Das "Ministerium für Staatssicherheit" war zugleich Nachrichtendienst und Geheimpolizei der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Es baute ein gigantisches Überwachungssystem auf, um die Bürger der DDR zu bespitzeln.

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Auch in diesem Jahr haben Tausende Menschen in Deutschland Einsicht in Akten der Stasi beantragt. 2020 wurden insgesamt 35.356 Anträge auf Einsicht in personenbezogene Unterlagen gestellt (Stand 30. November), sagte der scheidende Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, der Deutschen Presse-Agentur. Seit 1992 gingen bei der Behörde insgesamt knapp 3,4 Millionen solcher Anträge ein.

Die Zahl der Anträge nehme drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall naturgemäß zwar ab, sagte Jahn. Im gesamten Jahr 2019 wurde noch 56.526 Mal Einsicht in persönliche Akten beantragt. Kontinuierlich steige die Zahl derer, die mehr über das Leben verstorbener Angehöriger wissen wollen – darauf beziehe sich bereits fast jeder fünfte Erstantrag, so der frühere DDR-Oppositionelle. Unter den Antragstellern seien auch Angehörige früherer Stasi-Mitarbeiter. Sie suchten in den Papieren nach Antworten, warum etwa die Eltern beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) waren. "Das ist eine neue Qualität. Es ist wichtig für die innere Einheit, dass die Aufarbeitung stattfindet in den Familien und zwischen den Generationen."

Eingliederung ins Bundesarchiv

Nach dem Mauerfall war ein Großteil der Stasi-Akten von mutigen Bürgerrechtlern vor der Vernichtung gerettet worden. Die Sicherung der Akten des Inlandsgeheimdienstes sowie die Einrichtung der Stasi-Unterlagen-Behörde gelten als Errungenschaften der friedlichen Revolution. 2021 wird das Stasi-Unterlagen-Archiv gemäß einem Beschluss des Deutschen Bundestag Teil des Bundesarchivs. Die Unterlagen-Behörde wird aufgelöst.

1.300 Mitarbeiter werden übernommen, sagte Jahn, dessen Amtszeit im Juni des nächsten Jahres endet. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz gelte weiter. "Die Akten bleiben offen, Auskünfte werden weiter erteilt." Ein neuer Vizepräsident oder eine neue Vizepräsidentin im Bundesarchiv werde künftig das Stasi-Unterlagen-Archiv leiten.

111 Laufkilometer

Die Überführung der Akten, die aber an den jeweiligen Standorten in Ostdeutschland bleiben, sei ein Gewinn, betonte Jahn. "Damit wird langfristig und dauerhaft ein Teil des nationalen Gedächtnisses gesichert. Und es ist ein Signal, dass die Aufarbeitung der Diktatur und der Teilungsgeschichte eine gesamtdeutsche Aufgabe ist."

Zur Stasi-Hinterlassenschaft gehören mehr als 111 Kilometer Schriftgut und Tausende Fotos. In mehr als 15.000 Säcken lagern zerrissene und noch nicht erschlossene Papiere. (APA, red, 27.12.2020)