Die heimischen Bühnen, so auch das Burgtheater, bleiben bis nach Mitte Jänner zu.

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Gerade noch waren die Jänner-Spielpläne der Theater wegen vieler aus dem Herbst dorthin verschobener Premieren gut gefüllt – jetzt wird vielfach wieder nichts aus den Terminen. Der am Freitagabend von der Bundesregierung verkündete dritte Lockdown zwingt die heimischen Kulturinstitutionen noch einmal zum Warten.

Konkret wird wegen der Corona-Lage die Wiedereröffnung der Theater, Musiktheater, Kabaretts, Konzerthäuser und Kinos vom 7. auf den 18. Jänner verschoben. Die derzeit geöffneten Museen, Galerien und Bibliotheken müssen ab 26. Dezember erneut schließen. Aber auch die zaghafte Öffnung birgt Hürden: Negative Corona-Tests werden die Voraussetzung sein, um als Publikum am Wiederaufsperren teilhaben zu können. Wie lange diese Tests zurückliegen dürfen, ist indes unklar. Aus dem Kulturministerium hieß es am Sonntag zum STANDARD, Details seien noch festzulegen. Ausarbeiten müsse die Verordnung das Gesundheitsministerium. Man geht von zwei bis drei Tagen aus, wie von Bundeskanzler Kurz (ÖVP) zuletzt angekündigt.

Ein "Anfang", eine "Perspektive"

Klar ist hingegen, dass die Besucherobergrenzen nach dem 18. Jänner streng sein werden: Nur die Hälfte der Sitzplätze darf besetzt werden, indoor sind zudem höchstens 500 Besucher erlaubt (outdoor maximal 750). Um die zwischen 20 und sechs Uhr geltenden Ausgangsbeschränkungen nicht zu verletzten, müssen die Termine zudem vor- und nachmittags stattfinden. "Das Ganze gilt vorläufig einmal bis Ende Jänner. Dann muss man die Lage neu bewerten", so Kulturminister Werner Kogler (Grüne). Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer sprach von einem "Anfang", vor allem sei es "die vielfach von der Kulturbranche zu Recht eingeforderte Perspektive". In der Branche nimmt man die Neuheit jedoch mit gemischten Gefühlen auf.

In einer Krisensitzung am Samstag haben die Direktoren der Bundestheater – Staatsoper, Burgtheater und Volksoper, für die die Obergrenze von 500 Besuchern mitunter nur eine Belegung von nicht einmal einem Drittel zulässt – beschlossen, nach dem Lockdown einen auf Freitage und Wochenenden beschränkten Spielbetrieb zu organisieren. Adaptierte Spielpläne würden ehestmöglich verkündet, teilte Bundestheater-Holding-Geschäftsführer Christian Kircher mit.

Erleichtert, aber mit offenen Fragen

Eine gewisse Erleichterung herrscht zumindest an der Wiener Volksoper: Direktor Robert Meyer freut sich, "dem Publikum gleich drei Premieren zeigen zu können: Suppés Der Teufel auf Erden, Disneys Dschungelbuch und die Ballettpremiere Ein Deutsches Requiem". Über die Umsetzung und Beginn des Vorverkaufs würde demnächst informiert.

Zur Umsetzung gehört auch die Frage, wie mit dem Freitesten umzugehen sei. Hierzu verlangt der Intendant des Theaters an der Wien, Roland Geyer, von der Politik "eine Spezifizierung". Sollte der Massentest vom 16. und 17. 1. eine Woche gültig sein, sehe er "kaum Probleme, beim Theaterzutritt neben der personifizierten Sitzplatzkarte auch die verpflichtend vorzuweisende Testbescheinigung zu prüfen". Dies käme der Premiere von Thais (Regie: Peter Konwitschny) zugute. Da ihre Spielzeit unter zwei Stunden liege, "wäre eine Aufführung am frühen Abend sogar unter der Woche möglich – unter Beachtung der nächtlichen Ausgangsbeschränkung", so Geyer.

