Der Babyelefant sollte größer werden, sagt Miranda Suchomel.

Foto: Med-Uni Wien

Wien – Mit den Fotos von Menschenschlangen vor Skiliften, die trotz des dritten Corona-Lockdowns in Betrieb sind, hat es Österreich erneut in die internationale Presse geschafft. In Artikeln, etwa im Spiegel, wurde Verwunderung über das Inkaufnehmen möglicher Infektionsherde laut.

Auch Miranda Suchomel, Assistenzprofessorin am Institut für Hygiene und angewandte Immunologie der Med-Uni Wien, ist "kein Fan dieses Gedränges bei den Liftstationen". Hier manifestierten sich "fehlende Disziplin" trotz vielfach durchdachter Sicherheitskonzepte – Verwerfungen, die durch inkonsequente Vorschriften zusätzlich verstärkt würden.

Vergleich mit den Öffis

Ein Beispiel sei die FFP2-Maskenpflicht in Gondeln, Kabinen, abdeckbaren Sesselliften und geschlossenen Zugangsbereichen von Skiliften: "Im Vergleich zu anderen Risikosituationen ist das unverständlich. Aus fachlicher Sicht leuchtet nicht ein, warum hier FFP2-Masken getragen werden müssen, in Bussen, Straßen- und U-Bahnen zum Beispiel aber nicht."

Denn zu nahe kämen sich die Menschen dort wie da, sagt Suchomel – wobei sie die sichere Abstandsuntergrenze höher als den seit Pandemiebeginn kolportierten einen Meter ansetzt.

Elefant im Innenraum

Ihr Babyelefant misst 1,5 bis zwei Meter und gilt vor allem für Innenräume. "Aber wer, wie etwa besagte Skifahrer, unter freiem Himmel nur 30 Zentimeter Abstand zu anderen Menschen hält, riskiert auch dort eine Tröpfcheninfektion."

Funktionstüchtige FFP2-Masken könnten die Übertragung von Erregern effizient verhindern, sagt die Expertin – und zwar besser als andere Formen des Mund-Nasen-Schutzes. Wäre sie daher für FFP2-Maskenpflicht auch in den Öffis? Nach bald einem Jahr anderslautender Kommunikation wäre das wahrscheinlich nur schwer vermittelbar, erwidert sie.

Durchfeuchtete Masken

Die FFP2-Maskenpflicht im Skiliftbetrieb wiederum sieht Suchomel auch aus anderen Gründen kritisch: Bei sportlicher Betätigung würden die Masken rasch durchfeuchtet, dann schützten sie überhaupt nicht mehr. Zudem werde in Gondeln und Kabinen zusätzlich meist Helm getragen, die Menschen müssten daher lauter sprechen: "Das erhöht die Ansteckungsgefahr um ein Weiteres."

Überhaupt gehe sie zunehmend davon aus, "dass Superspreader-Ereignisse, im Zuge derer eine Corona-infizierte Personen viele andere ansteckt, zuallermeist mit lautem Reden oder Singen" zu tun hätten. Schweigendes bis leises Öffi-Fahren sei diesbezüglich also sicherer.

Resistente Mikroorganismen

Als relativ gering setzt Suchomel inzwischen das Risiko einer Corona-Kontaktinfektion über Gegenstände oder Hände an. Letztere solle man regelmäßig mit Seife waschen – und den Gebrauch von Desinfektionsmitteln im Privatbereich nicht übertreiben: "Derzeit nämlich züchten wir uns hier viele resistente Mikroorganismen heran." (Irene Brickner, 28.12.2020)