Ein ordentliches Durcheinander.

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Skischaukel.

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Die Torstange spricht für sich.

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Semmering – Als die Gondeln der bereits angehaltenen Seilbahn heftig hin und her schaukelten und nicht nur die Zettel von ORF-Kommentatorin Alina Zellhofer im Zielbereich durch die Gegend flogen, sondern auch Airfences, Werbebanner, Zäune und Absperrgitter, war klar, dass der Riesentorlauf am Montag am Semmering wegen Sturms abgebrochen werden musste.

Die eisigen Böen unter bedecktem Himmel am Vormittag am Zauberberg konnten zunächst kaum jemandem etwas anhaben, zumal Zuschauer nach wie vor nicht erlaubt und die regelmäßig am Ski-Weltcup beteiligten Personen daran gewöhnt sind, mitunter mit harten Bandagen zu kämpfen zu haben. Von den widrigen Verhältnissen ließen sich auch die Rennläuferinnen nicht beeindrucken.

Fast alles wie gehabt

Die Besten der Riesentorlaufzunft waren zum 25-Jahr-Jubiläum am Semmering auch nach dem ersten Durchgang vorne. Mit einer Bestzeit von 1:02,15 Minuten lag die im Gesamtweltcup führende Slowakin Petra Vlhova vor der zweifachen Saisonsiegerin im Riesentorlauf, Marta Bassino (+0,22 Sekunden) aus Italien. Courchevel-Siegerin Mikaela Shiffrin (0,59) rangierte hinter der Schweizerin Michelle Gisin (0,35), der Zweiten im Weltcup, auf Rang vier. Lediglich die Österreicherinnen konnten einen Tag nach der Hiobsbotschaft von der Reiteralm, als Bernadette Schild beim Training erneut einen Kreuzbandriss erlitt, nicht den zuletzt bei den Riesentorläufen in Courchevel gezeigten Aufwärtstrend bestätigen.

In Frankreich war Katharina Liensberger Sechste und Fünfte, zeigte Stephanie Brunner in ihrer Comebacksaison als Siebente und Sechste auf. Beste am Semmering nach Lauf eins war Liensberger als 14. mit 1,97 Sekunden Rückstand auf die führende, dreifache Saisonsiegerin aus der Slowakei. Katharina Truppe, Brunner, Franziska Gritsch und Ramona Siebenhofer fassten allesamt über zwei Sekunden Rückstand und Platzierungen zwischen 17 und 25 aus. Sie werden den Rennabbruch wohl eher nicht bedauern.

Weihnachtlicher Run auf den Zauberberg

An den Weihnachtsfeiertagen hatte sich der Zauberberg wesentlich freundlicher präsentiert. Grund genug für viele von der Pandemie strapazierte Menschen, ob Skifahrer, Rodler oder Spaziergänger, den Semmering regelrecht zu stürmen. Am Montag war der Andrang dagegen sehr überschaubar. Sicherheitshalber hat man noch am Sonntag beschlossen, während des Renngeschehens am Hirschenkogel die Gondelbahn nicht für den Publikumsskilauf zur Verfügung zu stellen. Es wäre in Zeiten des dritten Lockdowns ein ambitioniertes und gleichermaßen fragwürdiges Unterfangen gewesen. Auch wenn durch Gitter getrennte Zugangskorridore und Sicherheitsdienstmitarbeiter für einen reibungslosen Ablauf sorgen hätten sollen.

Staus sind dennoch nicht auszuschließen, weil nach den jüngsten Vorgaben nur 50 Prozent, im konkreten Fall vier anstelle von acht Personen, eine Gondel benützen dürfen. Allesamt ausgerüstet mit FFP2-Masken. Die Gondeln werden in einer eigens für die Saison am Berg installierten Anlange automatisch desinfiziert. Bei den Wiener Linien, den öffentlichen Verkehrsmitteln der Bundeshauptstadt, geschieht dies immerhin einmal täglich.

Ausweichen konnten Skiläufer am Semmering zur Vierersesselbahn am Westhang, wo 1995 die Premiere stieg, ehe man 1998 auf die Panoramapiste mit Flutlicht übersiedelte. Das Tageskontingent wurde von 2000 zu Weihnachten auf nun maximal 600 Personen beschränkt. Es sollte am Montag nicht ausgeschöpft werden. Am Nachmittag wurde wegen des Sturms auch der Sesselliftbetrieb eingestellt.

Jubiläum ohne Sause

Semmering-OK-Chef Franz Steiner hat vor dem Rennen bedauert, dass es just zum Jubiläum kein Rahmenprogramm gibt und keine Zuschauer gestattet sind: "Wir haben Jubiläum, nur feiern dürfen wir nicht." Dabei gäbe es großes Potenzial, wie der Präsident des Wintersportvereins Semmering ausführte: "Im Umkreis von 100 Kilometern wohnen rund drei Millionen Leute. Das ist ein tolles Einzugsgebiet." Bei den abwechselnd mit Lienz ausgetragenen Rennen fanden sich etwa 2018 insgesamt 23.000 Zuschauer zu den beiden Veranstaltungen ein. Der Rekord wurde mit 24.000 im Jahr 2002 erzielt.

Als es 1995 begann, war vieles anders. "Damals wurde noch mit dem Feuerwehrschlauch anstelle des Sprühbalkens gespritzt", sagt Steiner. 1995 sorgte am Semmering Elfi Eder für den letzten ihrer drei Slalomsiege im Weltcup, ehe sie sich mit dem ÖSV überwarf und fortan relativ erfolglos für den karibischen Inselstaat Grenada an den Start ging. 1998 sorgte Anita Wachter für den ersten von fünf ÖSV-Erfolgen im Riesentorlauf am Semmering. 2004 schaffte Marlies Raich (damals Schild) mit Siegen in Riesenslalom und Nachtslalom für ein Double. 2006 und 2008 triumphierte Katrin Zettel, wobei sie 2006 einen ÖSV-Dreifachsieg anführte. Der bislang letzte ÖSV-Erfolg am Hirschenkogel gelang Anna Veith (damals noch Fenninger) im Riesentorlauf 2012.

Nach den witterungsbedingt abgesagten Rennen 2014 trugen sich nur mehr Vlhova und Shiffrin in die Siegerlisten ein. Die US-Amerikanerin gewann 2016 das Triple, beide Riesentorläufe und den Slalom, den sie auch 2018 für sich entschied, als die Slowakin nach vier Slalomsiegen im Weltcup ihren ersten Riesentorlauf gewann.

Am Dienstag werden erneut keine Zuschauer erwartet. Plangemäß soll ein Slalom (15.15/18.30 Uhr) unter Flutlicht folgen. Mit besseren Aussichten für die ÖSV-Damen. Der vom Wind verwehte Riesenslalom wird aus logistischen Gründen nicht am Semmering nachgeholt. (Thomas Hirner, 28.12.2020)