"Zumutung" bis "grotesk"

Enttäuscht zeigt sich hingegen Konzerthaus-Chef Matthias Naske: "Die Regelungen sind eine Zumutung für den Kulturbereich. Mit der Veröffentlichung von im Detail nicht gefassten Parametern – sollen etwa Kulturbetriebe die Gültigkeit von Tests prüfen? – wird der Komplexität der Spielbetriebe nicht Rechnung getragen. In Barcelona beispielsweise gilt für Personen, die eine Eintrittskarte für ein Konzert oder eine Oper an dem jeweiligen Abend haben, eine spätere Ausgangssperre ab 23 Uhr. Das sind Regelungen, die mit Bedacht in einem Land mit so starker und lebendiger kultureller Szene wie Österreich zu erwarten sind." Die jüngsten Regelungen würden "eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Grunde nur den hochsubventionierten Kulturbetrieben" ermöglichen. All die Betriebe, "die ohne diese substanzielle Absicherung durch öffentliche Mittel, vom Publikum getragen werden, werden sich sehr schwer mit den neuen Hürden tun", so Naske. "Erneut fehlen klare zeitliche Beschränkungen und Perspektiven. Die so dringend benötigte Planungssicherheit ist erneut überhaupt nicht gegeben."

Harald Posch, Leiter des Wiener Theaters Werk X, findet gegenüber dem STANDARD den Umstand, aufsperren zu dürfen, das aber nicht zu den Kernnutzungszeiten eines Theaters, "ein bisschen grotesk". Er hofft, dass die Öffnung auf Sparflamme keine negativen Rückwirkungen auf Ausfallsförderungen für freie Schauspieler und Bühnenbildner zur Folge hat – die ja dann rein rechtlich wieder arbeiten könnten. Einen Spielplan zu erstellen wird seiner Einschätzung nach für Mittelbühnen ohne festes Ensembles jedenfalls zur Herausforderung, könnten sie doch nicht über die Leute verfügen. Zwar hätte er eine bis zur Generalprobe fertige Produktion in petto, die Ende Jänner starten könnte. Aber ob es unter den Bedingungen überhaupt wirtschaftlich und künstlerisch Sinn mache, vor Februar aufzusperren, weiß Posch noch nicht.

Ratlosigkeit und Regeln

Teils ratlos ist auch Michael Stejskal, Chef des Filmverleihs Filmladen und Leiter des Wiener Votivkinos. Vom Verleiherstandpunkt aus sei eine Öffnung unter den nun verkündeten Bedingungen "keine Option, weil man so keinen Film rentabel starten kann". Aus Kinobetreibersicht sei sie jedoch eine Option, um den Menschen "die Kinoerfahrung" zu ermöglichen. Am Sonntag seien Nachmittags- und Vorabendtermine zudem recht gut besucht. Da ein Kino mit dem Moment, in dem das Betretungsverbot falle, ohnehin die Ausfallsentschädigung verliere, sei es zudem "völlig egal, ob du spielst oder nicht". Der Fixkostenzuschuss, der dann zum Tragen komme, umfasse nämlich auch Personalkosten, die nicht durch Kurzarbeit abgedeckt, aber für die Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig seien. Sein Kollege Norman Shetler von Gartenbau- und Stadtkino will sich nach den Erfahrungen der vergangenen Monate, dass sich alles doch wieder ändere, noch nicht allzu sehr mit den neuen Regelungen beschäftigen.

Für die Museen bedauert Bettina Leidl, Leiterin des Kunsthaus Wien und Präsidentin des ICOM Österreich, deren neuerliche Schließung. Doch müssten "die Museen als öffentliche Orte ihren Betrag leisten". Sie verweist auch auf die Online-Programme der Museen. (Dominik Kamalzadeh, Ljubiša Tošić, Michael Wurmitzer, 20.12.2020)