Risiken für das Weltklima, etwa durch das Abbrennen des Regenwalds in Brasilien, werden für Unternehmen und Banken immer relevanter.

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Seit einiger Zeit ist es Unternehmen und Finanzinstituten bewusst, dass sie sich verstärkt mit klimabezogenen Risiken beschäftigen müssen. Ein vor kurzem geführtes Gerichtsverfahren in Australien, in dem ein kleiner Investor einen großen Pensionsfonds zwang, Klimarisiken offenzulegen und anzuerkennen, zeigt auf, wie aktuell diese Frage geworden ist.

Gegenstand des Verfahrens McVeigh v. Retail Employees Superannuation Trust war die Behauptung des 25-jährigen Klägers, dass es die Treuhänder des Pensionsfonds versäumt hätten, Klimarisiken offenzulegen und angemessene Sorgfaltspflichten einzuhalten. Dies habe ihn daran gehindert, eine informierte Entscheidung über das Management und die finanzielle Situation des Fonds zu treffen.

Weltweit zum ersten Mal wurde geprüft, ob die Fondsmanager zur Berücksichtigung des Klimarisikos verpflichtet sind. Obwohl es schlussendlich zu einem Vergleich kam, geben die Bedingungen der Einigung wichtige Anhaltspunkte zum Umgang mit Klimarisiken.

Ein grüner Vergleich

In einer anlässlich des Vergleichs veröffentlichten Erklärung bestätigte der Fonds, dass der Klimawandel ein materielles, direktes und aktuell finanzielles Risiko für ihn darstellt. Die Anlagemanager werden nun aktiv Schritte unternehmen, um finanzielle Klimarisiken zu prüfen und zu kontrollieren, und die internen Richtlinien des Fonds werden entsprechend angepasst.

Der Pensionsfonds bekannte sich auch dazu, bis 2050 das Ziel von Netto-Null-Emissionen zu erreichen und seine klimabezogenen Fortschritte in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Taskforce on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) zur Offenlegung klimabedingter Risiken zu messen und darüber zu berichten. Weiters sagte der Fonds zu, alle mit dem Klimawandel zusammenhängenden Aktionärsbeschlüsse der Unternehmen in seinem Portfolio zu prüfen. Er werde sich mit ihnen sowie Branchenverbänden in Verbindung zu setzen, um Geschäftspläne zu fördern, die effektiv die Klimaziele des Pariser Klimaabkommens unterstützen.

Der australische Fall ist ein Beispiel für den globalen Trend, die Verbindung zwischen potenziellen Klimaschäden und Unternehmen über Gerichtsverfahren zu prüfen. Klimabezogene Risiken werden aber auch außergerichtlich geltend gemacht. In den Niederlanden gab es etwa ein Verfahren vor dem zuständigen OECD-Kontaktpunkt gegen eine Bank, weil diese nicht die indirekten Treibhausgas-Emissionen offenlegte, die durch ihre Finanzierungen von Unternehmen und Projekten weltweit entstehen.

Mehr Transparenz

Auch Gesetzgeber nehmen den Trend zum Klimaschutz verstärkt auf, z. B. durch die Vorschreibung von Transparenzpflichten. Vor kurzem kündigte Großbritannien als erstes Land weltweit an, die obligatorische Offenlegung klimabezogener Finanzrisiken für eine Vielzahl von Finanzunternehmen und Großunternehmen in allen Sektoren entsprechend den Empfehlungen der TCFD bis 2025 (in vielen Fällen schon bis 2022) vorzuschreiben. Die Verwendung des TCFD-Rahmens bedeutet, dass Investoren, Kreditgeber und Versicherer marktübergreifende Vergleiche anstellen können.

Auch in der EU geht der Trend in eine ähnliche Richtung. Gerade hat sich die EU darauf geeinigt, ihre emittierten Treibhausgase bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren. Dazu werden verschiedenste Initiativen gesetzt. Die EU überarbeitet derzeit ihre Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung. Die in Österreich durch das Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz 2017 umgesetzte EU-Richtlinie verpflichtet große Unternehmen, in ihre Jahresberichte auch nicht-finanzielle Informationen wie Umwelt-, Sozial- oder Menschenrechtsstandards aufzunehmen. Die Richtlinie wird von freiwilligen Leitlinien zur klimabezogenen Berichterstattung begleitet, die die Empfehlungen der TCFD aufnehmen.

Die EU-Kommission will Anfang 2021 einen überarbeiteten Vorschlag vorlegen, der einen bisher fehlenden einheitlichen EU-weiten Berichtstandard schaffen soll. Zudem soll die Richtlinie auf mehr Unternehmen anwendbar sein. Die drei wichtigsten europäischen Finanzaufsichtsbehörden haben letzte Woche in einem gemeinsamen Schreiben gleich zur Schaffung einheitlicher globaler BerichtsStandards für Nachhaltigkeitsinformationen aufgerufen. Weiters wird in der EU an einem Richtlinienvorschlag gearbeitet, der Unternehmen aller Sektoren Sorgfaltspflichten für Klima- und Umweltrisiken – neben Menschenrechtsverstößen – in der Lieferkette auferlegen will.

Ambitionierter EU-Plan

Eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Begegnung mit Klimarisiken im Finanzsektor spielt auch der ambitionierte EU-Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzwesen. Durch die Offenlegungsverordnung, die ab 10. 3. 2021 gelten wird, werden Transparenzanforderungen über den Umgang mit Klimarisiken und die Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen durch Finanzmarkteilnehmer und Finanzberater gegenüber Endabnehmern festgelegt. Mit der EU-Taxonomie-Verordnung wird die weltweit erste "grüne Liste" geschaffen, ein Klassifizierungssystem, die es Investoren erleichtern soll, ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten zu erkennen.

Angesichts der zunehmenden Geltendmachung von Klimarisiken in gerichtlichen Verfahren sowie deren fortschreitende Regulierung ist es für Finanzinstitute und Unternehmen aller Sektoren wichtig, entsprechende Prozesse und Systeme für das Management von Klimarisiken und deren Offenlegung einzurichten. Bereits jetzt setzen Großbanken umfassende Carbon-Rating-Systeme um. Die Erwartungshaltung von Investoren, Regierungen und der Öffentlichkeit gegenüber einem effektiven Klima-Risikomanagement ist jedenfalls sehr groß. (Friedrich Jergitsch, Iris Hammerschmid, 21.12.2020)