1.250 Seiten Brexit-Handelsabkommen hält EU-Chefverhandler Michel Barnier hier in der Hand.

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London – Sowohl Großbritannien als auch die Europäische Union haben am Samstagvormittag den Text ihres Brexit-Handelsabkommens veröffentlicht. Das Abkommen hat einen Umfang von rund 1.250 Seiten, hinzu kommen noch Vereinbarungen über Atomkraft, zivile Kernenergie, einige vertrauliche Informationen und eine Reihe von gemeinsamen Erklärungen. In fünf Tagen endet die Brexit-Übergangsphase und Großbritannien verlässt damit endgültig die Strukturen der EU.

Großbritannien hat eigentlich die EU schon Ende Jänner verlassen und ist nur noch in einer Übergangszeit bis 31. Dezember Mitglied im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Zu Weihnachten gelang schließlich nach monatelangen Verhandlungen die Einigung auf einen Handelspakt, der die Beziehungen beider Seiten von Jänner 2021 an neu regeln soll. Das britische Parlament soll am 30. Dezember über den Deal abstimmen. Das Abkommen soll am 30. Dezember unterzeichnet und tags darauf im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden.

"Besondere Beziehung"

Das Abkommen sieht einen Handel ohne Zölle oder Quoten vor. Im Vertrag wird ausdrücklich anerkannt, dass Handel und Investitionen faire Wettbewerbsbedingungen erfordern. In Bezug auf Finanzdienstleistungen verpflichten sich beide Seiten lediglich, "ein günstiges Klima für die Entwicklung von Handel und Investitionen" zu schaffen. Der Text enthält zudem viele detaillierte Anhänge, unter anderem zu den Themen Fisch, Weinhandel, Medikamente, Chemikalien und Zusammenarbeit bei Sicherheitsdaten.

Der in letzter Minute ausgehandelte Brexit-Handelspakt ermöglicht dem britischen Staatsminister Michael Gove zufolge eine "besondere Beziehung" Großbritanniens mit der EU. So bezeichnet das Land traditionell seine enge Beziehung mit den USA. Der Handelsvertrag ermögliche es nun, den schwierigen und "manchmal hässlichen" Brexit-Prozess hinter sich zu lassen und in eine neue, hoffnungsvollere Ära aufzubrechen, schrieb Gove in einem Gastbeitrag in der "Times" (Samstag).

Fischereiverbände äußern Kritik

Britische Fischereiverbände haben indes die im Brexit-Handelsabkommen ausgehandelte Übergangsphase, in der EU-Fischer zunächst nur ein Viertel ihrer bisherigen Fangquoten in britischen Gewässern aufgeben müssen, als Niederlage kritisiert. Ein hochrangiger Vertreter des britischen Verhandlungsteams sagte, man habe bei der Fischerei Kompromisse eingehen müssen.

Allerdings hätten dies beide Seiten getan und die Hauptsache sei, dass Großbritannien am Ende der fünfeinhalbjährigen Übergangsphase zu "voller Kontrolle über unsere Gewässer" zurückkehre, so der Verhandler. Sollte London den Zugang später weiter beschneiden, könnte Brüssel dies allerdings mit Zöllen beantworten. (APA, red, 26.12.2020)