Virtuelle Hauptversammlungen wie bei der Lufthansa im Mai werden in Österreich weiterhin möglich sein.

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Kurz vor dem Jahresende 2020 gibt es noch einige für die Praxis sehr erfreuliche Änderungen im Gesellschaftsrecht.

Verlängerung virtueller Versammlungen

Die mit dem Gesellschaftsrechtlichen Covid-19-Gesetz (Covid-19-GesG) geschaffene Möglichkeit, Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern virtuell durchzuführen, hat sich in der Praxis bewährt. Der Gesetzgeber überlegt daher, ähnliche Regelungen dauerhaft und nicht nur für die Zeit der Covid-19-Krise vorzusehen. Diese Regelungen sollen allerdings in einer rechtspolitischen Diskussion erarbeitet werden. Damit virtuelle Versammlungen auch bis zum Inkrafttreten der neuen Bestimmungen durchgehend abgehalten werden können, wird Paragraf 1 Covid-19-GesG, der die virtuellen Versammlungen regelt, bis Ende des Jahres 2021 verlängert.

Fristverlängerung für ordentliche Haupt- und Generalversammlungen

Darüber hinaus wird es auch im Jahr 2021 weiterhin möglich sein, die ordentlichen Haupt- und Generalversammlungen nicht nur innerhalb der an sich im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Frist, sondern auch erst zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der ersten zwölf Monate des Geschäftsjahres abzuhalten. Daher tritt auch Paragraf 2 Absatz 1 bis 3 Covid-19-GesG erst mit Jahresende 2021 außer Kraft. Dies gilt allerdings nicht für die Europäischen Gesellschaftsformen wie die SE, weil die Fristverlängerung für diese Gesellschaften auf einer EU-Verordnung basiert.

Fristverlängerung für Jahresabschlüsse

Die Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses wird auch 2021, wie schon 2020, um bis zu vier Monate verlängert, die Einreichfristen werden auch für 2021 auf zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag verlängert. Dies gilt für alle Unterlagen, bei denen der Bilanzstichtag vor dem 1. Jänner 2021 liegt (Paragraf 3a Covid-19-GesG).

Erleichterungen bei Vereinen

Mitgliederversammlungen von Vereinen haben alle fünf Jahre stattzufinden. Covid-19-bedingt konnten Vereine abweichend davon Versammlungen, an denen mehr als 50 Personen teilnahmeberechtigt sind, bis zum 31. Dezember 2021 verschieben. Diese Möglichkeit wird nun auf sämtliche Vereinsversammlungen – unabhängig von der Anzahl der Teilnahmeberechtigten – ausgedehnt. Daneben kann weiterhin über dringende Fragen schon vor der verschobenen Präsenzversammlung schriftlich abgestimmt werden.

Mit der Verschiebung der Versammlung werden auch die Funktionsperioden der Vereinsorgane bis zur Abhaltung der Mitgliederversammlung verlängert. Damit soll eine ordnungsgemäße Vertretung des Vereins sichergestellt werden.

Verlängerung vereinfachter GmbH-Gründungen

Seit Anfang 2018 kann eine Ein-Mann-GmbH unter bestimmten Voraussetzungen vereinfacht elektronisch ohne Einschaltung eines Notars gegründet werden (vergleiche Paragraf 9a GmbHG). Ursprünglich war vorgesehen, dass die Regelung mit Ende 2020 wieder außer Kraft tritt. Diese Befristung wurde nun aufgehoben, sodass die vereinfachte GmbH-Gründung nun unbefristet weiter möglich ist.

Digitalisierung im Gesellschaftsrecht

Die Digitalisierungsrichtline (Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht) sieht unter anderem vor, dass die Gründung einer Gesellschaft oder Errichtung einer Zweigniederlassung einer Gesellschaft durch den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren vereinfacht werden soll. Dies soll vollständig online erledigt werden können. Gesellschaften sollen auch offenzulegende Unterlagen online einreichen können.

Da im Gesellschaftsrecht zum Teil die Beiziehung eines Notars zwingend vorgeschrieben ist, muss die Notariatsordnung geändert werden, damit diese notariellen Dienstleistungen digital erbracht werden können.

Bereits durch die Covid-19-Regelungen (Paragraf 90a NO) können für den Fall, dass ein Notariatsakt oder eine sonstige beglaubigte Urkunde erforderlich ist, die für die Errichtung der Urkunde erforderlichen notariellen Amtshandlungen auch unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit (Paragraf 69b NO) vorgenommen werden. Diese Regelung hat sich in der Praxis bewährt. Sie wird daher etwas modifiziert dauerhaft gesetzlich geregelt. In Zukunft sollen sämtliche Notariatsakte unter Nutzung elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten errichtet werden können, unabhängig davon, ob dies in einer speziellen Öffnungsklausel im jeweiligen Gesetz vorgesehen ist (vergleiche Paragraf 4 Absatz 3 GmbHG).

Unterschriftsbeglaubigungen unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit waren bisher an einen unmittelbaren Zusammenhang mit einem gesetzlich vorgesehenen elektronischen Notariatsakt geknüpft. Diese Möglichkeit der "elektronisch unterstützten" Unterschriftsbeglaubigung wird nun für alle Unterschriftsbeglaubigungen eröffnet.

Neu ist auch, dass Notare elektronische Kommunikationsmöglichkeiten bei sämtlichen Beurkundungen und Beglaubigungen (Paragrafen 76 ff NO) auch über den 31. Dezember 2020 hinaus nutzen können. In Zukunft entfällt das Erfordernis, dass das betreffende Rechtsgeschäft, die betreffende Erklärung oder eine rechtserhebliche Tatsache zur Wirksamkeit der Form einer notariellen Urkunde bedarf; das heißt, in Zukunft sind auch "freiwillige" Beurkundungen und Beglaubigungen elektronisch möglich.

Fazit

Hilfreich ist, dass vorübergehend mit Fristverlängerungen für ordentliche Haupt- und Generalversammlungen sowie die Aufstellung und Einreichung des Jahresabschlusses der immer noch andauernden Coronavirus-Krise und den damit einhergehenden Einschränkungen Rechnung getragen wird. Für die Praxis erfreulich ist aber auch, dass einige Regelungen, die sich in den letzten Monaten bewährt haben, nun verlängert und zum Teil sogar dauerhaft gelten werden. (Bernhard Rieder, 23.12.2020)