Bild nicht mehr verfügbar.

Während der Pandemie darf in Spanien niemand wegen Mietrückständen auf die Straße gesetzt werden.

Foto: Reuters / Sergio Perez

Wohnung, Wasser, Strom, Gas und Heizung sind in Spanien Grundrechte, solange die Covid-Pandemie anhält. Wer die Miete oder offene Rechnungen nicht mehr zahlen kann, darf nicht auf die Straße gesetzt werden, auch die Grundversorgung muss weiterhin gewährleistet bleiben. Das beschloss auf Initiative der linksalternativen Unidas Podemos (UP) die Koalitionsregierung des Sozialisten Pedro Sánchez in der vergangenen Woche und erließ ein entsprechendes Dekret.

Dem Beschluss ging ein wochenlanges Hin und Her zwischen UP-Chef und Vizeregierungschef Pablo Iglesias und einzelnen sozialistischen Ministern voraus, die das Dekret auf die Stromversorgung reduzieren wollten. Die Maßnahme wird mindestens bis zum 9. Mai in Kraft sein. Dann endet, sollte er nicht verlängert werden, der derzeitige Alarmzustand, auf dem alle Beschränkungen zur Covid-Bekämpfung – wie Einschränkungen der Reisefreiheit oder Schließungen in Handel und Gastronomie sowie nächtliche Ausgangssperren – beruhen.

"Es geht uns darum, die verletzbarsten Konsumenten zu schützen", erklärte Regierungssprecherin María Jesús Montero. Es handle sich um "außergewöhnliche Maßnahmen für eine außergewöhnliche Situation".

Bestätigte Notlage

Die Sozialbehörden müssen die Notlage bestätigen, damit die Betroffenen in den Genuss der Grundversorgung trotz Zahlungsrückstands kommen. Die Aussetzung einer Zwangsräumung wegen nicht bezahlter Miete oder Monatsraten eines Kredites muss bei Gericht beantragt werden. Wie viele Menschen diesen Schutz in Anspruch nehmen können, darüber gibt es keine verlässlichen Zahlen. Doch dürften es keineswegs wenige sein. Denn alleine 750.000 Menschen befinden sich in Spanien aufgrund der Pandemie noch immer in Kurzarbeit.

Davon betroffen sind vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie der Einzelhandel. Auch diese Branche wird im Dekret berücksichtigt. Die Betreiber von Kneipen, Restaurants und Geschäften können ihre Miete um 50 Prozent heruntersetzen. Allerdings nur dann, wenn ihr Hausherr mindestens zehn Liegenschaften besitzt. Der Antrag muss bis zum 31. Jänner gestellt werden. Und die Mietminderung gilt dann bis zum Ende des Alarmzustands. Vermieter, die weniger als zehn Lokale besitzen, sollen mit Steuererleichterungen zu Mietminderungen bewegt werden.

Kaum ist das Dekret verabschiedet, sorgt bereits ein weiterer Punkt der Sozialpolitik für Streit in der Linkskoalition. Arbeitsministerin Yolanda Díaz von UP will den Mindestlohn, der derzeit bei 950 Euro pro Monat liegt, erneut anheben. Die sozialistische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño stemmt sich mit aller Macht dagegen. (Reiner Wandler, 30.12.2020)