Der Bau der Triiiple-Türme geht langsam ins Finale (links daneben der Austro Tower). Die Überplattung der A4 war Teil des städtebaulichen Vertrags.

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Der Bau der Danube Flats (Bildmitte) beginnt gerade erst. Danube Flats und Triiiple waren die ersten Projekte, bei denen es einen städtebaulichen Vertrag zwischen der Stadt und den Entwicklern gab.

Visualisierung: project A01 architects

Die Dachgleiche feierte man schon im September, im Lauf des kommenden Jahres werden ARE und Soravia ihre drei Türme des Projekts Triiiple im dritten Bezirk am Donaukanal fertigstellen. Und damit wird auch das erste Projekt fertig, für das in Wien ein sogenannter städtebaulicher Vertrag geschlossen wurde. Im Mai 2015 hatte der damalige Grünen-Planungssprecher Christoph Chorherr den Abschluss der ersten beiden Verträge bekanntgemacht, neben Triiiple betraf dies das Projekt Danube Flats im 22. Bezirk an der Reichsbrücke (Entwickler ebenfalls Soravia sowie S+B).

A4-Überplattung, Volksschul-Erweiterung

Bei beiden Projekten wurden die vertraglich zu schaffenden Qualitäten auf jeweils rund zehn Millionen Euro taxiert. Bei Triiiple umfasste das folgende Punkte: die Überplattung der A4 samt Gestaltung der Oberfläche als öffentlich zugänglichen Freiraum, eine bauliche Anbindung an die A4, Flächen für einen Kindergarten sowie einen finanziellen Beitrag in Höhe von 2,9 Millionen Euro für die Erweiterung der Volksschule Dietrichgasse (dritter Bezirk). Und ja, außerdem müssten – so hieß es im Mai 2015 – 30 Wohneinheiten einer sozialen Hilfsorganisation zur Verfügung gestellt werden, die diese an bedürftige Personen weitervermieten kann.

Die Schulerweiterung wurde bereits abgeschlossen, ebenso wurde die Überplattung der A4 schon Mitte 2018 fertig, man hatte wegen der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte ein Baustellenverbot zu beachten.

Freiwillige Vereinbarung

Interessanterweise findet sich der Punkt mit den Sozialwohnungen allerdings gar nicht im städtebaulichen Vertrag, wie auch Daniela Strassl von der Stadtbaudirektion bestätigt. Es habe vielmehr eine freiwillige Vereinbarung der Entwickler mit der Caritas gegeben, ihr "20 bis 25" Wohneinheiten in den Türmen zur Verfügung zu stellen, erläutern Soravia-Sprecherin Yana Boyer-Telmer und Caritas-Sprecher Martin Gantner.

Dieser Vertrag wurde später allerdings beidseitig geändert: Denn einerseits waren der Caritas dem Vernehmen nach die Hochhausbetriebskosten zu hoch. Andererseits war die Caritas selbst auch recht froh, schon weit vor der Fertigstellung der Türme Wohnungen zur Verfügung zu haben, die noch dazu über ganz Wien verteilt sind. Jedenfalls wurden bisher elf kleine Wohnungen von Soravia-Tochter IMA der Caritas übergeben, so Gantner, elf weitere sollen folgen.

Danube Flats: Keine Änderung bekannt

Bei den Danube Flats stand die Verpflichtung, Sozialwohnungen zu schaffen, laut Stadtbaudirektion hingegen sehr wohl schon im städtebaulichen Vertrag. Konkret verpflichteten sich die Entwickler zur Errichtung und Vermietung (auf zehn Jahre) von rund 40 kleinen Wohneinheiten, die "durch Einrichtungen wie z. B. Caritas, Frauenhilfe etc." vergeben werden sollten.

Das Projekt befindet sich gerade am Beginn der Hochbauphase. Von den Entwicklern hieß es zuletzt vor einigen Wochen dem STANDARD gegenüber, dass man noch keine soziale Einrichtung als Partner gefunden habe. Vonseiten der Stadtbaudirektion heißt es, man habe "bisher keine Informationen darüber, dass es in diesem Punkt Änderungen gibt".

Wer kontrolliert die Einhaltung der Verträge?

Bleibt noch die Frage, wer denn überhaupt überprüft, ob letztlich alles so gemacht wird wie in den städtebaulichen Verträgen vereinbart? Die Stadtbaudirektion?

"Es gibt immer eine federführende Dienststelle, unter deren Akt das Projekt läuft", erklärt Strassl. Welche das sei, hänge mehr oder weniger davon ab, was bei dem jeweiligen Projekt sozusagen überwiegt. "Nehmen Infrastrukturmaßnahmen eine bedeutende Rolle ein, ist die MA 28 (Straßenbau) federführend, bei einem zu schaffenden Kindergarten ist es die MA 10." Natürlich sei aber dann auch "jede einzelne Dienststelle dafür verantwortlich, dass der Vertragsinhalt erfüllt wird."

Neue Widmungskategorie änderte viel

Wenn es um Sozialwohnungen geht, ist die Sache aber komplizierter. Bei Verträgen zwischen Dritten, wie jenem zwischen den Triiiple-Entwicklern und der Caritas, sei man als Stadt grundsätzlich außen vor. "Wenn sich aber bei uns einer der Vertragspartner meldet, dass etwas nicht eingehalten wird, schauen wir uns das natürlich an."

