"Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen", sagte Helmut Schmidt 1980. Knapp 20 Jahre später hatte der damalige Renault-Chef Louis Schweitzer, Enkel des berühmten elsässischen "Urwaldarztes" und Nobelpreisträgers Albert Schweitzer, so eine Vision. Ein 5000-Euro-Billigauto müsse machbar sein.

Schweitzer ging nicht zum Arzt und trieb allen Widerständen zum Trotz seine Idee voran, das europäische Billiglohnland Rumänien war die geeignete geografische Basis, Dacia die entsprechende Marke.

Die dritte Generation des Sandero ist sogar optisch recht ansprechend geworden. Der Hersteller ist stolz darauf, damit den günstigsten Neuwagen in Österreich anbieten zu können. Kommt Anfang 2021 – und das Jahr hat es in sich für die Marke, da startet nämlich auch das erste Elektromobil, der Dacia Spring.
Foto: Dacia


Grafik: der Standard

Heute gibt es genau genommen zwei erfolgreiche Autofirmen im Billig- respektive Günstigsegment, die mit dieser kundenfreundlichen Strategie Geld verdienen – Suzuki (auch noch richtig gut) und eben Dacia. 2019 verkauften die Japaner 2,9 Millionen Autos, die Frankorumänen kamen auf 737.000, eine beachtliche Leistung nach nur 16 Jahren.

Wir erinnern uns: 2004 kam das 5000-Euro-Mobil in Form des Dacia Logan auf den Markt. Es sei so günstig, weil man sich die Designer gespart habe und Uralt-Renault-Technik (Basis: Clio) verbaut hat, hieß es bald einmal, und den Nom de Guerre "Dracula-Bomber" bekam er auch sogleich verpasst. Den Kunden war es egal, hier konnte man ein nagelneues Auto zum Preis eines guten Gebrauchten kaufen.

Und so schaut er von hinten aus.
Foto: Dacia

Mit der Neuauflage des Sandero und seines optisch rustikalisierten, höhergestellten Brüderchens Sandero Stepway, ja, der mit dem SUV-artigem Zierrat, ist sich Dacia treu geblieben, der Einstiegspreis von 8790 Euro ist eine ermutigende Botschaft an eine ständig wachsende Klientel. Der günstigste Neuwagen im ganzen Lande, weiß Renault-Österreich-Sprecherin Karin Kirchner. Aber auch die teuerste Version, der Stepway mit CVT-Automatik und 90-PS-Turbo-Otto, kostet mit 14.690 noch keine Lawine, speziell wenn man sich im direkten Konkurrenzumfeld umsieht, der Kategorie von Kleinwagen im Circaviermetermaß.

Die Basisversion treibt ein 67-PS-Sauger an, dazu wird ein 5-Gang-Getriebe gereicht. Langt völlig für Menschen mit geringeren Ansprüchen, die werden sich auch nicht am vielen Hartplastik stören. Immerhin unternimmt Dacia in den höheren Ausstattungslinien durchaus Anstrengungen, die Tristesse ein wenig zu behübschen.

Beide Fahrzeuge sind unauffällig, dennoch ansehnlich gestaltet, mit – aber hallo – fahrer(innen)orientierter Mittelkonsole und, in den höheren Ausstattungsversionen, 8-Zoll-Touchscreen. Zeitgemäßes Infotainment gehört da auch dazu, detto das inflationäre Vernetzungs-Wort.

Der Innenraum des Sandero.
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Was uns gefällt: Lenkrad höhen- und tiefenverstellbar, man bekommt sogar eine Mittelarmlehne (am Sitz), und beim Stepway, sehr schlau, ist die Dachreling rasch in einen Dachträger umfunktioniert.

Auch die Sicherheit kommt nicht mehr zu kurz wie in frühen 5000er-Tagen, schon im Basismodell wacht beispielsweise ein aktiver Notfall-Bremsassistent über nötigen Schutz im Verkehrsgeschehen.

Das Fahrwerk ist komfortabel ausgelegt (beim Stepway mit 17,4 cm Bodenfreiheit noch etwas komfortabler), ein Tribut an die Konzernmutter Renault. Und wenn er sich in flott gefahrenen Kurven der Neigungsgruppe zugehörig zeigt: Wer bitte schön in der Zielgruppe sollte einen Sandero so bewegen wollen?

Grundsolides Günstigangebot also. Und dass mir jetzt ja keiner mehr "Dracula-Bomber" sagt. (Andreas Stockinger, 24.1.2021)