Nach tagelangem Druck der Opposition sind die Regierungsfraktionen zu Jahresende bereit, das ihnen zustehende Gehaltsplus für Spitzenpolitiker auszusetzen.

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Wien – Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Montag im Nationalrat angesichts der ersten Impfstoffzulassung in der EU gegen das Coronavirus von dem "Anfang vom Sieg über die Pandemie" gesprochen. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl hatte zuvor erneut schwere Vorwürfe gegen die Regierung erhoben.

Dass er Ängste schüre, wies der Bundeskanzler zurück. Wenn die FPÖ gegen Einschränkungen, gegen Testungen und auch gegen Impfungen sei, was sei dann das Konzept, fragte Kurz: "Corona für immer, bis es sich dreifach durch die Bevölkerung durchgefressen hat?" Der Umgang mit der Pandemie sei von medizinischer, wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Expertise geprägt, nicht von einem Menschenbild, beantwortete er die Dringliche Anfrage der FPÖ.

Kickl hatte zuvor erneut davon gesprochen, dass die Regierung "Hausarrest" für weite Teile der Bevölkerung plane. Kurz sei der Strippenzieher der Aktivitäten der Regierung: "Sie sind also der Master of Desaster." Unwahrheiten pflasterten seinen Weg durch die Krise, Kinder würden traumatisiert, es stünden Zwangsmaßnahmen bevor, "Testapartheid" sei geplant. Die Antwort darauf sei "Kurz muss weg", so Kickl, der erneut die Einbringung eines Misstrauensantrags gegen die gesamte Bundesregierung ankündigte.

Kritik auch von Neos und SPÖ

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sah ein laufendes Gratis-Test-Angebot als wichtigen Schritt, um wieder zu einer effektiven Kontaktverfolgung zurückkehren zu können. Davor brauche es aber den dritten Lockdown, um die Zahlen weit nach unten zu bringen : "Das hat noch immer funktioniert." Leicht werde es trotzdem nicht. Wie oft seien die letzten Meter die Härtesten. Zwischenrufe kamen bei den Reden lauthals vor allem von den Plätzen der Freiheitlichen. Koglers Replik: Wenn die FPÖ-Abgeordneten schon keine Masken anlegten, sollten sie wenigstens nicht am lautesten schreien.

Weniger scharf als Kickl, aber durchaus kritisch äußerte sich am Rednerpult SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher, wiewohl die Regierungsspitze davor gerade die SPÖ-Spitze für ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit in Sachen Corona gewürdigt hatte. Er findet nämlich ganz im Gegenteil, dass die Koalition über die Opposition "drübergefahren" sei. Kucher meint, dass es der Regierung immer nur um Selbstlob und Inszenierung gegangen sei, doch: "Niemand hat etwas davon, wenn man G'schichtel druckt."

Auch Neos-Vize Nikolaus Scherak hatte einiges an der "Inszenierung" der Regierung auszusetzen und erinnerte lieber an aufgehobene Verordnungen der Koalition, die die Freiheitsrechte mit Füßen trete. Dafür habe sie noch immer keine Teststrategie, die sich auf zentrale Bereiche fokussiere. Die Infektionszahlen sind für Scherak zwar immer noch zu hoch, aber sie rechtfertigten keinen Lockdown, findet der Neos-Vize. Immerhin sicherte Scherak der Koalition seine Unterstützung bei der Werbung für die anstehenden Impfungen zu.

"Trägerrakete"

Im Rahmen des Plenartags eingebracht wurde ein Antrag, der die Basis für das "Freitesten" bilden soll. Die Regierung plant ja, dass man sich künftig vor Aktivitäten wie Restaurant- und Handelsbesuchen oder der Teilnahme an Veranstaltungen auf das Coronavirus testen lassen muss. Dieser Wunsch soll gesetzlich abgesichert werden. Die genauen Inhalte bleiben aber vorerst unklar, denn der heute eingebrachte Antrag ist nur eine sogenannte "Trägerrakete", enthält also die entscheidenden Gesetzespassagen noch nicht. Dies wird vermutlich Anfang Jänner nachgeholt.

Die "Trägerrakete" ist nötig, damit der parlamentarische Prozess rasch durchgezogen werden kann. Mittels eines Abänderungsantrags werden dann wohl Anfang Jänner im Gesundheitsausschuss die konkreten Inhalte beigefügt. Wann die entsprechenden Gremien tagen sollen bzw. der Beschluss im Nationalrat erfolgt, ist noch offen. ÖVP-Klubchef August Wöginger meinte im APA-Gespräch, man werde hier auf die anderen Fraktionen zugehen, um eine gemeinsame Lösung zu finden.

Das wird nicht nur bezüglich des Termins nötig sein. Denn wenn die Koalition die Regel wie geplant schon ab 18. Jänner einführen will, braucht sie die Zustimmung einer anderen Partei, da ansonsten eine mehrwöchige Blockade durch den Bundesrat droht. Bisher war jedoch keine der Oppositionsfraktionen von den Vorschlägen der Regierung überzeugt.

Spitzenpolitiker sollen auf Gehaltsplus verzichten

Zudem soll der Nationalrat Spitzenpolitikern die eigentlich fällige Gehaltserhöhung von 1,5 Prozent verwehren. Der Sozialausschuss hat einen entsprechenden Antrag der Koalition, unterstützt von den Neos, am Montagvormittag angenommen, teilte ÖVP-Klubchef August Wöginger mit. Demnach wird das Plus bis auf Ebene der Volksanwälte ausgesetzt. Nicht betroffen sind Landespolitiker.

Um die Erhöhung fallen Bundespräsident, Bundeskanzler und der Rest der Regierung, die Nationalratspräsidenten, die Volksanwälte und die Klubobleute im Nationalrat um. Eine Zweidrittelmehrheit und damit Unterstützung durch die Opposition ist nicht notwendig.

Die SPÖ hat einen eigenen Antrag eingebracht, der vorsieht, dass Politikergehälter ab dem Bundesrat nicht erhöht werden sollen. Auch die Freiheitlichen wollen die Grenze, bis zu der es kein Plus gibt, niedriger ansetzen. Ob sie im Plenum anders als im Ausschuss zustimmen, ist noch offen.

Sonderpensionen

Ein zweites Mal beschlossen wird die eingeschränkte Aufstockung hoher Sonderpensionen. Konkret sollen die Luxus- oder Zusatzrenten aus dem (halb-)staatlichen Bereich, die dem Sonderpensionenbegrenzungsgesetz unterliegen und über 2.333 Euro liegen, kommendes Jahr mit maximal 35 Euro angehoben werden. Beim ersten Mal war die Vorlage einstimmig angenommen worden, wegen eines Formalfehlers muss der Beschluss nun aber wiederholt werden, was der eigentliche Anlass für die Sondersitzung war. Bei dieser wurden auch einige Gesetzesanträge eingebracht, unter anderem jener der Koalition, mit dem die Teilnahme an Veranstaltungen oder der Besuch in Restaurants an einen Corona-Test gebunden werden soll. (APA, red, 21.12.2020)