Seit 2019 ist das einfacher, da wurde die Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau" eingeführt, die nun einen gewissen Anteil an Sozialwohnungen vorschreibt. "Deshalb ist jetzt auch immer die MA 50 (Wohnen) mit dabei." Und generell habe man mit den ersten beiden Verträgen zu Triiiple und Danube Flats "erst zu lernen begonnen", betont Strassl.

Bisher 49 städtebauliche Verträge

Die Möglichkeit, städtebauliche Verträge mit privaten Entwicklern abzuschließen, schuf das Land Wien mit der Bauordnungsnovelle 2014. Seitdem wurden 49 Verträge für etwas mehr als 40 Projekte abgeschlossen, teilt Strassl von der Stadtbaudirektion dem STANDARD mit. Für drei weitere Projekte sind die Verhandlungen am Laufen oder in Vorbereitung.

Die Verträge werden stets vom Gemeinderat beschlossen, aber sie werden nicht veröffentlicht (bis auf eine Ausnahme, das Heumarkt-Projekt). Da es sich um privatrechtliche Verträge handelt, müssten dafür nämlich sämtliche Vertragspartner zustimmen.

Neos sind für Veröffentlichung

Die Neos würden das gern ändern: Ja, man sollte die Verträge veröffentlichen, sagt Selma Arapović, Bereichssprecherin für Wohnbau und Stadtplanung sowie stellvertretende Vorsitzende in den jeweiligen Ausschüssen. Das werde man im Zuge einer Bauordnungsnovelle aufs Tapet bringen.

Im rot-pinken Regierungsprogramm hat man die Pläne auf Betreiben der Neos folgendermaßen formuliert: Städtebauliche Verträge "sollen weiterhin – unter Einbeziehung der Bezirksvertretungen – zum Einsatz kommen. Um die Nachvollziehbarkeit und die Transparenz dieser Verträge zu erhöhen, sollen ein Leitfaden und ein Kriterienkatalog erstellt werden."

Fehlende Erläuterungen

Entwickler sollen künftig also besser Bescheid wissen, was sie erwartet. Bisher gab es da höchstens grobe Orientierungen. "Anders als etwa bei der Einführung der Widmungskategorie ‚Geförderter Wohnbau’ gab es beim Beschluss der städtebaulichen Verträge keine Erläuterungen", kritisiert Evelyn Ernst, Projektentwicklerin und Spezialistin für Instrumente der Vertragsraumordnung. Mittlerweile habe man zwar "mehrere Instrumente zur Stadtplanung, die hier greifen und Qualitäten vorschreiben", zur Verfügung – etwa diverse Fachkonzepte (Mobilität, produktive Stadt, Grün- und Freiraumentwicklung etc.), oder eben auch die neue Widmungskategorie, die im Regelfall zwei Drittel an gefördertem Wohnraum vorschreibt.

Bevor es die neue Widmungskategorie gab, scheiterten zwei Hochhausprojekte maßgeblich daran, dass die Stadt den Entwicklern per städtebaulichem Vertrag unbedingt einen höheren Anteil an leistbaren Wohnungen aufzwingen wollte. Das war beim Projekt Handelskai 100 so, und auch bei der Neu-Überbauung des Franz-Josefs-Bahnhofes.

Neue Widmungskategorie nahm Druck raus

Die neue Widmungskategorie hat hier für mehr Klarheit gesorgt, Druck rausgenommen. "Manches muss jetzt nicht mehr verhandelt werden, weil es schon vorgegeben ist", bestätigt Silvia Wustinger-Renezeder, geschäftsführende Gesellschafterin der 6B47 Wohnbau Gmbh. Bei Liegenschaften über 5000 m² kalkuliere man jetzt immer mit der Zwei-Drittel-Regelung.

Doch eines sei geblieben, so Ernst: "Die Entwickler brauchen Rechts- und Kalkulationsklarheiten vor einem Liegenschaftskauf."

"Kriterien sind nötig"

Dass nun endlich ein Kriterienkatalog erarbeitet werden soll, wird ausdrücklich begrüßt. "Ein Kriterienkatalog hat jetzt auch gute Chancen, denn es gibt mittlerweile viele Erfahrungen auf beiden Seiten", meint auch Rechtsanwalt Michael Hecht (fwp), der an vielen städtebaulichen Verträgen federführend beteiligt war. Und er betont: Die Inhalte der Verträge hätten sich zwar im Lauf der Zeit geändert, "doch die Notwendigkeit der Verträge selbst nicht".

Wie viel Wohnfläche zu welchen Konditionen geschaffen wird, das sei durch die Widmungskategorie geklärt; "wir brauchen aber Kriterien für die Intensität von Kostenbeteiligungen". Und wenn man als Bauträger wisse, woran man sich orientieren könne, "ist auch die Notwendigkeit, die Verträge zu veröffentlichen, nicht so groß".

Neos: "Intransparenz, mangelnde Vergleichbarkeit"

Neos-Abgeordnete Arapović, im Brotberuf Architektin, will diese Planungssicherheit mit der nächsten Bauordnungsnovelle schaffen, verweist aber auch auf "die Intransparenz und die mangelnde Vergleichbarkeit" der Verträge, die die Neos stets kritisiert hatten. Nun will man sich zunächst anschauen, wie vergleichbare Städte das Thema handhaben, München und Hamburg nennt sie als Beispiele. Und dann werde man gemeinsam mit Koalitionspartner SPÖ eine Bauordnungsnovelle erarbeiten. (Martin Putschögl, 25.12.2020)