeit entwickelt hat. Der Wunsch nach der permanenten Verfügbarkeit von Inhalten entwickelt sich zu einer Gewohnheit, auf die wir jetzt reagieren müssen. Sich so drastisch verändernde Märkte bieten für alle, die den entsprechenden Innovationswillen haben, auch eine große Chance."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) geschehen? Bitte verraten Sie uns Ihre Hoffnungen (und warum Sie darauf hoffen).

"Volle Konzentration auf das, was wir alle am besten können: Österreich mit österreichischen Inhalten versorgen. Das bedeutet nicht das Versinken in Provinzialität, sondern für Österreich das Tor zur Welt zu sein. Wichtig ist die Abkehr von nationalen Grabenkämpfen. Die Feindbilder Amazon, Facebook und Youtube – die Plattformen – scheinen mir die falschen zu sein. Gemeinsam hochwertige Inhalte für die jeweilige Zielgruppen zu schaffen ist das, was den österreichischen Markt stabilisieren kann. Es bringt nichts, wenn wir uns gegenseitig bekriegen, und es bringt auch nichts, in Konkurrenz mit den 'Großen' zu treten – ihr Geschäft ist ein anderes als unseres."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) nicht passieren? Bitte verraten Sie uns Ihre Befürchtungen (und warum Sie das befürchten).

"Der größte Fehler, den Medien jetzt begehen könnten, ist, nichts aus der Krise zu lernen oder sich gar auf vermeintlichen Lorbeeren auszuruhen. Gerade eine Krise und die Zeit danach bietet die spielentscheidende Chance für eine strategische Neuausrichtung."

Wie werden sich Covid-19, die Pandemie und die Maßnahmen dagegen auf die Medienbranche auswirken – 2021 und, wenn Sie das erwarten, auch in den Jahren danach?

"Covid-19 verändert die Gesellschaft, und mit ihr werden auch wir Medienschaffenden uns verändern müssen. Wir sind nun schneller als erwartet gezwungen, auf die Bedürfnisse der Menschen in ihren unterschiedlichen Lebensrealitäten zu reagieren und noch genauer darauf einzugehen. Gleichzeitig werden wir uns als Dienstleiter unseres Publikums noch stärker auf unsere Inhalte, unser Kerngeschäft und unseren jeweiligen USP fokussieren müssen. Dann kann es gelingen, neue und vielleicht unterwegs verlorene Nutzer und Nutzerinnen an unsere Marken zu binden – nur so ist eine stabile Zukunft möglich."

Medienförderung nach Qualitätskriterien

Weitere Prognosen Totzauers zu unseren Detailfragen im Überblick:

  • Fragen zur Generalswahl 2021, zur künftigen Führung und ihrer Struktur wollte Totzauer im Fragebogen nicht beantworten.
  • Die 2021 zu beantragende GIS-Gebührenerhöhung mit 2022 sollte "maximal eine Inflationsanpassung" sein.
  • Wenn die gesetzlichen Online-Regeln für den ORF gelockert werden, sollte es im Gegenzug eine Novelle der Printförderung geben.
  • Medienförderung "sollte nach Qualitätskriterien erfolgen und an eine Beschäftigtenzahl im journalistischen Bereich geknüpft sein".
  • Wird es Ende 2021 noch alle heutigen, relevanten Medien in Österreich geben? "News" könnte wackeln, fürchtet Totzauer.
  • Kommen 2021 neue Medien in Österreich? "Nicht unbedingt ganz neue. Ich denke, dass die Telkos im digitalen Medienbereich einen Zahn zulegen werden."
  • Wie geht es in Dietrich Mateschitz' Red-Bull-Medienreich weiter? "'Pragmaticus' wird genauso kommen und gehen wie 'Addendum'. Servus wird mit sehr viel Geld versuchen, weitere Sportrechte zu erwerben."
  • Journalistischer Arbeitsmarkt 2021? "Gefühlsmäßig wird sich der Arbeitsmarkt für Journalisten eher verschlechtern, weil die tatsächlichen Auswirkungen der Covid-19-Krise auf die Wirtschaft und damit auf den Werbemarkt erst 2021 sichtbar werden."
  • Angriffe auf Journalisten und Journalistinnen wie in Deutschland? "Das hat aus meiner Sicht einen kausalen Zusammenhang mit den Entwicklungen am Arbeitsmarkt. Soziale Unzufriedenheit, die oftmals als Ungerechtigkeit empfunden wird, kann auch zu einem Glaubwürdigkeitsverlust von Establishment oder 'Eliten' führen. Da Journalisten von manchen Gesellschaftsschichten in diese Schubladen gesteckt werden, kann die Entladung des Zorns auch noch stärker uns Journalisten treffen."

(Harald Fidler, Daniela Yeoh, 26.12.2020)