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Der Abschied von der Macht fällt Donald Trump offenbar nicht leicht.

Foto: Reuters / Cheriss May

Washington – Während die Angelobung des 46. US-Präsidenten Joe Biden näher rückt, fallen in den Medien mehr und mehr die Hemmungen in der Berichterstattung über Noch-Amtsinhaber Donald Trump. Offen spekulieren große Blätter, Onlinemagazine und TV-Sender über den geistigen Gesundheitszustand des Bewohners des Weißen Hauses. Denn entgegen seiner Gewohnheit zeigt sich Trump nur noch sehr selten öffentlich, Einblicke gewährt er fast nur noch in wirren Tweets.

Unter dem Titel "Trump verliert den Verstand" schreibt Peter Wehner – der in drei republikanischen Regierungen gearbeitet hat – im Magazin "Atlantic" über die Psychologie des Amtsinhabers: seine gestörte Persönlichkeit, emotionale Instabilität und soziopathische Tendenzen. Auch die Plattform "Politico" stellt sich in einem Meinungsstück die Frage, ob Trump kurz vor einem Nervenzusammenbruch steht. "Sein fragiles Ego wurde noch nie so sehr getestet", wird Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen zitiert.

Beamte im Weißen Haus sind laut CNN besorgt ob der Beraterinnen und Berater, mit denen sich der Amtsinhaber in den jüngsten Tagen umgibt. Um das Tagesgeschäft kümmert sich Trump offenbar nur noch wenig, obwohl er noch rund vier Wochen dafür verantwortlich ist. Lieber spinnt er mit seinem privaten Anwalt Rudy Giuliani Verschwörungstheorien oder lässt sich von seinem Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn Ideen einpflanzen, doch das Kriegsrecht auszurufen.

Umstrittene Beauftragte

Für Kopfschütteln und -zerbrechen sorgen auch Berichte, wonach der Präsident darüber nachdenken soll, eine Sonderbeauftragte für möglichen Wahlbetrug zu ernennen. Das Amt soll Verschwörungsanwältin Sidney Powell übernehmen, die bereits mit obskuren Ideen über ein venezolanisches Komplott und manipulierte Abstimmungsgeräte von sich reden machte. Auch Steve Bannon soll Trump weiterhin einflüstern.

Unterdessen teilt der Amtsinhaber heftig gegen jene aus, die sich weigern, seine Wahlbetrugstheorien zu glauben und sich nach zig verlorenen Gerichtsverfahren dazu durchgerungen haben, dem künftigen Präsidenten Joe Biden zu gratulieren. "Leider hat Mitch das vergessen", schrieb Trump etwa an republikanische Parteimitglieder und fügte der Nachricht eine Grafik bei, die zeigen soll, wie er durch einen Tweet Mitch McConnell, dem Senator aus Kentucky und Mehrheitsführer im Senat, zu seinem Wahlsieg verholfen haben soll. Auch von Brian Hagedorn, Höchstrichter in Wisconsin, fordert er via Tweet eine Gefälligkeit ein, weil er ihn vor zwei Jahren unterstützt habe. Nun stimmte Hagedorn in einem Wahlbetrugsfall aber gegen Trump.

Und Justizminister William Barr stellte am Montagabend erneut klar, dass es keinen Sonderbeauftragten in Sachen Wahlbetrug oder bei Ermittlungen gegen Hunter Biden, dem Sohn des gewählten Präsidenten, geben werde.

Trumps Bankbvertraute tritt zurück

Am Dienstabend wurde bekannt, dass eine seit Jahren für Trump zuständige Mitarbeiterin der Deutschen Bank das Geldhaus verlässt. Rosemary Vrablic' Rücktritt wird zum Jahresende wirksam. Der "New York Times" zufolge sorgte die Bankerin dafür, dass Trumps Unternehmen Kredite in Höhe von mehreren Hundert Millionen Dollar erhielt. Das Geldhaus habe dann im August eine Untersuchung zu einem Immobiliengeschäft aus dem Jahr 2013 zwischen Vrablic mit einem Unternehmen eingeleitet, das zum Teil Trumps Schwiegersohn Jared Kushner gehöre.

Reuters hatte Anfang November unter Berufung auf mehrere Insider gemeldet, dass die Deutsche Bank nach Wegen suche, ihre Geschäftsbeziehungen mit Trump zu beenden. Man sei es leid, deswegen immer wieder in die Schlagzeilen zu geraten. Das Geldhaus und das US-Präsidialamt hatten eine Stellungnahme zu dem Bericht abgelehnt. Die Deutsche Bank gehört zu den wichtigsten Kreditgebern von Trump. An sein Familienunternehmen Trump Organization hat das Institut einem der Insider zufolge Stand Anfang November 340 Millionen Dollar an Darlehen vergeben. (Bianca Blei, APA, Reuters, 22.12.2020)