Zwei der wohl begehrtesten Marken für analoge Kameras: Hasselblad (hinten) und Leica (vorne).

Foto: STANDARD/Robert Newald

Erst vor wenigen Tagen machte die Nachricht die Runde, dass Nikon die Produktion ihrer letzten analogen Spiegelreflexkamera, der Nikon F6, eingestellt hat. Das gleiche Schicksal erlitt bereits 2018 die Messsucherkamera Leica M7. Während diese Neuigkeit zwar manch Liebhaberherz bluten lassen wird, könnte gerade der Produktionsstopp der legendären SLR neues Leben einhauchen.

Denn obwohl digitale Technologien ihre analogen Vorfahren längst abgelöst haben, gibt es in den letzten Jahren eine immer größer werdende Nachfrage nach den Klassikern der Fotografiegeschichte – vor allem bei jungen Fotografen, die teils selbst im professionellen Kontext auf das altbewährte Medium Film zurückgreifen und eine Bewegung in der Szene auslösen.

Hype oder Hoffnung

Dabei bleibt natürlich offen, ob Filmkameras wiedergekommen sind, um zu bleiben. Seit einigen Jahren ist mit der immer breiteren Beliebtheit immerhin ein markanter Preisanstieg der begehrtesten Modelle zu erkennen. Am bedeutendsten muss dahingehend – abgesehen von den Luxuskameras des deutschen Traditionsbetriebs Leitz/Leica – wahrscheinlich die vollautomatische Contax T2 genannt werden.

Der Jenner-Effekt

Während die kleinen Schnappschuss-Kameras stets für die wohlhabendere Gesellschaftsschicht vermarktet wurden, steigt der Preis seit der Vorstellung im Jahr 1991 insbesondere seit 2017 an. Denn damals, im Rahmen eines TV-Interviews während der "Tonight Show", zeigte Reality-TV-Star Kylie Jenner ihre persönliche Contax T2 während des Gesprächs mit Moderator Jimmy Fallon her.

Ein prominenter Auftritt, der vielen Filmliebhabern das begehrte Gerät verderben sollte, denn die Nachfrage stieg über Nacht in bisher unerreichte Höhen und mit dieser auch der Preis.

Auf Ebay ist die Contax T2 für knapp unter 1.000 Euro erhältlich.
Foto: Screenshot/Ebay

Teure Briefbeschwerer

Seitdem muss man hohe Geldbeträge auf den Tisch legen, wenn man in den Genuss der Contax-Kameras kommen will. Das Folgemodell, die Contax T3, kann sogar noch deutlich teurer werden.

Käufer müssen dabei die großartige Bauweise und verhältnismäßig scharfe Zeiss-Optik einer inzwischen veralteten Elektronik gegenüberstellen. Denn die kann jederzeit den Geist aufgeben – und die T2 zum teuren Briefbeschwerer machen.

Bankrott, aber gerettet

Der Wiederaufstieg analoger Fotografie begann jedoch viel früher. Insbesondere springen dabei die Rettung der bankrott gegangenen Konzerne Polaroid und Kodak ins Auge. Nachdem die für Sofortbildkameras bekannte Polaroid 2008 wegen eines Insolvenzverfahrens die Produktion einstellen sollte, übernahm nämlich kurzerhand die Firma Impossible Project die ehemalige Fabrik in den Niederlanden.

Florian Kaps rettete mit dem Impossible Project die Polaroid-Instant-Filme.
Foto: Christian Fischer

Damals hauptverantwortlich: der Österreicher Florian Kaps. Aufgrund der Rettung kann man noch immer Instant-Film für originale Polaroid-Kameras kaufen. Sogar neue Geräte werden produziert.

Eastman Kodak Company wird Kodak Alaris

Ähnlich erging es Kodak, dem einst größten Filmproduzenten der Welt, der mit legendären Filmen wie Kodachrome manch weltbekanntes Foto ermöglichte. Nichtsdestotrotz blieb auch diese Legende nicht von der Digitalisierung verschont.

