Deutsche Verfassungsrichter im November 2019 in Vor-Corona-Zeiten.

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Das deutsche Bundesverfassungsgericht will nicht ausschließen, dass die Blockade einer Rundfunkgebührenerhöhung gegen die vom Grundgesetz geschützte Rundfunkfreiheit verstößt. Aber eine einstweilige Anordnung dagegen, wie sie ARD, ZDF und Deutschlandfunk beantragt haben, lehnte das deutsche Höchstgericht am Dienstag ab.

Nun werden die deutschen Höchstrichter im Hauptverfahren klären müssen, ob die Blockade der Gebührenerhöhung gegen das Grundgesetz verstößt. In Sachsen-Anhalt blockierten CDU und AfD die Erhöhung des Rundfunkbeitrags. In Deutschland müssen seit 2013 alle Haushalte unabhängig von der Nutzung eine Abgabe für öffentlich-rechtliche Angebote entrichten.

Expertenkommission prüft Finanzbedarf der Anstalten

Rundfunk ist in Deutschland Ländersache, und so müssen die Landtage auch Gebührenerhöhungen abnicken. Mit dem Nein aus Sachsen-Anhalt ist die Erhöhung um 86 Cent pro Monat auf 18,36 Euro vorerst deutschlandweit blockiert. Es wäre die erste Erhöhung seit 2009, da die Umstellung auf eine Haushaltsabgabe deutlich höhere Einnahmen brachte.

2021 in Österreich nächster GIS-Gebührenantrag

In Deutschland prüft eine Expertenkommission den von den Anstalten gemeldeten Finanzbedarf, in Österreich prüft die Medienbehörde KommAustria Gebührenanträge des ORF, die zunächst dessen Stiftungsrat mehrheitlich beschließt. 2021 ist im Herbst mit dem nächsten Gebührenantrag zu rechnen, alle fünf Jahre muss der ORF seinen Bedarf neu berechnen. Am 1. April 2017 wurde die GIS-Gebühr zuletzt um 6,5 Prozent erhöht.

In Österreich werden derzeit wegen unterschiedlicher Landesabgaben auf die ORF-Programmentgelte zwischen 20,93 und 26,73 Euro pro Monat von der ORF-Gebührentochter GIS eingehoben. Oberösterreich und Vorarlberg verzichten auf solche Abgaben. An den ORF gehen derzeit 17,21 Euro plus 1,72 Euro Umsatzsteuer (diese Steuer wird mit einer Sammelklage bekämpft).

"Verletzung der Rundfunkfreiheit zumindest möglich"

Das deutsche Höchstgericht konstatierte am Dienstag: "Angesichts der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erscheint eine Verletzung der durch Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz geschützten Rundfunkfreiheit zumindest möglich."

Die Rundfunkanstalten hätten jedoch nicht ausreichend begründet "dargelegt, dass ihnen durch ein Abwarten bis zum Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens schwere Nachteile (...) entstehen". Sie legten "nicht näher dar, dass eine verfassungswidrige Verzögerung des Inkrafttretens der Änderung des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags irreversibel zu schweren Nachteilen führte".

Das Höchstgericht am Dienstag: "Sofern die Beschwerdeführer also geltend machen wollen, eine verfassungswidrige Verzögerung des Inkrafttretens der Änderung des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags löse eine Verschlechterung des Programmangebots aus und verletzte irreparabel ihre Rundfunkfreiheit, hätten sie substantiiert darlegen müssen, bei Nichtinkrafttreten ab dem 1. Januar 2021 mangels Beitragserhöhung zu dem von der KEF geprüften Programmangebot nicht in der Lage zu sein" – auch wenn sie später von den Verfassungsrichtern im Hauptverfahren recht bekommen. Dann könnten sie ja auf "eine kompensierende Mehrausstattung in späteren Zeiträumen" hoffen. Und "eine gewisse Zeit" würden sie wohl durchkommen. (fid, 23.12.2020)