Der amtierende liberale Finanzminister Florin Cîțu soll neuer Regierungschef werden.

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Rumänien hat eine neue bürgerliche Regierungskoalition: Die bisher regierenden Liberalen (PNL), das junge öko-liberale Reformbündnis USR-PLUS und der Ungarnverband (UDMR) wollen nach zweiwöchigen, teils angespannten Verhandlungen ihren Koalitionsvertrag am Montagabend formell besiegeln. Am Mittag trat die aus der Parlamentswahl vom 6. Dezember hervorgegangene Legislative zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen.

Finanzexperte soll neuer Regierungschef werden

Neuer Regierungschef soll nach dem Willen der drei Koalitionspartner der amtierende liberale Finanzminister Florin Cîțu, einer der angesehensten Finanzexperten des Landes, werden. Dass er den Regierungsauftrag erhält, gilt nicht zuletzt wegen Staatschef Klaus Iohannis als sicher: Dieser hatte schon vor Tagen klargestellt, dass er ihn beauftragen wolle, sollten sich die Verhandlungsseiten auf die Personalie einigen.

Der 48-jährige Cîțu wird einem Kabinett mit zwei Vizepremierministern (USR-Chef Dan Barna und UDMR-Chef Kelemen Hunor) und 18 Ministern vorstehen. Laut Entwurf des Koalitionsvertrags entfallen auf die Liberalen – sie kamen auf 25 Prozent der Stimmen – neun Ministerien (Äußeres, Inneres, Verteidigung, Finanzen, Bildung, Energie, Landwirtschaft, Arbeit und Kultur), auf das Reformbündnis USR-PLUS (15 Prozent) sechs Ressorts (Justiz, EU-Mittel, Gesundheit, Verkehr, Forschung, Wirtschaft) und auf den Ungarnverband (sechs Prozent der abgegebenen Stimmen) drei Ministerien (Entwicklung, Umwelt, Jugend).

Auch Liberalen-Chef und Ex-Premierminister Ludovic Orban konnte sich nach zähen Verhandlungen das dritte Amt im Staat sichern. Er wird Präsident der Abgeordnetenkammer, während der künftige Senatspräsident von der USR-PLUS gestellt werden soll. In den Verhandlungen hatte sich Orban zunächst erneut als Regierungschef ins Gespräch gebracht, scheiterte jedoch am Widerstand der reformorientierten USR-PLUS, die auf einem "Neuanfang" bestanden hatte.

Keine solide Mehrheit im Parlament

Im neuen Parlament kommen die drei Koalitionspartner zwar auf keine besonders solide Mehrheit (51,3 Prozent der Sitze im Unterhaus und 53,5 Prozent im Oberhaus), dürften diese jedoch mithilfe der Fraktion der ethnischen Minderheiten (18 Sitze) ausbauen, da letztere traditionsgemäß die jeweilige Regierung unterstützt. Allerdings wird die sowohl von Staatschef Iohannis als auch von den Liberalen und dem Reformbündnis USR-PLUS angestrebte Verfassungsnovelle, einschließlich des Verfassungsgerichtshofs, ohne die Stimmen der oppositionellen Postkommunisten (PSD) nicht machbar sein, da sie eine Zweidrittelmehrheit voraussetzt.

Als Nächstes wird Rumäniens Staatsoberhaupt die Fraktionen voraussichtlich am Dienstag oder spätestens am Mittwoch zu einer neuen Sondierungsrunde bitten und anschließend den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Die drei Koalitionspartner hoffen nach eigenen Angaben, dass die neue Regierung des Landes noch vor Ende des Jahres in Amt und Würden ist. (APA, 21.12.2020)