Die Impfbereitschaft in Österreich muss gesteigert werden.

Knapp vor dem erwarteten EU-weiten Corona-Impfstart ist die Situation paradox. Die Impfbereitschaft schwächelt wie noch nie seit Ausbruch der tiefgreifenden Virus-Gesundheitskrise. In Österreich ist sich nur mehr ein Fünftel der Bevölkerung sicher, sich dem Piks aussetzen zu wollen. Gleichzeitig werden, etwa in Deutschland, Ängste laut, es könnten zu wenig Vakzine zur Verfügung stehen. Neidvolle Kommentare zu den bereits laufenden Immunisierungen in England und den USA stehen aufgeregten Diskussionen über mögliche Nebenwirkungen gegenüber. Die Gesellschaft ist in der Corona-Impffrage so uneins wie selten zuvor.

Das hat nur zu einem Teil mit dem Wirken extremer Impfgegner zu tun, die naturgemäß darauf warten, Widersprüche in der Argumentation der Fürsprecher aufzugreifen und gegen den Plan, so viele Menschen wie möglich zu immunisieren, einzusetzen. Viel wichtiger, um zu verstehen, warum es diese tiefen Widersprüche gibt, ist die Situation an sich. In Staaten wie Österreich ist es nicht gelungen, das Virus mit vorsorglichen rigiden Kontrollen in Schach zu halten. Bei Licht und mit Vernunft betrachtet gibt es daher keinen anderen Ausweg aus der Lockdown-Agonie aufgrund des wiederholten Auf- und Zusperrens als die großflächige Impfung.

Historischer Moment

Das ist einerseits ein großes Risiko, man setzt sozusagen alles auf ein einziges Pferd. Stürzt es oder weigert es sich, ist alles verspielt. Es ist aber auch ein historischer Moment. Nie zuvor in der Menschheitsgeschichte ist es gelungen, eine Pandemie des aktuelles Ausmaßes durch einen direkten Angriff auf den Erreger zu verkürzen oder gar zu beenden. Alles, was es bisher gab – und wovon auch wir inzwischen gründlich gekostet haben –, ist die mittelalterliche Methode der Quarantäne und des Sich-Versteckens. Insofern ist die in Rekordzeit und mithilfe neuer Technologien entwickelte Corona-Impfung auch für die Zukunft eine riesige Chance.

Auf österreichische Verhältnisse übertragen heißt das, dass dem Herunterreden der Corona-Impfung dringend etwas entgegengehalten werden muss. Der Ausnahmezustand währt nun bald ein Jahr, nach einer Reihe von Regierungspannen ist das Vertrauen in offizielle Ansagen geschrumpft. Um die Chance, die Bedrohung durch das Virus loszuwerden, nicht zu verspielen, muss um die Impfbereitschaft in der Bevölkerung gerungen werden. Mit Argumenten, nicht mit Angstmache. (Irene Brickner, 20.12.2020)