Geht hart mit Amazon ins Gericht: Alexandria Ocasio-Cortez, demokratische Kongressabgeordnete aus New Yorks 14. Wahlbezirk.

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In Deutschland schwelt seit Jahren ein Konflikt zwischen der Gewerkschaft und Amazon rund um die vertragliche Einstufung und die Arbeitsbedingungen von Mitarbeitern in Verteilzentren. Auch heuer kam und kommt es wieder zu Streiks über die Wintersaison.

Aber auch in den USA steht der Konzern von Jeff Bezos, seines Zeichens die reichste Person der Welt, immer wieder in der Kritik. Zuletzt richtete die im November wiedergewählte, demokratische Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez scharfe Worte in Richtung des Unternehmens. Die Arbeitsplätze bei Amazon seien "Betrug" ("scam").

Tausende benötigen Beihilfe

Grund für ihre Aussage ist ein Bericht des Finanzportals Bloomberg. Dieses berichtet, dass zahlreiche Amazon-Mitarbeiter Probleme damit hätten, ihre grundlegenden Lebenskosten finanziell zu stemmen. Landesweit seien laut Daten des US Government Accountability Office mehr als 4.000 Angestellte auf Essensmarken (staatliche Beihilfe zum Kauf von Nahrungsmitteln) angewiesen. Lediglich bei McDonald's und der Supermarktkette Walmart seien es noch mehr.

Amazon hat seit Beginn der Coronavirus-Pandemie massiv neues Personal rekrutiert, da Ausgangsbeschränkungen und Social-Distancing-Empfehlungen zu einem Boom beim Onlineshopping geführt haben. Hinzu kommt auch die saisonal stark ansteigende Nachfrage rund um Weihnachten.

Durchschnittslohn der Branche sinkt

Obwohl der Konzern einen Mindestlohn von 15 Dollar pro Stunde und Gesundheitsversicherung verspricht, drücke er letztlich die Löhne in der Branche, heißt es weiter im Text. Was einst ein Berufsfeld mit realistischen Karriereaussichten und Mittelklasseeinkommen war, sei nun ein Einsteigerjob mit Gehältern, die nicht weit über jenen von Fastfood-Restaurants lägen. In 68 US-Bezirken (Counties), in denen Amazon zumindest ein größeres Versandzentrum eröffnet hat, sei der Durchschnittslohn in der Branche um sechs Prozent gesunken.

In manchen Gegenden, in denen der Lohn bis dahin bereits sehr niedrig war, sei dieser zwar angestiegen. Dort, wo Logistikmitarbeiter aber besser verdienten, sank er hingegen. Als Beispiel wird etwa der Bundesstaat New Jersey angeführt. Sechs Jahre bevor Amazon dort einen großen Logistikstandort eröffnete, lag der durchschnittliche Stundenlohn bei 24 Dollar. Mit vergangenem Jahr ist er auf 17,50 Dollar gefallen.

Ocasio-Cortez fordert Investitionen in Kleinunternehmen

"Ein Job, bei dem du obdachlos und auf Essensmarken angewiesen bist, ist kein Job, sondern Betrug", so das Statement von Ocasio-Cortez auf Twitter. Sie fordert stattdessen mehr Förderungen und Anreize für Kleinunternehmen.

In der Vergangenheit kritisierte sie Amazon auch schon für sein Steuergebaren. 2019 erwirtschaftete der E-Commerce-Gigant in den USA einen Gewinn von elf Milliarden Dollar, zahlte aber keinerlei Einkommenssteuer. Eine Gruppe von Senatoren warf Amazon außerdem vor, die Sicherheit seiner Mitarbeiter hinsichtlich der Pandemie zugunsten seiner Einnahmen zu vernachlässigen.

Amazon empört über Bloomberg-Artikel

Wenig überraschend sieht Amazon die Dinge anders und übt seinerseits heftige Kritik am Text von Bloomberg. Ihre "Schlussfolgerungen sind falsch. Sie ignorieren über 50 Jahre wirtschaftlichen Denkens und das Gesetz von Angebot und Nachfrage." Mehr Leute einzustellen und weniger zu bezahlen würde einfach "nicht funktionieren".

Zudem verweist man darauf, dass viele Mitarbeiter aus dem Einzelhandel kämen und bei Amazon Vollzeitstellen mit besserer Bezahlung und Zusatzleistungen statt Teilzeitjobs bekämen. Zudem sei man "überrascht, im Fokus einer solchen Geschichte" zu stehen, wenn viele große Unternehmen, darunter auch prominente Einzelhändler, bis dato noch nicht einmal einen Mindestlohn von 15 Dollar pro Stunde anböten. (gpi, 21.12.2020)