Szene aus dem Ibiza-Video aus 2017 mit Johann Gudenus und dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

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Berlin – Das Berliner Kammergericht als zweite Instanz hat der "Zeit" gegen Ibiza-Detektiv J. H. in zwei für die Hamburger Wochenzeitung entscheidenden Punkten recht gegeben. Sie darf im Zusammenhang mit der Berichterstattung über H. und das Ibiza-Video über dessen kriminelle Vergangenheit berichten.

Das Berliner Landgericht erließ auf Antrag von J. H. im Sommer 2019 eine einstweilige Verfügung, die der "Zeit" insgesamt vier Punkte in einer "Spurensuche" über die Hintermänner des Ibiza-Videos untersagte. Nur in einem Punkt bekam "Die Zeit" recht: Sie durfte weiterhin berichten, dass gegen J. H. (mit ausgeschriebenem Vornamen) in Sachen Ibiza ermittelt wird.

Kriminelle Vergangenheit

Nun folgte das Kammergericht Berlin in zwei Punkten der Berufung: "Die Zeit" kann weiterhin über eine Verurteilung in einer Causa berichten, die auch beim Ibiza-Video eine Rolle spielte (wie auch bei der nunmehrigen Verhaftung).

Ebenso darf "Die Zeit" in dem Zusammenhang doch über ein damals überraschend eingestelltes Ermittlungsverfahren berichten. Sie habe dabei nicht suggeriert, dass die Vorwürfe wahr und das Verfahren zu Unrecht eingestellt worden sei, sondern die Beurteilung der "merkwürdigen Vorgänge" offen gelassen, befindet das Kammergericht.

Überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit

Das Kammergericht betont in seiner dem STANDARD vorliegenden Entscheidung das erhebliche Interesse der Öffentlichkeit an Hintergrundinformationen über die Protagonisten. Es überwiege das Interesse des Antragstellers, nicht erneut öffentlich mit einer früheren Verurteilung oder einem abgeschlossenen Ermittlungsverfahren konfrontiert zu werden.

Für Holger Stark, Investigativchef der ‚Zeit‘, wäre das Verbot, über eine kriminelle Vergangenheit zu berichten, ein Präjudiz gewesen. Damit hätte man in den allermeisten Berichten über die Hintermänner von Polit-Affären nicht mehr über frühere Verurteilungen etwa wegen eines Waffenbesitzes oder einer Drogenverurteilung berichten können, sagt er*. (fid, 23.12.2020)