Karl Nehammer (ÖVP) warnt eindringlich von der von rechts kommenden Gefahr

Foto: Herbert Neubauer

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ist ob der Entwicklung des Rechtsextremismus in Österreich besorgt. Er finde es beunruhigend, wenn diese Gruppe vollautomatische Waffen oder Handgranaten in ihrem Besitz habe, meint der Minister im APA-Interview zu den jüngsten Waffenfunden der Exekutive und warnt: "Der nächste Schritt zum Attentat ist nur ein kleiner."

Aus Deutschland gebe es schon länger Erkenntnisse, dass sich die rechtsextreme Szene zu strukturieren und zu bewaffnen begonnen habe. Österreich erlebe das zeitverzögert: "Man hat gesehen, dass diese Welle in Österreich angekommen ist." Diese Entwicklung sei "extrem ernst zu nehmen".

Symbole der Identitären bald verboten

Stärker ins Visier nimmt die Regierung derzeit auch die Identitären, deren Symbole ebenso wie die anderer Organisationen verboten werden sollen. Die Organisation selbst, sagt Nehammer, könne nicht verboten werden, weil sie eine Art Bewegung sei und Vereine sie unterstützen würden: "Sie sind nicht greifbar." Allerdings werde man durch die Änderung des Symbolgesetzes die Chance erhalten, stärker in das Netzwerk einzudringen.

Was die Terrorlage allgemein betrifft, sei die Gefahr von Nachahmungstätern gegeben. Auf das Schreiben des steirischen LVT-Chefs, wonach Personal für die Überwachung gefährlicher Islamisten fehle, gab sich der Minister zurückhaltend: In so einer Funktion hätte jeder gerne zusätzliche Mitarbeiter; man werde bei der Reform des Verfassungsschutzes versuchen, Kräfte entsprechend freizuspielen.

Terroranschlag in Wien: Viele Fragezeichen

Auch bei den Ermittlungen zum Terroranschlag in Wien hielt sich der Innenminister bedeckt: Öffentlich will er nicht einschätzen, ob der Attentäter allein oder im Rahmen einer Gruppe agiert hat. Dafür brauche es noch Zeit, verwies er auf die laufenden Ermittlungen.

Im Apparat haben die Ermittlungspannen im Vorfeld des Anschlags bisher einer Person den Job gekostet. Der Wiener LVT-Chef Erich Zwettler hat seinen Posten vorübergehend zur Verfügung gestellt. Dass er dorthin zurückkehrt, gilt als nicht besonders wahrscheinlich. Nehammer möchte hierbei die Einschätzung der Untersuchungskommission abwarten. Außerdem können Führungsfragen in den Landesämtern erst dann geklärt werden, wenn die neue Struktur des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung feststeht.

Auch das BVT wartet nach dem Pensionsantritt von Peter Gridling noch auf einen neuen Chef und wird wohl noch eine Zeit weiter warten müssen. Denn Nehammer will erst entscheiden, wenn parlamentarisch die neue Struktur des Bundesamts mit der Trennung Nachrichtendienst und staatspolitische Aufgaben auf den Weg gebracht wird. Das soll bis März erfolgt sein.

Präventivhaft liegt auf dem Tisch

Der im Regierungsprogramm verankerte Vorschlag einer Präventivhaft solle "prioritär" jene betreffen, von denen aufgrund der Vorgeschichte große Gefahr ausgehe – also Menschen, die nicht abschiebbar sind, weil die Heimreisezertifikate fehlen. Eine Lösung sei hier nicht so einfach, da man die Grund- und Freiheitsrechte beachten müsse.

Bei der illegalen Migration nach Österreich erwartet Nehammer 2021 einen Anstieg: "Es wird auf keinen Fall weniger, sondern eher mehr." Eigentlich sind die Zahlen seit 2015 laut Schlepperbericht stark zurückgegangen, im vergangenen Sommer gab es wieder mehr Aufgriffe von Personen – unklar ist, wie lange sich diese schon in Österreich aufhielten. Der Innenminister möchte dennoch effektiver gegen Schlepper vorgehen, nämlich mit Drohnen, die heuer bereits in einer Art Feldversuch getestet wurden. In den kommenden Wochen wird erwogen, welche Modelle man beschafft. Denn für diesen Zweck sind die Drohnen komplexer, müssen sie doch auch wetterfest sein und aus großer Höhe unauffällig agieren können. Zum Einsatz kommen sollen sie anlassbezogen und für Schwerpunktkontrollen. (APA, red, 28.12.2020)