Zu viel bezahlte Lohnsteuer kann via Arbeitnehmerveranlagung zurückgeholt werden.

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Alle Jahre wieder geht es nach dem Weihnachtsessen und dem Bleigießen zu Silvester in großen Schritten Richtung Arbeitnehmerveranlagung. Wann diese automatisch erstellt wird, was jeder noch tun kann und was es dabei zu berücksichtigen gibt.

Frage: Wann ist eine Arbeitnehmerveranlagung verpflichtend?

Antwort: Eine Pflichtveranlagung ist durchzuführen, wenn das zu versteuernde Jahreseinkommen mehr als 12.000 Euro beträgt und man andere Einkünfte von mehr als 730 Euro erzielt hat oder im Kalenderjahr zumindest zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte gleichzeitig bezogen hat.

Frage: Kann die Veranlagung auch freiwillig durchgeführt werden?

Antwort: Ja. "Sind die Voraussetzung für eine Pflichtveranlagung nicht erfüllt, kann dennoch jederzeit – binnen fünf Jahren – eine Veranlagung beantragt werden", sagt Thomas Neumann, Steuerexperte von BDO. Am 31. 12. 2020 endet also die Frist für den Antrag auf die Arbeitnehmerveranlagung 2015.

Frage: Wie kann die Arbeitnehmerveranlagung eingebracht werden?

Antwort: Die Arbeitnehmerveranlagung (Formular L 1 samt etwaigen Beilagen) kann beim zuständigen Finanzamt persönlich übergeben, an dieses per Post gesendet oder elektronisch über Finanz Online übermittelt werden.

Frage: Welche Ausgaben können geltend gemacht werden?

Antwort: "Im Zuge der Veranlagung können Werbungskosten, Sonderausgaben sowie außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend gemacht werden", erklärt Neumann. Dadurch wird die Bemessungsgrundlage herabgesetzt, von der die tatsächliche Höhe der Steuer errechnet wird. "Zudem können diverse Absetzbeträge – wie z. B. Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag, erhöhter Pensionistenabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag oder Familienbonus Plus – geltend gemacht werden", sagt der BDO-Steuerexperte. Absetzbeträge werden von der Steuer abgezogen und wirken sich voll aus.

Frage: Was sind Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen?

Antwort: "Werbungskosten sind bestimmte Kosten, die in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen oder durch diese verursacht werden", erklärt Neumann. Sonderausgaben sind hingegen Ausgaben, die dem privaten Bereich zugeschrieben werden. Bestimmte Aufwendungen und Ausgaben sind als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn sie außergewöhnlich sind, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Thomas Neumann, Steuerexperte von BDO: "Damit Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen noch heuer von der Steuer abgesetzt werden können, müssen sie bis zum 31. 12. 2020 bezahlt werden."
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Frage: Was wäre ein Beispiel dafür?

Antwort: Zu den Werbungskosten gehören insbesondere Kosten für Fortbildung, Ausbildung und Umschulungen (samt allen damit verbundenen Nebenkosten wie Reisekosten und Verpflegung), Telefonspesen, Kosten für Fachliteratur, beruflich veranlasste Mitgliedsbeiträge etc. "Aufwendungen für Arbeitsmittel können ebenfalls als Werbungskosten abgesetzt werden", erklärt Neumann. Doch hier gilt die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter in der Höhe von 800 Euro. Auch heuer geleistete Vorauszahlungen für derartige Kosten können heuer abgesetzt werden.

Zu den Sonderausgaben zählen etwa Kirchenbeiträge (bis zu 400 Euro jährlich), bestimmte Spenden sowie Beiträge für freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung oder für den Nachkauf von Versicherungszeiten. "Derartige Sonderausgaben werden dem Finanzamt von der empfangenden Organisation direkt elektronisch übermittelt", sagt Neumann. Man braucht keine Angaben mehr in der Arbeitnehmerveranlagung machen.

Frage: Gibt es hier Punkte, bei denen man besonders achtgeben muss?

Antwort: Ja. Unbeschränkt absetzbare Sonderausgaben sind weiterhin bestimmte Renten und Steuerberatungskosten. "Sogenannte Topf-Sonderausgaben – also Beiträge für freiwillige Kranken-, Unfall- und Lebensversicherungen sowie Kosten für Wohnraumschaffung oder -sanierung – können jedoch mit der Veranlagung für 2020 letztmalig abgesetzt werden", sagt Neumann. Grundlage dafür ist, dass der zugrunde liegende Vertrag vor dem 1. Jänner 2016 abgeschlossen bzw. die Bauausführung oder Sanierung vor 1. Jänner 2016 begonnen wurde.

Zu außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt zählen Krankheitskosten – etwa Ausgaben für Arzt, Medikamente, Spital, Heilbehelfe. "Steuerwirksam werden solche Ausgaben aber erst, wenn sie insgesamt einen vom Einkommen und Familienstand abhängigen Selbstbehalt, der maximal zwölf Prozent des Einkommens beträgt, übersteigen", erklärt Neumann. Bestimmte außergewöhnliche Belastungen sind hingegen ohne Kürzung um einen Selbstbehalt absetzbar – dazu gehören z. B. Kosten aufgrund von Behinderungen, Katastrophenschäden oder Kosten der auswärtigen Berufsausbildung der Kinder.

"Damit Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen noch heuer von der Steuer abgesetzt werden können, müssen sie bis zum 31. 12. 2020 bezahlt werden", weist Neumann hin.

Frage: Wann ist eine Antragsveranlagung noch sinnvoll?

Antwort: Hat man schwankende Bezüge oder Verdienstunterbrechungen während des Jahres (z. B. Ferialpraxis, unterjähriger Wiedereinstieg nach der Karenz), wurde auf das ganze Jahr bezogen zu viel Lohnsteuer abgezogen. Selbst wenn man keine Lohnsteuer bezahlt hat, erhält man unter gewissen Voraussetzungen eine Steuergutschrift.

Frage: Kann die Veranlagung auch wieder zurückgezogen werden?

Antwort: Ja. Sollte wider Erwarten statt einer erhofften Gutschrift eine Nachzahlung herauskommen, kann der Antrag binnen eines Monats wieder zurückgezogen werden.

Frage: Wann erfolgt die Arbeitnehmerveranlagung automatisch?

Antwort: Hat man bis zum 30. Juni noch keine Veranlagung für das Vorjahr eingereicht, aber ausschließlich lohnsteuerpflichtige Einkünfte erzielt, nimmt das Finanzamt eine sogenannte antragslose Arbeitnehmerveranlagung vor, sofern aufgrund der vorhandenen Daten (Lohnzetteln) anzunehmen ist, dass sich aus der Veranlagung eine Steuergutschrift ergibt und sich diese nicht noch nachträglich (durch Geltendmachung von Kosten und Absatzbeträgen) verändern wird. Sollte zwei Jahre nach dem Veranlagungszeitraum noch keine Steuerveranlagung erfolgt sein, wird im Falle einer Steuergutschrift jedenfalls eine antragslose Veranlagung durchgeführt, die zu viel einbehaltene Lohnsteuer refundiert. (Bettina Pfluger, 30.12.2020)