Vor sieben Jahren, am 3. September 2013, verkaufte Kodak deshalb seine Fotofilmproduktion, womit der Konzern das eigentliche Kerngeschäft aufgab – das der neu gegründete Konzern Kodak Alaris seitdem mit Sitz in Großbritannien fortführt.

Film für Berufsfotografen

Selbst manch professioneller Fotograf setzt deshalb noch immer auf analoge Kameras. Vor allem das Mittelformat wird im Modebereich aufgrund der hohen Auflösung der großen Negative eingesetzt. Unter den bekannteren Fotografen befindet sich zum Beispiel Platon Antoniou. Berühmt vor allem für ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Fotos von Schauspielern, Musikern und Politikern, hat er mehrere analoge Hasselblad-Kameras im Einsatz.

Aber auch der Dokumentarfotograf Andre D. Wagner, der New York Citys Straßen mit seiner Leica durchkämmt, setzt ausschließlich auf analoge Technologien. Regelmäßig fotografiert er Auftragsarbeiten für bekannte Publikationen wie die "New York Times" auf Film und entwickelt diesen anschließend selbst.

Immer mehr Junge begeistert

Ganz allgemein sticht hervor, dass immer mehr junge Menschen vom Medium Film begeistert sind. Inzwischen gibt es zahlreiche reichweitenstarke Influencer, die vor hunderttausenden Zusehern über ihre Leidenschaft sprechen. Sucht man auf Instagram nach Beiträgen mit dem Hashtag #analogphotography, findet man über 10,5 Millionen hochgeladene Bilder.

Dabei schient die Szene insbesondere in den USA aktiv zu sein. Wie schon die Urväter des Genres, ziehen heute Fotografen durch die Straßen Manhattans, auf der Suche nach dem einen Augenblick, den sie festhalten wollen.

Bekannt dürften Interessierten womöglich Namen wie Joe Greer, Willem Verbeek, George Muncey oder Arnaud Montagard sein, die rund um ihre Arbeit eine enorme Social-Media-Reichweite aufbauen konnten, bereits Bücher veröffentlichten und auf Youtube aktiv sind.

@nofilmwasted

Einen etwas anderen Zugang hat die Streetfotografin Paola Franqui, die unter dem Namen @monaris_ auf der Fotoplattform vertreten ist.

Zusammen mit Laura Prado scannt und veröffentlicht die US-Amerikanerin historische, eigentlich vergessene Fotos aus den USA, die sie teilweise auf Flohmärkten findet oder die ihr zugeschickt werden. Somit gibt sie Einblick in das Leben der 60er- und 70er-Jahre, anstatt die Werke in Archiven verschwinden zu lassen.

Österreich ist analog

Wenn man über analoge Fotografie spricht, muss man allerdings auch einen Blick nach Wien werfen. Neben zahlreichen Kamerashops – die sich größtenteils in der Westbahnstraße angesiedelt haben – gibt es mit Supersense im 2. Bezirk einen Laden, der Fans von Analogem begeistern wird. Neben Instant-Fotografie-Produkten und von Hand gefertigten Papeterie-Artikeln sticht vor allem eines hervor: analog hergestellte Vinyl Mastercuts, also analog gefertigte Tonaufnahmen auf Schallplatten.

Aber auch Initiativen wie @hellotamp und Kollektive wie @wienanalog, die Aufmerksamkeit für das traditionsreiche Medium schaffen wollen, haben ihren Ursprung in Österreichs Hauptstadt.

Film, aber wie lange noch?

Nichtsdestotrotz stellt sich am Ende des Tages die Frage, wie lange für große Filmproduzenten wie Kodak Alaris, Ilford und Polaroid die Massenproduktion von Fotofilm rentabel bleiben kann. Und ob es sich beim stetig steigenden Interesse an der Filmfotografie womöglich um eine Blase handelt, die jederzeit platzen könnte.

Bedenkt man, wie rasant alleine in den letzten drei bis vier Jahren die Preise für die derzeit begehrtesten Kameras angestiegen sind, liegt die Vermutung nämlich gar nicht mal so fern. (Mickey Manakas, 31.12.2020)