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Nur acht Länder in Europa sind gemessen am realen BIP pro Kopf reicher, darunter die Spitzenreiter Luxemburg, Schweiz und Norwegen. Der Wohlstand Österreichs ist aber anders verteilt als andernorts.

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Piep, Piep, Piiiiiep. Radargeräte kennt man aus Filmen, der Luftfahrt und von Schiffen. Sie helfen nicht nur dabei, Dinge zu orten, sie zeichnen auch auf, wie sich etwa Flugzeuge oder Schiffe bewegen. Für die Navigation auf hoher See oder über den Wolken sind sie unerlässlich.

Aber nicht nur. Auch der Wirtschaftspolitik kann ein Radar dienlich sein. Einen solchen hat am Sonntag erstmals das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) vorgestellt. Unter dem Titel Wifo-Wettbewerbsradar haben sich die Experten des Instituts angeschaut, wie es um Österreichs Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Vergleich bestellt ist. Und wie sich Österreichs Wettbewerbsfähigkeit zuletzt entwickelt hat. Dabei zeigt sich: Österreich liegt zwar in der besseren Hälfte aller ausgewerteten Länder. Zur Spitze gehört es aber nicht.

"Wettbewerbsfähigkeit" definiert das Wifo dabei nicht nur als die Fähigkeit des Wirtschaftssystems, nachhaltig hohe reale Einkommen zu schaffen. Die Experten beziehen auch soziale und ökologische Umstände ein. Entsprechend erschöpft sich der Wettbewerbsradar nicht in herkömmlichen Größen wie dem Pro-Kopf-Einkommen, sondern bezieht auch Faktoren wie Armut und Umweltbelastung ein.

Soziale Lebensverhältnisse

Verbesserungspotenzial sehen die Wifo-Experten jedenfalls in der heimischen Beschäftigungspolitik. Von den 31. Ländern, die ausgewertet wurden, liegt Österreich bei der Beschäftigungsquote – in Vollzeitäquivalenten – nur an der 22. Stelle. Grund sei die hohe Teilzeitquote, die mit 27,2 Prozent weit über dem EU-Durchschnitt von 18,3 Prozent liegt. Österreich hat hier in den letzten zehn Jahren Platz für Platz eingebüßt, damals lag die Beschäftigungsquote im Europavergleich noch an elfter Stelle. Österreich fiel zurück, obwohl die Beschäftigung im beobachteten Zeitraum sogar leicht gestiegen ist. Andernorts stieg sie aber sehr viel stärker, etwa die baltischen Länder haben Österreich längst überholt.

Plätze verloren hat Österreich auch in Sachen CO2-Ausstoß gemessen an der Wirtschaftsleistung. Zwar sind die Treibhausgasemissionen im Verhältnis zum BIP nicht gestiegen. Andere Länder waren aber deutlich erfolgreicher bei der Dekarbonisierung. Ein Faktum, das sich laut Wifo-Experten auch in den Anmeldungen von Umwelttechnologie-Patenten niederschlägt. Österreich liegt hier nur an der 16. Stelle. Beim CO2-Ausstoß relativ zum BIP fiel Österreich vom sechsten Rang 2008 auf den zehnten Rang 2018 zurück.

Ländlicher Raum holt auf

Die frohe Botschaft: Österreich ist ein reiches Land. Nur acht Länder in Europa sind gemessen am realen BIP pro Kopf reicher, darunter die Spitzenreiter Luxemburg, Schweiz und Norwegen. Der Wohlstand Österreichs ist aber anders verteilt als andernorts. Denn in keinem Land ist der ländliche Raum, gemessen an den Metropolregionen, so wohlhabend wie in Österreich. Und das nicht, weil die heimischen Städte ärmer werden. Das Land holt kontinuierlich auf, während die heimischen Metropolen im europäischen Vergleich weiterhin zum reichsten Fünftel gehören. Zuletzt war die reale Kaufkraft im ländlichen Raum europaweit die größte – real bedeutet gemessen an den Preisen im jeweiligen Land.

Beim Wifo versteht man den neuen Radar – nächste Veröffentlichungen werden auf unterschiedliche Schwerpunktthemen eingehen – als Instrument für das regelmäßige Monitoring der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft. Ein Instrument für die Standortbestimmung – und die Navigation. (Aloysius Widmann, 28.12.2020)