Erstmals seit 2014 fällt die Sektsteuer heuer aus, seit Juli ist sie auf null gesetzt. Corona, was sonst? Große Lust, die Korken knallen zu lassen, herrscht in der Branche trotzdem nicht. In normalen Jahren bringt das letzte Quartal mehr als 40 Prozent des Jahresumsatzes. Heuer ist das angesichts geschlossener Gastronomiebetriebe und abgesagter Großveranstaltungen anders.

"Sekt ist immer noch ein sehr anlassbezogenes Getränk. Ohne Grund zu feiern wird auch weniger Sekt getrunken", sagt Johannes Kattus. Er ist in fünfter Generation für das älteste familiengeführte Sekthaus Österreichs tätig. Den Status als launemachender Aperitif hätte der heimische Sekt gegen den italienischen Prosecco verloren. Von der Sektsteuer, die auf Schaumwein aus dem Ausland nicht anfällt und es den österreichischen Produzenten schwerer macht, im Preisgefüge mitzuhalten, mal ganz abgesehen.

Im letzten Quartal macht die heimische Sektindustrie 40 Prozent des Jahresumsatzes. Das ist heuer anders
Foto: Bernhard Schramm/Österreich Wein

Auf Preis- und Mengenkämpfe will man sich in Österreich ohnehin nicht einlassen. Hier will man lieber die Qualität hervorkehren. Bei Kattus produziere man beispielsweise weit hochwertiger als in so manchem ausländischen Betrieb, sagt Johannes Kattus. Und das bei einer Menge von 1,5 Millionen Flaschen pro Jahr, die Versektung für Winzer mitgerechnet. Natürlich sei ein Grund, österreichischen Sekt zu trinken, auf Heimisches zurückzugreifen, aber das eigentliche Argument bleibe die Qualität. Diese sei nicht immer auf dem Stand gewesen, wie sie heute ist, räumt Winzer Hannes Harkamp ein. Er war vor 15 Jahren unter den ersten Winzern, die sich auf Sekt konzentrierten und ihn zu verstehen versuchten. Denn guter Sekt hat nichts mit einem lieblos versekteten Überbleibsel an Wein zu tun. Von dort kommt die üble Nachrede erst, die heimischem Sekt zum Teil immer noch anhaftet. Harkamp: "Österreich muss Sekt erst lernen, Winzer wie Konsumenten."

Sektanfänger Österreich

Ein Weingarten, der Trauben für Sekte geben soll, gehört anders bewirtschaftet als ein Stillwein-Garten. Trauben für Sektgrundweine werden früher gelesen. Im Grundwein sind Säure und vor allem Potenzial wichtig. Im Gegensatz zum Stillwein geht der Sektgrundwein mit einer weiteren Zugabe an Hefe in die zweite Gärung. Danach wird er gelagert und kommt erst Monate später auf den Markt. Wer guten Sekt keltern möchte, muss also schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der Herstellung fähig sein zu erkennen, wie sich der Wein als Sekt entwickeln wird. Das bedarf Übung und Erfahrung.

Im Weingut Harkamp lagern die Sekte mindestens drei Jahre lang im Keller, ganz nach dem Vorbild der Champagne. Dort bekommt die Hefe in den Flaschen mindestens drei Jahre Zeit, sich selbst zu zersetzen. Manche nennen diesen Vorgang Autolyse. Sie ist zu großen Teilen für die brotigen, hefigen Noten verantwortlich, für die Champagner geschätzt wird.

Sprudelige Selbstfindung

In der Sekthochburg Österreichs, dem niederösterreichischen Langenlois, war es zumindest im Weingut Bründlmayer die Liebe zum Champagner beziehungsweise die Liebe an sich, die 1989 den Anstoß zum Produzieren außergewöhnlicher Sekte geben sollte. Denn Edwige Bründlmayer, Frau von Winzer Willi Bründlmayer und gebürtige Französin, vermisste Champagner. Das kann man als Winzer natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Und neben Karl Steininger, dem zweiten Pionier der Sekttradition in Langenlois, konzentrierte sich Bründlmayer fortan auf die Sektproduktion.

Andreas Wickhoff steht dem Weingut Bründlmayer mit einer Produktion von 80.000 bis 100.000 Flaschen Sekt im Jahr als Geschäftsführer vor. "Unser vorrangiges Ziel ist es, Finesse, Eleganz und delikate Nuancen in unsere Sekte hineinzuversetzen. Die Sekte dürfen nicht laut und schreiend wirken. Die Perlage muss harmonisch sein und nicht aggressiv," sagt Wickhoff. Damit das gelingt, sind Handlese, geringe Schütthöhe und schonende Verarbeitung unbedingt notwendig. Burgunderrebsorten, also Rebsorten wie Pinot Noir oder Chardonnay, wie sie auch im Champagner zu finden sind, sind im Hause Bründlmayer besonders wichtig. Der Brut Rosé aber besteht beispielsweise auch aus St. Laurent und Zweigelt, zwei heimischen Traubensorten.

2014 wurde die Sektpyramide ins Leben gerufen.
Foto: Österreich Wein

In der hochwertigen Versektung heimischer Rebsorten sieht auch Hannes Harkamp einen der schönsten Gründe, österreichischen Sekt zu trinken. Jetzt habe man als Winzer das Sektmachen gelernt, bediene sich international bewährter Techniken, aber Sekte aus heimischen Rebsorten wie Welschriesling oder Zweigelt, die gibt es eben nur hier. Und auch in den Sekten aus internationalen Rebsorten steckt immer auch österreichisches Terroir mit drin, bei merklich gestiegener Qualität. Damit sich der Konsument bei all diesen Rebsorten und Techniken besser orientieren kann, wurde 2014 die Sektpyramide ins Leben gerufen. Mit dieser werden Sekte nach den Qualitätsstufen Klassik, Reserve und Große Reserve klassifiziert. Für jede Kategorie sind Herkunft, Lagerzeit und Produktion definiert. Je enger die Herkunft gefasst ist und je länger die Lagerung im Keller, umso hochwertiger ist in der Regel der Sekt.

"Natürlich ist es eine Herausforderung, Winzer und große Produzenten unter einen Hut zu bringen. Aber das ist in der Champagne auch nicht anders", sagt Wickhoff. Und an dieser Vereinigung beziehungsweise an der Stärkung der Herkunft und einer nachvollziehbaren Stilistik orientiert man sich in Österreich offensichtlich. Der Blick der Produzenten ist nach vorne gerichtet: auf ein 2021 mit vielen guten Gründen zum Anstoßen beziehungsweise auf ein Jahr mit offenen Restaurants, in denen der heimische Sekt auch seine Fähigkeit als Speisenbegleiter unter Beweis stellen kann. Denn wer den Sekt stehen lässt, sobald er sich zu Tisch setzt, dem entgeht so manch prickelnde Sekt-Speisen-Kombination. (Nina Wessely, 28.12.2020)