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Die Verbraucher haben heuer den US-Konsum und damit die Wirtschaft gestützt – nicht zuletzt dank staatlicher Hilfszahlungen.
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Aufatmen können Arbeitslose, Geringverdiener und Kleinunternehmen in den USA: Nach monatelangem Tauziehen konnten sich Demokraten und Republikaner auf ein neues Corona-Konjunkturpaket verständigen, das vor allem diesen Bevölkerungsgruppen zugutekommen soll. Aber auch Unterstützung für Schulen und Kinderbetreuung sowie Mittel für die Verteilung von Covid-Impfstoffen sind in dem insgesamt 900 Milliarden Dollar schweren Hilfsprogramm vorgesehen.

Wie bereits beim ersten Corona-Paket geht viel Geld an untere Einkommensschichten, so soll etwa die Arbeitslosenhilfe zeitlich begrenzt wöchentlich aufgestockt werden oder Geringverdiener eine einmalige Hilfszahlung erhalten. Gerade diese Bevölkerungsschichten wurden von der Krise besonders stark getroffen. Etwa vier von fünf verlorengegangenen Arbeitsplätze entfallen auf die einkommensschwächere Hälfte der Bevölkerung. Laut einer Studie der US-Universitäten von Chicago und Notre Dame rutschten heuer zwischen Juni und November fast acht Millionen Amerikaner unter die Armutsgrenze. Als Grund dafür nannten die Studienautoren unter anderem das Auslaufen staatlicher Hilfen.

Viel Geld ausgegeben

Bisher hatten die USA im Februar und März ein etwa 2,7 Billionen Dollar schweres Paket geschnürt. Damit erhöhen sich die Corona-Hilfen der USA auf 3,6 Billionen Dollar, was insgesamt fast 16,8 Prozent der Wirtschaftsleistung der USA im Vorjahr entspricht. Damit machten die Vereinigten Staaten deutlich mehr Geld zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie locker als europäische Staaten, wo die Hilfsmaßnahmen bisher unter zehn Prozent des BIP bleiben.

Allerdings weist IHS-Ökonom Klaus Weyerstraß darauf hin, dass in Europa die Arbeitslosenhilfen und andere Sozialleistungen ohnehin stärker ausgebaut seien als in den USA. Wie schon während der Finanzkrise müssten die Amerikaner daher eine aktivere Fiskalpolitik betreiben als Europäer. Zudem hätten die Regierungen des alten Kontinents der Wirtschaft vermehrt mit Staatsgarantien unter die Arme gegriffen. "Diese wirken auch, ohne dass man sie gleich als Ausgaben zählt", sagt Weyerstraß. Wiegt man diese Faktoren auf, so seien die Ausmaße der Corona-Hilfen etwa auf gleicher Höhe.

Auffallend ist jedoch, dass die USA wirtschaftlich dennoch deutlich besser durch die Pandemie gekommen sind als Europa. Zum Vergleich: Laut IHS-Prognosen wird das US-BIP heuer um 3,8 Prozent schwächer ausfallen, das Minus in der Eurozone aber 7,3 Prozent betragen. Eine Ursache sieht Weyerstraß in den US-Verbrauchern, die nicht zuletzt dank staatlicher Unterstützung auch in der Krise nicht ausgelassen hätten: "Der Konsum ist in den USA sehr gut gelaufen, weil es keine flächendeckenden Schließungen gab."

Mehr Infektionen

Dies könnte sich in weiterer Folge allerdings umkehren, da der IHS-Ökonom eine stärkere wirtschaftliche Erholung in Europa erwartet – denn die höheren Infektionszahlen in den USA könnten sich nächstes Jahr als Bremsklotz erweisen, wenn immer wieder regionale Einschränkungen eingeführt werden müssten. In Europa seien nach landesweiten Lockdowns Anfang 2021 weniger Infektionen zu erwarten, zudem sei die Arbeitslosigkeit in Europa wegen diverser Kurzarbeitsmodelle weniger angestiegen.

Allerdings dürfte das aktuelle US-Konjunkturpaket keineswegs das letzte gewesen seien – etliche Demokraten kündigten bereits für nächstes Jahr weitere Corona-Hilfen an. Allerdings sollen diese dann erst nach der Amtseinführung des Demokraten Joe Biden am 20. Jänner als Nachfolger des Republikaners Donald Trump als US-Präsident verhandelt werden.

Noch ist die Grenze der Schuldentragfähigkeit der USA Weyerstraß zufolge nicht erreicht, schließlich sei es die größte Volkswirtschaft mit starken Kapitalzuflüssen und einer unabhängigen Notenbank. Zudem sei in Japan die Verschuldung gemessen am BIP doppelt so hoch. "Sie können aber nicht ewig so weitermachen", schränkt der IHS-Experte ein. "Irgendwann müssen auch die USA anfangen, den Haushalt zu konsolidieren." (Alexander Hahn, 22.12.2020)