"Wrabetz ist alternativlos": Wolfgang Rosam, Kommunikationsexperte und "Falstaff"-Herausgeber, schaut ins Jahr 2021.

Foto: Ian Ehm Illustration: Armin Karner

Die Prognose von Wolfgang Rosam (Rosam Grünberger Change Communications, "Falstaff"):

Was erwarten Sie 2021 für Österreichs Medienbranche? Was sind Ihre Hoffnungen und Wünsche, was Ihre Befürchtungen? DerStandard.at/Etat hat Medienmanagerinnen und -manager, Journalistinnen und Journalisten sowie Expertinnen und Experten aus Österreichs Medien- und Kommunikationsbranche und -wissenschaft mit einem Online-Fragebogen um ihre Beiträge gebeten. Sie konnten wählen, ob sie namentlich antworten, wenn wir sie zitieren dürfen, oder anonym. Die namentlich beantworteten Fragebögen veröffentlichen wir in diesen Tagen.

"Durchdachte, faire Medienförderung unerlässlich""

Hier die Prognosen von Wolfgang Rosam, Gründer von Rosam Grünberger Change Communications und Herausgeber des "Falstaff":

Was kommt 2021 auf die Medienbranche zu? Bitte verraten Sie uns Ihre Erwartungen über Entwicklungen, Herausforderungen etc.!

"Nach den massiven Unterstützungen durch die Regierung im Covid-Jahr 2020 (Werbung & Förderungen in Millionenhöhe) dürfte sich das 2021 einschleifen und wohl reduzieren. Das heißt, der 'Markt' wird realistischer abgebildet, und es ist mit weniger Einnahmen zu rechnen, da das erste Halbjahr 2021 das nicht kompensieren wird. Bleibt also alle Hoffnung am Herbst 2021 hängen. Da rechne ich wieder mit einem starken Anziehen des Werbemarktes. Online wird weiter zulegen. E-Abos auch.

Wenn es weniger Regierungsunterstützung gibt, wird der erste Verlierer der Boulevard sein. Qualitäts- und Special-Interest-Magazine wie 'Falstaff' werden weiter lesermäßig zulegen: Durch Corona haben sie sich 'neu entdecken lassen'."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) geschehen? Bitte verraten Sie uns Ihre Hoffnungen (und warum Sie darauf hoffen)!

"Eine durchdachte, faire Medienförderung ist für den Erhalt einer demokratiepolitischen Meinungsvielfalt unerlässlich! Das darf nicht mehr ad hoc und nach freiem Gutdünken passieren. Die Regierung ist hier gefordert, das auf eine andere, langfristig absichernde Basis zu stellen."

Nachsatz des begeisterten "Falstaff"-Herausgebers: "Für 'Falstaff' wird die Erfolgsgeschichte weitergehen. Nach der Marktführerschaft in der Dach-Region gehen wir jetzt mit einer englischen Fassung den Weltmarkt an."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) nicht passieren? Bitte verraten Sie uns Ihre Befürchtungen (und warum Sie das befürchten)?

"Wenn die Regierung abrupt ihre massive Medienunterstützung stoppt, wird es einige Titel weniger geben. Wir werden eine kurze, aber heftige Insolvenzwelle im zweiten und dritten Quartal 2021 haben. Dann kommt die Erholung rascher, als viele erwarten, und 2022 wird ein Hammerjahr im positiven Sinne."

"Wrabetz ist derzeit alternativlos"

Weitere Prognosen Rosams zu unseren Detailfragen im Überblick:

  • Wolfgang Rosam rechnet mit der dritten Wiederwahl von Alexander Wrabetz zum Generaldirektor seines langjährigen Beratungskunden ORF im Sommer 2021: "Wrabetz ist alternativlos derzeit. Er machte 2020 alles richtig und stärkte den ORF wie noch nie!"
  • Rosam rechnet mit einer Dreiergeschäftsführung für den ORF, Wrabetz werde CEO. Weitere Besetzungsprognosen gibt er hier nicht.
  • Der Kommunikationsexperte rechnet bei einer ORF-Strukturreform mit "weiterer Verschlankung" und dem Hinterfragen, "ob man neun Landesstudios braucht".
  • Rosam prognostiziert auch eine Digitalnovelle mit Erleichterungen für den ORF 2021 vor der Generalswahl. Was bekommen die übrigen Medien im üblichen medienpolitischen Abtausch? "Zugang zu allen ORF-Archiven und deren Nutzung. Gemeinsame Onlinevermarktung durch intelligente Pakete. Die 'Feinde' für Print in Österreich sind Google, Hutchison und Co und nicht der ORF."
  • Mit nur drei Prozent Gebührenerhöhung rechnet er, wenn der ORF nach der Bestellung der nächsten Führung im Herbst den GIS-Antrag stellt. Eine Haushaltsabgabe oder GIS auf Streaming sollte kommen, findet er.
  • Für eine weitere Corona-Sondermedienförderung empfiehlt Rosam als Kriterien die Zahl der Mitarbeiter und Qualitätsparameter, "die unabhängig von einer Expertenkommission erhoben, definiert und festgelegt werden".
  • Er befürwortet auch Qualitätskriterien für Medienförderungen und öffentliche Inserate, etwa auch die Mitgliedschaft in Selbstkontrollorganen wie dem Presserat.
  • Wer wird 2021 am häufigsten vom Presserat wegen Ethikverstößen gegen den Ehrenkodex verurteilt? Die meisten nennen im Fragebogen "Oe24"; Rosam indes sieht die meisten Verurteilungen bei "Online-Medien, sogenannten selbsternannten Investigativportalen, die oft ganz andere Zwecke (z. B. parteipolitische, ideologische) verfolgen als seriösen Journalismus".
  • Rosam rechnet 2021 mit Eigentümerwechseln unter Österreichs 15 größten Medienunternehmen, will dies aber im Fragebogen nicht näher ausführen.
  • Mit einer Lösung im "Krone"-Gesellschafterstreit von Familie Dichand einerseits und Funke-Gruppe sowie Immobilienmilliardär René Benko andererseits rechnet er 2021 nicht: "Der Streit wird prolongiert."
  • Rosam erwartet – nicht näher ausgeführte – Zukäufe von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz im Medienbereich: "Er will wachsen, und das geht organisch mit TV, aber nicht mit Print."
  • In der Weltrangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen hofft er auf "Verbesserung – wenn die Förderpolitik im Sinne von Meinungspluralität zur Demokratiesicherung eingeleitet wird". Anfang 2020 lag Österreich auf Platz 18.
  • Die Aussichten für den journalistischen Arbeitsmarkt? "Leider schlecht! Es wird noch mehr gespart als 2020, weil Ende der Kurzarbeit, und das wird auf Kosten der Qualität gehen."

(Harald Fidler, Daniela Yeoh, 29.12.2020)