Neu auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes: das Couscous.

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Essen kann sehr politisch sein: Nicht nur über Grenzen und Namen, auch über Speisen – wem sie wirklich "gehören" – können Staaten und ihre Bewohner heftig streiten. Humus- und Falafel-Kriege sind nicht einmal durch Friedensverträge beizulegen. Umso besser ist die Nachricht, die aus Nordafrika kommt: Vier Staaten, die sich, euphemistisch gesagt, nicht immer grün sind, haben es gemeinsam geschafft, dass "ihr" Nationalgericht in die Unesco-Liste des immateriellen Weltkulturerbes der Menschheit aufgenommen wird.

Es handelt sich um das Couscous, und zwar laut Unesco nicht nur um das Produkt, sondern auch um das Wissen, die Erfahrung und die Methoden, die mit der Herstellung und dem Konsum von Couscous verbunden sind. Algerien, Mauretanien, Marokko und Tunesien bewarben sich gemeinsam. Vor allem der Konflikt zwischen Algerien und Marokko um die Zugehörigkeit der Westsahara treibt seit langem einen Keil zwischen diese Staatengruppe.

Berberischer Ursprung

Aber eben bei weitem nicht so lange, wie es Couscous gibt. Das Gericht, das meist aus gedämpftem Hartweizengrieß, in anderen Traditionen auch aus Gerste oder Hirse zubereitet wird, ist wahrscheinlich berberischen Ursprungs. In Gräbern aus der Zeit des Berberkönigs Massinissa wurden entsprechende Hinweise gefunden. Sein numidisches Reich umfasste Teile des heutigen Algerien und Tunesien, und der König, geboren 238 v. Chr., soll 90 Jahre alt geworden sein: Wenn das keine Empfehlung für Couscous ist?

So viele Varianten es auch gibt (mit Fleisch, Fisch, Gemüse, scharf, mild, sogar süß) – die vier Staaten brachten Couscous doch als Symbol der nordafrikanischen Einheit auf die Liste. Die Frage, ob es ein "Original" gebe, wurde nicht gestellt, sondern es wurde geurteilt, dass das richtige Couscous wohl immer das von der eigenen Mutter zubereitete sei. Das Gericht begleitet die Menschen von der Wiege bis zur Bahre, ohne Couscous kein soziales Leben.

Die neue Kulturerbe-Liste der Unesco ist lang und spannend: Man kann jedoch ganz sicher sein, dass sich Generaldirektorin Audrey Azoulay persönlich ganz besonders über die Aufnahme des Couscous freute. Die französische Exkulturministerin ist die Tochter André Azoulays, des einflussreichen Beraters des marokkanischen Königs Mohammed VI. und seines Vaters Hassan II. Azoulays Selbstbezeichnung ist "arabischer Marokkaner jüdischen Glaubens". Und wie er vereint auch das Couscous mehr als eine Identität in sich. (Gudrun Harrer, 21.12.2020)