Das Weltgeschehen lässt sich selten voraussagen: Fristen werden nicht eingehalten, Vereinbarungen gebrochen und bereits festgesetzte Termine verschoben. Gerade im vergangenen Jahr hat sich vieles verzögert, das nun 2021 auf der Agenda steht. Der Versuch eines Ausblicks.

Großbritannien und die EU: Im Brexit-Drama fällt der Vorhang

Waving goodbye: Großbritannien und die EU.
Foto: AF / Justin Tallis

Es ist die letzte vieler Fristen: Am 31. Dezember 2020 endet die Übergangsphase, die die EU und Großbritannien nach dem Brexit vereinbart hatten. Damit ist Großbritannien ab dem Neujahrstag 2021 nicht mehr Teil des EU-Binnenmarkts und der Zollunion. Es war eine schwierige Scheidung: In den Monaten zuvor wurde fieberhaft ein Handelsabkommen ausgehandelt, das die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Union und Großbritannien nach dem Brexit in geregelte Bahnen lenken sollte. Am Heiligen Abend wurde dann die Einigung bekannt: Großbritanniens Mitgliedschaft im Erasmus-Programm und die Reisefreiheit sind nun Geschichte, Handel hingegen ist zollfrei möglich und auch in der Streitfrage der Fischereirechte wurde eine Lösung gefunden. Am 1. Jänner 2021 ist es nun so weit: Pünktlich zum Start ins neue Jahr ist die Trennung vollzogen.

Auf die EU kommen nun andere Aufgaben zu: Die Bewältigung der Covid-19-Pandemie, die Ausarbeitung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027, Lösungsfindung im Bereich Migration und die Implementierung des europäischen "Grünen Deals" stehen unter anderem im 18-Monate-Programm des europäischen Rates. Mit dem neuen Jahr übernimmt Portugal die Ratspräsidentschaft, im zweiten Halbjahr nimmt dann Slowenien den Vorsitz im Rat der Europäischen Union ein.

Die USA: Machtwechsel zum Jahresbeginn

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Zeit für den Amtsantritt: der designierte US-Präsident Joe Biden.
Foto: Reuters / Kevin Lamarque

Am 3. Jänner tritt im Kapitol in Washington D.C. der 117. Kongress der Vereinigten Staaten zusammen. Am selben Tag wird auch der Sprecher oder die Sprecherin des Repräsentantenhauses gewählt. Aktuell hat diese Rolle die demokratische Politveteranin Nancy Pelosi inne. Pelosi, die erste Frau im Amt des Speakers, hat bereits angekündigt, erneut kandidieren zu wollen. Ihr Gegenkandidat dürfte Kevin McCarthy, der Fraktionsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, werden. Auch Justin Amash, einziger Vertreter der Libertarian Party in der Kammer, hat seine Dienste als "Unparteiischer" angeboten.

Drei Tage später, am 6. Jänner, zertifiziert der Kongress dann die Ergebnisse der Abstimmung der Wahlleute. Es ist der letzte Schritt der Präsidentschaftswahl, erst danach gelten Joe Biden und seine Stellvertreterin Kamala Harris offiziell als gewählt. Die feierliche Vereidigung des neuen Präsidenten und seiner Vize findet zwei Wochen später statt. Fotos von Menschenmassen vor dem Kapitol wird es 2021 aber nicht geben – nur Kongressabgeordnete mit jeweils einer Begleitperson sind eingeladen, Fiebermessen, Abstandhalten und Händedesinfektion Pflicht.

Normalerweise erscheinen der scheidende und der künftige Präsident gemeinsam auf der Feier zur Amtseinführung. Anschließend nimmt der frisch vereidigte Präsident im Weißen Haus seine Arbeit auf, während sein Vorgänger sich mittels Helikopterflug in den Ruhestand verabschiedet. Wie vieles andere dürfte auch das 2021 anders werden: Donald Trump hat noch nicht bekanntgegeben, ob er der Vereidigung beiwohnen wird. Stattdessen mehren sich Gerüchte, dass er just an diesem Tag seine neuerliche Kandidatur verkünden will – für die Präsidentschaftswahl 2024.

