SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried mit der roten Fraktionsvorsitzenden im Bundesrat, Korinna Schumann. Die Sozialdemokraten halten generell nicht viel von einer Freitestung der gesamten Bevölkerung.

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An den ersten Massentests in Österreich nahmen deutlich weniger Menschen teil, als die Regierung gehofft hatte.

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Macht die Opposition beim "Freitesten" im Bundesrat Ernst? Das ist wohl keine unbedeutende Frage, die sich auch vom Kanzler abwärts so mancher türkis-grüne Funktionär dieser Tage stellen wird. Die Regierungsparteien wollen im Jänner ein negatives Testergebnis an Freiheiten wie Lokalbesuche oder das Einkaufen im Handel knüpfen. Wer Mitte Jänner am Massentest teilnimmt, soll sich beispielsweise schon eine Woche vor dem Ende des dritten Lockdowns diese Zuckerln verdienen können. Im Gegensatz zum Nationalrat stellen ÖVP und Grüne in der Länderkammer aber nicht die Mehrheit. SPÖ, FPÖ und Neos halten dort 31 der insgesamt 61 Sitze. Damit lässt sich das Gesetz zwar nicht verhindern, aber um bis zu acht Wochen verzögern.

Und die Opposition ist ziemlich verschnupft. "Weil noch nichts da liegt", sagt die Fraktionsvorsitzende der SPÖ im Bundesrat, Korinna Schumann. Bisher hat die Regierung bloß einen Antrag eingebracht, der das Ansinnen des Freitestens grundsätzlich festhält. Der konkrete gesetzliche Inhalt fehlt noch. Von diesem macht die SPÖ ihre Zustimmung abhängig. Bekannt sind derzeit aber nur mediale Ankündigungen, die den Sozialdemokraten eher nicht gefallen. "Das Freitesten der gesamten Bevölkerung können wir nicht gutheißen", sagt Schumann. "Der Einmaltest ist eine Momentaufnahme, und der Begriff des Freitestens signalisiert etwas, was nicht der Fall ist, weil ich mich am nächsten Tag ja schon wieder anstecken kann – dann ist es aus mit der Freiheit."

Man wisse generell zu wenig, wie das Prozedere des Freitestens abgewickelt und kontrolliert werden soll. Es brauche vielmehr eine Gesamtstrategie für Betriebe bis zu den Pflegeheimen, die man mit Ländern und Sozialpartnern abstimmt. Sinn macht eine Art Freitest aus Sicht der SPÖ nur punktuell, beispielsweise wenn man die Oma im Pflegeheim besuchen möchte.

Wer darf freitesten?

Auch Arthur Arlamovsky ist skeptisch. Für den ersten und einzigen Bundesrat der Neos sind die Pläne der Regierung noch zu schwammig. Es sei noch nicht klar, wie alt das Testergebnis sein kann und wer den Test durchführen darf, also ob dies etwa auch Apotheken übernehmen dürfen oder Selbsttests reichen. Er versteht auch nicht, warum nur ein negativer Test ausschlaggebend für die Freiheiten sein soll und nicht auch eine Impfung oder ein Antikörpertest nach überstandener Corona-Erkrankung. Der Neos-Mandatar macht seine Zustimmung wie die SPÖ davon abhängig, was die Regierung letztendlich vorlegt.

Aus Arlamovskys Sicht wird vor allem die Zeit knapp. Er weist darauf hin, dass es derzeit noch keinen Termin für den nächsten Gesundheitsausschuss gibt, ebenso wenig für eine außertourliche Nationalrats- und Bundesratssitzung. Das bestätigt auch das Parlament. Die Länderkammer tagt im Normalfall erst wieder am 28. Jänner. Das wäre zu spät, um das Gesetz vor dem angekündigten Massentest am 16. und 17. Jänner auf den Weg zu bringen. Laut den Grünen werden die Termine gerade abgestimmt.

FPÖ will Ausschuss noch vor Silvester

Den Gesundheitsausschuss wird die Regierung wohl brauchen, um die Opposition zu informieren, aber auch, um sie besänftigen. Die Sache beginnt aber schon ärgerlich für den Ausschussvorsitzenden Gerhard Kaniak von der FPÖ, weil an den Antrag, der das Freitesten ermöglichen soll, im selben Atemzug eine Frist bis 3. Jänner angehängt wurde, bis zu der der Ausschuss diesen abarbeiten muss. Sonst geht er unverändert zurück ins Parlament. Kurzfristig vor Weihnachten geht sich logischerweise kein Termin mehr aus. Kaniak will nun einen zwischen Weihnachten und Neujahr vorschlagen. "Wenn die Regierungsfraktionen und Bundesminister Anschober diesen Termin nicht wahrnehmen oder verhindern, dann wäre das die Krönung und eine massive Verhöhnung des Parlaments", poltert Kaniak.

Der ehemalige Direktor des ÖVP-Parlamentsklubs und Parlamentarismusexperte Werner Zögernitz wendet ein, dass auch nach dem 3. Jänner ein Ausschuss tagen und einen Bericht in das nächste Plenum einbringen kann.

Von den Freiheitlichen kommt jedenfalls ein klares Nein für die Freitestpläne der Regierung. Ihr Fraktionsvorsitzender im Bundesrat, Christoph Steiner, stellte die Ablehnung für das "Corona-Hausarrest-Gesetz", wie die FPÖ es nennt, bereits klar und appellierte an SPÖ und Neos, selbiges zu tun. (Jan Michael Marchart, 22.12.2020)