Der Solar Orbiter hat noch einen weiten und abwechslungsreichen Weg vor sich. Doch schon jetzt hat er jede Menge Bilder von der Sonne aufgenommen (siehe unten).
Illustration: AFP/ESA

Einmal mehr fungiert die Venus für eine Raumsonde als Zwischenstation zu ferneren Zielen: Mitte Oktober hatte die europäisch-japanische Merkursonde Bepicolombo ein Swing-by-Manöver an unserem inneren Nachbarplaneten absolviert. Und nun tut es ihr der Solar Orbiter der Europäischen Weltraumorganisation gleich. Es dient eigentlich dazu, auf die gewünschte Bahn zu kommen, hat aber einen auch einen Zusatznutzen: "Dadurch erwarten wir weitere Ergebnisse aus diesen noch unerforschten Gebieten im Magnetschweif des Planeten", erklärt Martin Volwerk vom Institut für Weltraumforschung in Graz (IWF).

Gestartet am 10. Februar dieses Jahres, hat der Solar Orbiter im Juni seine erste Fotoserie der Sonne geschossen – aus einer Entfernung von 77 Millionen Kilometern und damit so nah wie noch nie. Doch soll er das künftig noch weit übertreffen: Im Laufe der ambitionierten Mission wird sich die Sonde der Sonne auf 42 Millionen Kilometer annähern. Auf ihrem rund dreieinhalbjährigen Weg in eine immer engere Bahn um die Sonne muss sie aber mehrmals an Erde und Venus Schwung holen, um ihre endgültige Umlaufbahn zu erreichen. Von der aus wird sie erstmals auch einen Blick auf die Pole der Sonne ermöglichen.

Foto: Solar Orbiter/EUI/ESA/NASA / AFP

Interessantes Etappenzielobjekt

Am 27. Jänner findet der erste von acht Venus-Vorbeiflügen statt. Zu diesem Zeitpunkt wird die Sonde nach Angaben der ESA rund 7.500 Kilometer von den höchsten Venuswolken entfernt sein. Laut dem IWF, das an zwei Messgeräten der Mission beteiligt ist, werden dann das Radiowelleninstrument RPW und das Magnetometer MAG eingeschaltet sein, um die Magnetfelder und Plasmaparameter in Venusnähe aufzuzeichnen.

Das IWF entwickelte den Bordcomputer für das RPW und kalibrierte dessen Antennen. Auch MAG, das hochpräzise Vor-Ort-Messungen des Magnetfeldes machen und untersuchen soll, wie sich das Magnetfeld der Sonne in den interplanetaren Raum ausbreitet und im Laufe des Sonnenzyklus verändert, wurde am IWF kalibriert.

Foto: EPA/SOLAR ORBITER/EUI TEAM/ ESA & NASA CSL, IAS, MPS, PMOD/WRC, ROB, UCL/MSSL

Die Blitzaktivität der Venus ist ein Punkt, der durch den Vorbeiflug möglicherweise geklärt werden kann: Blitze erzeugen sogenannte Whistler-Wellen. Ein Whistler ist ein niederfrequentes elektromagnetisches Signal, bei dem hohe Töne langsam abfallen und niedriger werden. Mit einem Empfänger, zum Beispiel einem Transistorradio, können sie direkt in akustische Signale umgewandelt werden. "Mit RPW können wir diese Wellen messen und so einen weiteren Hinweis darauf bekommen, ob es Blitze in der Venusatmosphäre gibt", erklärte IWF-Gruppenleiter Manfred Steller, der für den RPW-Bordcomputer verantwortlich zeichnet.

Hintergrund

Die Daten, die der Solar Orbiter dann von seinem eigentlichen Zielobjekt sammeln wird, sollen helfen, Sonneneruptionen, das davon bestimmte Weltraumwetter und dessen Auswirkungen auf die Erde besser zu verstehen – und so letztlich unseren Planeten respektive unsere Technologie davor zu schützen.

Foto: Solar Orbiter/EUI/ESA/NASA / AFP

Die Mission, zu der auch die NASA beiträgt, ist mit insgesamt zehn wissenschaftlichen Instrumenten ausgerüstet. Neben dem IWF sind auch noch andere österreichische Institutionen an der Mission beteiligt: Die Universität Graz zeichnet für die wissenschaftliche Softwareentwicklung des Röntgenteleskop STIX an Bord des Solar Orbiter verantwortlich, für die Thermalisolation des Satelliten war die Wiener Weltraumfirma RUAG Space zuständig. (red, APA, 23.12.2020)