Golfkooperationsrat: Gipfeltreffen der Arabischen Golfstaaten

Ein Bild aus besseren Zeiten: Vertreter des Golfkooperationsrats bei einem Gipfeltreffen im Jahr 2016.
Foto: AFP / Stringer

Am 5. Jänner treten die Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrats (GCC) in Riad zu ihrem 41. Gipfel zusammen. Es ist ein mit Spannung erwartetes Treffen: Seit dem Frühsommer 2017 wird das kleine Katar von Saudi-Arabien, Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Ägypten, das nicht Mitglied des Rates ist, boykottiert. Das "Quartett" stört sich an den Beziehungen Katars zum Iran und zur Türkei. Um die gekappten Verbindungen und Beziehungen wiederherzustellen, sollte Katar mehrere Forderungen erfüllen: etwa die Schließung einer türkischen Militärbasis im Land und des Fernsehsenders Al Jazeera, den Abbruch aller Beziehungen zu den Muslimbrüdern und eine weniger enge diplomatische Beziehung zum Iran. Dieser Plan ging nicht auf, die Fronten verhärteten sich.

Interesse an einem Ende des Zwists haben vor allem die USA. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner bemühte sich bei einem letzten Besuch in seiner Funktion als Nahostberater der Regierung, in Katar und Saudi-Arabien die Fronten zu erweichen. Seither mehren sich versöhnliche Töne. Ob es gelingt, zumindest die Kluft zwischen Saudi-Arabien und Katar zu schließen, ist offen – das Gipfeltreffen könnte es weisen.

Deutschland: Das Ende der Ära Angela Merkel

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Zieht sich im Herbst aus der Politik zurück: die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Foto: AP / Michael Sohn

Bundeskanzlerin seit 2005, CDU-Bundesvorsitzende von 2000 bis 2018, Rückzug 2021: Im kommenden Jahr legt Angela Merkel ihre politischen Ämter nieder. Bereits 2018 hatte die deutsche Bundeskanzlerin angekündigt, sich schrittweise aus der Politik zurückziehen zu wollen. Damals verzichtete sie auf den Bundesvorsitz der CDU, den an ihrer statt Annegret Kramp-Karrenbauer übernahm. Für das kommende Jahr kündigte sie an, nicht mehr als Kanzlerin und für den Bundestag zu kandidieren. Mit der Bundestagswahl, die voraussichtlich am 26. September 2021 stattfinden wird, geht damit auch die Ära Merkel zu Ende.

Auch der Vorsitzende der CDU wird im kommenden Jahr auf deren Parteitag neu gewählt. Am 15. und 16. Jänner stimmen die Delegierten erstmals in einer digitalen Wahl ab. Zur Wahl stehen die Kandidaten Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Wer aus der Wahl als Sieger hervorgeht, gilt als wahrscheinlicher Kanzlerkandidat – und damit Nachfolger Merkels

Israel: Neues Parlament, neuer Präsident

Reuven Rivlin, der zehnte Staatspräsident Israels, macht Platz für einen Nachfolger.
Foto: AFP / Mick Tsikas

Israel kommt nach turbulenten innenpolitischen Jahren auch 2021 nicht zur Ruhe: Voraussichtlich im März werden Neuwahlen abgehalten – die vierten innerhalb von zwei Jahren. Im Dezember zerbrach die ohnehin von Spannungen geprägte Koalition von Benjamin Netanjahu (Likud) und Benny Gantz (Bündnis Blau-Weiß) an einem Budgetstreit. Gegen Netanjahu, der mit Unterbrechungen insgesamt schon 14 Jahre im Amt des israelischen Premiers zugebracht hat, läuft derzeit wegen Korruptionsvorwürfen ein Strafverfahren, in Umfragen schneidet er zunehmend schlecht ab. In einer schwierigen Lage befindet sich auch Gantz: Statt wie vereinbart 2021 Netanjahu als Premier abzulösen, muss er sich erneut Wahlen stellen. Mit seinem bröckelnden Parteienbündnis Blau-Weiß und ebenfalls schlechten Umfragewerten dürfte das kein einfaches Unterfangen werden.

