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Die Gewerkschaft Verdi hat im seit Jahren schwelenden Tarifstreit mit Amazon die Mitarbeiter an sechs Standorten in Deutschland zum Streik aufgerufen.

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Leipzig/Koblenz/Rheinberg – Mitten im Weihnachtsgeschäft haben Beschäftigte des Online-Versandhändlers Amazon in Deutschland am Montag an mehreren Standorten die Arbeit niedergelegt. Der Ausstand begann mit der Nachtschicht in Werne, Leipzig, Rheinberg, Koblenz sowie an zwei Standorten in Bad Hersfeld und soll bis einschließlich Weihnachten andauern, wie die Gewerkschaft Verdi mitteilte. Sie rechnete mit rund 1.700 Teilnehmern an dem Streik, Amazon selbst sah dem Ausstand gelassen entgegen.

Die Gewerkschaft fordert, dass Amazon den Tarifvertrag für den deutschen Einzelhandel unterzeichnet. Dies ist eine Forderung, die Verdi bereits seit Jahren vergeblich durchzusetzen versucht. Außerdem setzt sich die Gewerkschaft für tarifliche Regelungen zum Schutz der Gesundheit ein.

Streit ums Geld

Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger erklärte nun, die weitgehende Schließung von Läden seit der vergangenen Woche wegen des Lockdowns in der Corona-Pandemie habe dazu geführt, dass das Bestellaufkommen bei Versandhändlern wie Amazon noch einmal deutlich gestiegen sei. Amazon verdiene sich in der aktuellen Krise "eine goldene Nase".

Während der US-Konzern seine Milliardengewinne weiter erhöhe, "verweigert er den Beschäftigten eine tarifvertragliche Bezahlung", kritisierte die Gewerkschafterin. Stattdessen würden die Mitarbeiter "einem noch größeren Druck ausgesetzt, weil Amazon trotz der zusätzlichen Arbeitshetze Lieferversprechungen macht". Dies gehe "unweigerlich auf Kosten der Gesundheit der Belegschaft, gerade jetzt unter den Bedingungen der Pandemie".

Verdi Hessen betonte ebenfalls, die Mitarbeiter seien "an der Grenze ihrer Belastbarkeit". Sie fühlten sich in diesen besonderen Zeiten von dem Unternehmen nicht ausreichend wertgeschätzt.

Verdi Nordrhein-Westfalen erklärte, immer wieder gebe es Meldungen über Infektionen an den Standorten. Firmenchef Jeff Bezos könne sich offenbar nicht vorstellen, "was es für die Beschäftigten bedeutet, wenn zusätzlich zum täglichen Arbeitsstress auch noch Angst um die Gesundheit hinzukommt". Andernfalls hätte er "schon lange der Unterschrift unter die Tarifverträge des Einzelhandels zugestimmt".

Amazon sieht kein Problem

Amazon erklärte, Auswirkungen auf die Belieferung der Kunden hätten die Streikaktionen nicht: "Der allergrößte Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeitet ganz normal." Amazon biete ein Umfeld, "in dem man gerne arbeitet, sich einbringen und erfolgreich sein kann", betonte der Konzern.

Im derzeitigen Lockdown unterstütze Amazon zehntausende kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland, indem es ihnen ermögliche, ihre Produkte online zu verkaufen, erklärte das Unternehmen weiter. Zudem komme vielen Einzelhändlern und damit auch Amazon derzeit die "wichtige Rolle zu, Waren für Menschen im ganzen Land nach Hause zu liefern".

Nach Angaben von Amazon arbeiten in Deutschland für das Unternehmen derzeit mehr als 16.000 Festangestellte sowie über 10.000 Saisonkräfte. Dem Onlinehändler zufolge liegt der Einstiegsstundenlohn derzeit zwischen 11,30 und 12,70 Euro brutto. (APA, 21.12.2020)