Die Abbildung zeigt die Visualisierung des Gases in und um eine milchstrassenähnliche Galaxie (Mitte) im heutigen Universum, wie sie von einer kosmologischen Simulation vorhergesagt wird.

Foto: UHZ/ Robert Feldmann

In der Milchstraße werden fortlaufend neue Sterne geboren, allerdings erfolgt der Zuwachs mit einer eher gemächlichen Rate: Rund eine bis drei Sonnenmassen an neuen Sternen erblickt in unserer Heimatgalaxie jährlich das Licht der Welt. In sogenannten Starburstgalaxien sind es mit bis zu hundert Sternengeburten pro Jahr deutlich mehr. In groben Zügen ist Astronomen durchaus bekannt, wie ein neuer Stern aus Gas und Staub entsteht: Die molekularen Wolken kollabieren unter ihrer eigenen Schwerkraft und komprimieren die Materie dadurch immer mehr. Ab einem gewissen Moment ist die Dichte so groß, dass Atome verschmelzen und die Kernfusion einsetzt – der junge Stern beginnt zu leuchten.

Offene Fragen

Was allerdings letztendlich der Auslöser für die Sternbildung in den Galaxien ist, bleibt eine offene Frage. Hinweise drauf lieferte nun aber eine Studie von Forschern um den Astrophysiker Robert Feldmann. Das Team von der Universität Zürich analysierte bisherige Beobachtungsdaten neu und kam zum Schluss: In den nah gelegenen Galaxien bilden sich die Sterne typischerweise proportional zur Menge des dort vorhandenen Gases. Dies deutet darauf hin, dass die Netto-Gaszufuhr aus kosmischen Entfernungen der Hauptantrieb für die galaktische Sternentstehung ist.

Im Prinzip beeinflussen zwei Hauptfaktoren die Entstehung von Sternen: die Menge des in den Galaxien verfügbaren molekularen Gases und die Geschwindigkeit, mit der vorhandenes interstellares Gas in Sterne umgewandelt wird. Eine genaue Bestimmung dieser Hauptfaktoren, das Ziel zahlreicher Beobachtungen, ist daher von enormer Bedeutung. Allerdings stellt die Analyse dieser Beobachtungen einige Herausforderungen und gegenwärtige Studien weisen widersprüchliche Ergebnisse auf. Das liegt auch daran, dass sich Gasmassen in vielen Galaxien angesichts der derzeitigen Nachweisgrenzen nicht zuverlässig messen lassen.

Verbrauch in Milliarden Jahren

In der nun im Fachmagazin "Communications Physics" veröffentlichten Studie des Instituts für Computergestützte Wissenschaften der Universität Zürich wurde ein neuer Ansatz gewählt: Die statistische Methode, die auf der Bayes'schen Modellierung basiert, kann Galaxien mit nicht erfassten Mengen an molekularem oder atomarem Wasserstoff korrekt und ohne Verzerrung der Daten in die Analyse einbeziehen. Das Ergebnis zeigt, dass innerhalb von einer Milliarde Jahren das molekulare Gas und innerhalb von zehn Milliarden Jahren das atomare Gas in typischen Galaxien für die Sternentstehung aufgebraucht wird. Bei Starburstgalaxien werden dagegen viel kürzere Zeitskalen festgestellt.

"Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Entstehung von Sternen tatsächlich direkt von der insgesamt vorhandenen Gasmasse abhängt. Sterngeburten werden also von der Menge an Gas bestimmt, welche aus verschiedenen kosmischen Entfernungen in die Galaxie eintritt oder sie verlässt", sagt Feldmann. Die um ein Vielfaches höhere Aktivität in Starbursts dagegen scheint einen anderen physikalischen Ursprung wie etwa intergalaktische Wechselwirkungen oder Instabilitäten in galaktischen Scheiben, zu haben.

Verfeinerter Blick in die Ferne

Die vorliegende Analyse basiert auf Beobachtungsdaten von nahen Galaxien. Der Gasgehalt in weit entfernten Galaxien quer durch die kosmische Geschichte könnte mit dem Atacama-Large-Millimeter/Submillimeter-Array, dem Square-Kilometer-Array und anderen Observatorien untersucht werden. Daher ist es entscheidend, verfeinerte statistische und datenwissenschaftliche Methoden zu entwickeln, um die physikalischen Prozesse in entfernten Galaxien exakt abbilden zu können. "Nur so werden die Geheimnisse der Entstehung von Sternen vollständig aufgedeckt", meint Feldmann. (red, 3.1.2021)