TV-Berater Markus Andorfer.

Foto: Pamela Rußmann Illustration: Armin Karner

Die Prognose von Medienberater Markus Andorfer für 2021

Was erwarten Sie 2021 für Österreichs Medienbranche? Was sind Ihre Hoffnungen und Wünsche, was Ihre Befürchtungen? http://derStandard.at/Etat hat Medienmanagerinnen und -manager, Journalistinnen und Journalisten sowie Expertinnen und Experten aus Österreichs Medien- und Kommunikationsbranche und -wissenschaft mit einem Online-Fragebogen um ihre Beiträge gebeten. Sie konnten wählen, ob sie namentlich antworten, wenn wir sie zitieren dürfen, oder anonym. Die namentlich beantworteten Fragebögen veröffentlichen wir in diesen Tagen.

"Dominante TV-Player vor massivem Erlös- und Kostendruck"

Hier die Prognosen von Markus Andorfer, Medienberater etwa für NBC Universal, Disney, DMAX, MirriAd, RedBull Media House, Tower10, arx anima animation studio, lehrt an der FH St. Pölten (Digital Media Management):

Was kommt 2021 auf die Medienbranche zu? Bitte verraten Sie uns Ihre Erwartungen über Entwicklungen, Herausforderungen etc.!

"Der substantielle und strukturelle Quotenverlust bei ORF 1 in der Werbezielgruppe wird sich verschärfen, aber vielleicht 2021 noch durch die 'aufgestauten' (verschobenen) Sportgroßereignisse etwas kaschiert. Trifft aber spätestens 2022 ORF 1 in voller Härte.

Der Quotenverlust des ORF in der Werbezielgruppe wird auch die große Herausforderung an den neuen (oder alten) Generaldirektor.

Der Programm-Trend zu großen Live-Events im TV (egal ob Sport, Show oder welches Genre auch immer) wird anhalten.

Selbst die großen 'lokalen' Streaming-Player in Deutschland (TV-Now, Joyn etc.) werden in Schwierigkeiten geraten. Nur 2-3 internationale Player (Netflix, Disney+, HBOMax...) werden überleben, vielleicht sehen wir 2021 schon erste Marktbereinigungen oder Fusionierungen

Das heißt aber auch, dass der ORF-Player viel zu spät auf den Streaming-Markt erscheint, um noch Claims abzustecken. Nur exklusiver, hochwertiger, österreichischer Content wird den ORF-Player eine minimale Chance geben. Entscheidende Frage: Welchen Content kann NUR der ORF den Österreichern liefern?

Aber auch die privaten, kommerziellen, großen deutschen TV-Player, also die bisher dominanten TV-Player am österreichischen TV-Werbemarkt, neben dem ORF, stehen vor massivem Erlös- und Kostendruck. Dieser Kostendruck wird auch vor den 'Fenster-Ablegern' in Österreich nicht haltmachen."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) geschehen? Bitte verraten Sie uns Ihre Hoffnungen (und warum Sie darauf hoffen)!

"Neues ORF-Gesetz-Novelle inklusive Gremienreform. Somit vielleicht eine geringe Chance, dass die Entscheidung bei GD-Wahl, auf rein fachlicher Qualifikation der Bewerber und deren Expertise und Medienmanagementerfahrung nach internationalen Standards erfolgt.

Warum? Mehr denn je sind die bestimmenden Herausforderer der nächsten 5 Jahre deutsche und internationale Player (Stichwort: GAFA – Google, Apple, Facebook, Amazon). Deshalb Bedarf es erfahrene Medienmanager mit internationaler Erfahrung.

Neuer Medienfonds mit der Verpflichtung der Streamingdienste (oder eventuell auch der GAFA?) einen Teil des Umsatzes in Österreich verpflichtend in österreichischen Content zu investieren oder in gleicher Höhe in den Medienfonds einzuzahlen. Sollte dieses Modell mit EU-Recht vereinbar sein, würde dies eventuell auch noch mal die Diskussion um ähnliche Modelle für die Werbefenster der deutschen TV-Konzerne anstoßen?"

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) nicht passieren? Bitte verraten Sie uns Ihre Befürchtungen (und warum Sie das befürchten)?

"Eine weitere Verzögerung einer substantiellen Reform der Medienförderung. Hin zu einer Medienförderung anhand von transparenter Vergabe und hin zu überprüfbaren Zielen, um Vielfalt und Qualität in allen Marktsegmenten endlich auszubauen.

Die intransparente und indirekte Abhängigkeit von Regierungsinseraten schadet dem Medienstandort Österreich im Hinblick auf die internationalen Herausforderung nachhaltig.

Und die internationalen 'Plattformen' müssen dringend Auflagen zur redaktionelle Kontrolle und Verantwortung (vergleichbar mit anderen "Mediengattungen") erhalten! Zumindest soll darüber 2021 eine breite, ernsthafte, dem Lobbying der GAFAs standhaltende, EU-weite Diskussion in Angriff genommen werden."

Wie werden sich Covid-19, die Pandemie und die Maßnahmen dagegen auf die Medienbranche auswirken – 2021 und, wenn Sie das erwarten, auch in den Jahren danach?

"Eine Zurückhaltung am (TV-)Werbemarkt in Quartal 1 und 2, aber ab Quartal 3 aufwärts mit eventuell neuen Rekord-Niveau in Quartal 4.

TV-Konsum nach Covid19 wieder auf 'üblichem' Niveau einpendelnd; das Einpendeln nach unten (nach dem Corona-News-Höhenflug) gilt in verstärkten Maße für die Nachrichtensender (Oe24 und Puls 24) und insbesondere für ORF 2.

Zu ORF1 – siehe erste Antwort.

Außer die nächste Krise, ähnlichen Ausmaßes, lauert gleich im Anschluss."

(Harald Fidler, Daniela Yeoh, 1.1.2021)