Im vergangenen Februar, beim Besuch von Außenminister Alexander Schallenberg bei Präsident Hassan Rohani, waren die diplomatischen Kontakte noch intakt.
Foto: APA/AFP/Iranian Presidency

Voriges Wochenende hatte der österreichische Botschafter in Teheran, Stefan Scholz, noch ein Interview mit Außenminister Alexander Schallenberg mit der "Tehran Times" retweetet, in dem dieser die guten Dienste Österreichs bei Gesprächen für eine Wiederbelebung des Atomdeals anbot. Wenige Tage später, am Samstag, liest sich ein Artikel der iranischen Nachrichtenagentur "Mehr News" eher wie eine Empfehlung für den Botschafter, sich außer Landes in Sicherheit zu bringen.

Darin wird hinterfragt, wozu denn Botschafter Scholz gar so bemüht sei, "wirtschaftliche Informationen aus verschiedenen Provinzen zu sammeln", und das während einer Covid-19-Pandemie. Westliche Geheimdienste seien ja sehr bemüht, Sanktionsfolgen und Sanktionsumgehungsmöglichkeiten im Iran auszuspionieren, heißt es sinngemäß im Artikel: "Es sieht so aus, als sollten die ungewöhnlichen Reisen des österreichischen Botschafters durch die zuständigen Behörden untersucht werden", so der Autor.

Die unterschwellige Drohung – die sich eine iranische Nachrichtenagentur nicht allein einfallen lässt – und damit die Krise zwischen Wien und Teheran scheint aus dem Nichts zu kommen: Im österreichischen diplomatischen PR-Magazin "Society" erschien vor kurzem ein Interview mit dem neuen iranischen Botschafter in Wien, Abbas Bagherpour, in dem die österreichisch-iranischen Beziehungen als außerordentlich gut beschrieben wurden. Dass zwei Österreicher, Massud Mossaheb und Kamram Ghaderi, wegen Spionage in Haft in Teheran sind, schien dem keinen Abbruch zu tun.

Iranischer Diplomat vor belgischem Gericht

Die jetzige Trübung dürfte aus unterschiedlichen Richtungen kommen. Einen Hinweis gibt der letzte Satz des Artikels von "Mehr News": "Es sei daran erinnert, dass vor zwei Jahren, genau vor dem Besuch des iranischen Präsidenten in Österreich, die deutsche Regierung einen Diplomaten, der an der iranischen Botschaft in Wien tätig war, unter dem Vorwurf verhaften ließ, er hätte einen terroristischen Akt geplant – und dass die österreichische Regierung nichts unternommen hat, ihn aufgrund seiner diplomatischen Immunität freizubekommen." Da der Mann – wie "Mehr News" richtig schreibt – jedoch in Österreich akkreditiert und in Deutschland verhaftet wurde, hatte er dort auch keine diplomatische Immunität.

Es handelt sich dabei um Assadollah Assadi, zuvor dritter iranischen Botschaftsrat an Teherans Botschaft in Wien: Gegen ihn und drei weitere Iraner findet zurzeit in Belgien ein Prozess statt, von wo aus sie drei einen Anschlag gegen den oppositionellen Iranischen Nationalen Widerstandsrat in Frankreich geplant haben sollen. Assadi soll die Bombe übergeben haben.

Offenbar hat der Iran zuletzt versucht, Assadi gegen den zum Tode verurteilten schwedischen Doppelstaatsbürger Ahmadreza Djalali auszutauschen. Djalalis bereits angekündigte Hinrichtung wurde verschoben, dafür wurde vor einer Woche Ruhollah Zam, der in Frankreich politisches Asyl hatte, aber von dort weggelockt und verschleppt wurde, exekutiert.

Empörung über Hinrichtung

Die Hinrichtung Zams hat eine Krise zwischen der EU und Teheran ausgelöst: Ein iranisch-europäisches Businessforum, das zu Wochenbeginn hätte stattfinden sollen, wurde abgesagt. Auch Österreichs Botschafter Stefan Scholz hätte dabei eine Rolle gespielt: Gemeinsam mit seinen Kollegen aus Frankreich, Deutschland und Italien hätte er ein prominentes Wirtschaftspanel bestritten.

Sinn und Zweck der Konferenz war unter anderem, die Umsetzung des – immer irrelevanter werdenden – Atomdeals zwischen Teheran und der internationalen Gemeinschaft wieder zu beleben. Die EU hält weiter an dem Atomdeal fest, aus dem die USA unter Donald Trump 2018 ausgestiegen sind.

Frankreich und Deutschland hatten die Hinrichtung Zams am Wochenende so scharf kritisiert, dass ihre Botschafter ins Außenministerium in Teheran zitiert wurden. In Wien fiel die Verurteilung etwas allgemeiner aus. Zur jetzigen Situation erklärt das Außenministerium in Wien dem STANDARD: "Wir beobachten die steigenden Spannungen in der Region mit Sorge, es ist daher wichtig, weiter den Dialog mit dem Iran zu suchen, um zusätzliche Eskalationen zu vermeiden. Die Aktivitäten der österreichischen Botschaft im Iran entsprechen diesem konstruktiven Zugang. Gerade weil in Wien das JCPOA (Atomdeal, Anm.) verhandelt und geschlossen wurde, kommt Österreich eine besondere Rolle zu." (Gudrun Harrer, 20.12.2020)