In der Ramsau starteten die Skispringerinnen in ihre Weltcup-Saison 2020/21.

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Während die Männer ab Montag in die 69. Auflage der Vierschanzentournee starten, müssen die Frauen ausgerechnet in der populärsten Skisprungzeit rund um den Jahreswechsel pausieren. Obwohl es positive Signale bezüglich einer Integration der Frauen in die Traditionsveranstaltung gibt, wurde es bisher wenig konkret. So manche Topspringerin zieht nun verbal die Zügel an.

Das Projekt im Sinne der Gleichberechtigung ist zuletzt ausgebremst worden. "Aufgrund der Corona-Situation wird sich eine Frauen-Tournee um das eine oder andere Jahr nach hinten verschieben. So wie es jetzt ausschaut, wird es auch für das kommende Jahr sehr schwierig werden", sagte Tourneepräsident Johann Pichler.

Niveau nicht hoch?

Pichler, der auch Präsident des Skiclub Bischofshofen ist, führte finanzielle Argumente an. Denn der Idee, die vier Wettbewerbe in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen in naher Zukunft auch für die Frauen zu öffnen, stünden die Verantwortlichen des ÖSV und DSV unverändert positiv gegenüber.

Dem widerspricht allerdings Skisprung-Renndirektor Sandro Pertile vom Weltverband FIS. Er sagte dem Deutschlandfunk, dass die Skiverbände aus Deutschland und Österreich noch keine schriftliche Bewerbung zu Frauen-Wettbewerben abgegeben hätten.

Grundsätzlich sei Pertile offen für eine Vierschanzentournee für Frauen. Allerdings gebe es laut ihm im Moment noch zu wenig Frauen auf höchstem Niveau: "Wir können kein Top-Event für ein paar Athletinnen organisieren." Deshalb sei es jetzt die "Aufgabe, das Frauen-Skispringen immer weiterzuentwickeln. Vom sportlichen Gesichtspunkt her und auch von der Qualität des Produktes her", sagte Pertile.

Niveau "dermaßen hoch"

"Früher oder später wird das ganz sicher kommen, weil das Niveau auch dermaßen hoch ist und die Mädels es verdient hätten, ihr Können vor einer dementsprechenden Kulisse zu zeigen", sagte wiederum Pichler.

Vor allem die mögliche Ansetzung – etwa den Frauenbewerb am Qualifikationstag der Männer durchzuführen – spaltetet die Geister. "Hier ist man sich nicht einig. Man muss aufpassen, dass das Premiumprodukt Vierschanzentournee seinen Stellenwert behält und für die Damen ist es sicher auch nicht gut, wenn sie das fünfte Rad am Wagen sind und wir sie als 'Vorspringerinnen' der Männer runterlassen", sagte Pichler.

Keine Argumente

Die Springerinnen scheinen hier weniger wählerisch. Die Österreicherin Chiara Hölzl etwa bezeichnete einen möglichen Frauenbewerb am Qualifikationstag der Männer bereits im Vorjahr als "richtig großen Schritt nach vorne". Die deutsche Topspringerin Katharina Althaus versuchte sich zuletzt als Tempomacherin in der Debatte: "Mir hat niemand ein stichhaltiges Argument genannt, warum der Frauenwettbewerb nicht parallel oder einen Tag versetzt zu dem der Männer stattfinden kann", sagte Althaus gegenüber dem "Focus".

Katharina Althaus wurde in Seefeld 2019 Doppel-Weltmeisterin. Bei den Olympischen Spielen 2018 gewann sie Silber.
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Auch dass Frauen-Bewerbe auf Skiflug-Schanzen bisher keinen Anklang bei der FIS gefunden haben, stört Althaus massiv. "Die FIS hat offenbar Angst davor, dass die Frauen zu stark werden", behauptete die 24-Jährige: "Auf den Monsterbakken wäre nämlich deutlich geworden, dass die Besten den ganz großen Schanzen absolut gewachsen sind. Vielleicht würde sich dort zeigen, dass Frauen gegenüber Männern sogar Vorteile haben und weiter fliegen." Derzeit dürfen sie ihr Können gar nicht zeigen. Erst ab 22. Jänner werden in Ljubno (Slowenien) die nächsten Weltcupbewerbe ausgetragen. (APA, sid, red, 27.12.2020)