Hat die EU zu wenig Impfstoff bestellt?

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Es war das deutsche Nachrichtenmagazin "Spiegel", das vor knapp zwei Wochen die Debatte lostrat: Unter dem polemischen Titel "Das Planungsdesaster" wurde der EU und der deutschen Bundesregierung vorgeworfen, bei der Impfstoffversorgung im Kampf gegen Corona versagt zu haben. Man habe sich zu spät um den Impfstoff von Biontech/Pfizer bemüht und das Angebot ausgeschlagen, sich mehr von diesem wirksamen und bereits zugelassenen Vakzin zu sichern.

Prompt hat Deutschland reagiert und sich – so wie Österreich – in der Zwischenzeit noch einige Millionen Extradosen vom Biontech/Pfizer-Präparat nachgeordert. Das Problem dabei: Diese Nachbestellungen können wohl erst in der zweiten Jahreshälfte 2021 geliefert werden, da die Pharmafirmen zuerst zahlreiche andere Verträge erfüllen müssen.

Hat die EU – und damit auch Österreich – bei der Impfstoffbeschaffung zu lange auf die falschen Pferde gesetzt? Der Vorwurf ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Andererseits kann man es der EU auch nicht als Fehler anrechnen, das Risiko gleich auf sechs Hersteller verteilt zu haben, von denen vermutlich noch der eine oder andere in den ersten Monaten 2021 ein Vakzin zur Zulassung bringen wird.

Planungsdesaster

Bereits für nächste Woche ist die EU-weite Zulassung des Impfstoffs von Moderna zu erwarten. Und danach wird es spannend – wenn es nämlich um ChAdOx1 geht. Das ist jenes Vakzin, das die Universität Oxford gemeinsam mit dem Pharmamulti Astra Zeneca entwickelte. Ihm kam bei der Corona-Impfstrategie der EU von Anfang an eine Schlüsselrolle zu, zumal es lange als aussichtsreichster Kandidat galt.

Doch Probleme beim Studiendesign führten dazu, dass die beiden Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna schneller die für die Zulassung nötigen Daten einreichen konnten. Um der Behauptung des Planungsdesasters Nachdruck zu verleihen, hielt es der "Spiegel" für "höchst unwahrscheinlich", dass ChAdOx1 noch im Frühjahr zugelassen werden kann.

Angesichts der kürzlich erfolgten Approbation des Impfstoffs in Großbritannien war diese Vermutung allzu pessimistisch. Wenn die EU-Zulassung von ChAdOx1 also im Februar erfolgen sollte, ist das zwar nicht ganz ideal. Es verringert das Planungsdesaster jedoch sehr – zumal man eine neue Verabreichungsformel gefunden haben will, die ChAdOx1 so wirksam macht wie die beiden mRNA-Vakzine. Dann muss man nur noch das medial geschürte Vorurteil aus der Welt schaffen, dass ein Impfstoff, nur weil er billiger ist, schlechter schützt. (Klaus Taschwer, 30.12.2020)