Eine Figur, die abseits des unsteten politischen Tagesgeschäfts Ruhe und Besonnenheit ausstrahlen soll, ist der israelische Staatspräsident. Da im kommenden Jahr die Amtszeit von Reuven Rivlin zu Ende geht, wird voraussichtlich im Sommer von der Knesset ein Nachfolger gewählt – und Israel erhält 2021 binnen Monaten nicht nur ein neues Parlament, sondern auch einen neuen Präsidenten.

Weltbühne: Wahlen, Gipfel und Kongresse

Im Jahr 2020 virtuell, 2021 vielleicht schon wieder als persönliche Zusammenkunft: der G20-Gipfel.
Foto: AFP / Yousef Allan

In Uganda werden zu Jahresbeginn in einem Zwei-Runden-Verfahren das Parlament und der Präsident gewählt. Der seit 34 Jahren amtierende Präsident Yoweri Museveni steht dabei dem bekannten Musiker Robert Kyagulanyi, Künstlername Bobi Wine, gegenüber, der für die oppositionelle National Unity Party kandidiert.

Am 18. Juni finden im Iran Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Hassan Rohani darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl antreten. Der Pragmatiker und sein Außenminister Mohamed Javad Zarif hatten das 2015 abgeschlossene Wiener Atomabkommen verhandelt. Nach dem Austritt der USA unter Präsident Donald Trump im Mai 2018 war der Iran Ziel verschärfter US-Sanktionen. Mit dem Machtwechsel in den USA lebt die Diskussion um den Atomdeal erneut auf. Der künftige US-Präsident Biden hat bereits eine Rückkehr seines Landes zum Abkommen in den Raum gestellt, allerdings unter Bedingungen. Das hängt jedoch auch davon ab, ob der nächste Präsident des Iran vom religiösen Führer Ali Khamenei ein Mandat zu Neuverhandlungen erhält. Bisher hat Exverteidigungsminister Hossein Dehghan seine Kandidatur für die Präsidentschaft erklärt, mehrere andere Politiker, unter ihnen auch Rohanis Vorgänger Mahmud Ahmadi-Nejad, haben Interesse angemeldet.

Am 5. September wird in Hongkong gewählt – ein Jahr später als geplant. Die Parlamentswahlen waren aufgrund der Pandemie verschoben worden, prodemokratische Aktivisten vermuten dahinter jedoch politisches Kalkül. Das erklärte Ziel der Aktivisten war eine absolute Mehrheit im Parlament gewesen. Einige Wochen vor dem ursprünglich angesetzten Wahltermin wurden vier prodemokratische Abgeordnete in einer undurchsichtigen Entscheidung von der Wiederwahl ausgeschlossen, 15 weitere Abgeordnete aus dem prodemokratischen Spektrum traten daraufhin aus Protest zurück.

Bis spätestens 19. September werden in Russland Parlamentswahlen abgehalten. Dabei werden 450 Sitze in der russischen Staatsduma vergeben. Den größten Teil dieser Sitze hält bisher die Partei Einiges Russland.

Am 30. und 31. Oktober 2021 findet der G20-Gipfel in Rom statt. Das Motto der Zusammenkunft lautet "People, Planet, Prosperity" – besprochen werden sollen das Klima und die soziale sowie wirtschaftliche Erholung von der Covid-19-Pandemie. (Ricarda Opis, 31.12.2020)