Den Beschaffungsvorgang der Europäischen Union wollte Bundeskanzler Sebastian Kurz im Interview nicht kritisieren.

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Wien – Das für Mitte Jänner geplante "Freitesten" aus dem Lockdown wird laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in der Gastronomie durch die Gesundheitsbehörden erfolgen. Im Kultur-, Sport- oder Tourismusbereich werden die Betreiber für die Überprüfung zuständig sein, sagte Kurz am Mittwoch in der "ZiB 2". Die Gastronomie wird man ab 18. Jänner mit einem eine Woche alten Corona-Test nutzen können, für alle anderen Einrichtungen wird der Test maximal 48 Stunden alt sein dürfen.

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Es werde überall, "wo man gewohnt ist, ein Ticket herzuzeigen oder im Tourismus den Meldezettel", verlangt werden, einen negativen Test vorzuzeigen. Für die Kontrolle werde der Betreiber zuständig sein. Für die Stichprobenkontrollen in der Gastronomie werde die Gesundheitsbehörde auch "auf die Hilfe anderer Behörden zurückgreifen können, wie zum Beispiel von der Polizei", so Kurz.

Test-Pflicht offenbar auch für Privatveranstaltungen

Gleichzeitig betonte der Bundeskanzler, es sei ein "Irrglaube", dass die Gastronomie ab dem 18. Jänner rund um die Uhr geöffnet werden könnte. "Es wird auch noch andere Sicherheitskonzepte brauchen. Wir werden nächstes Jahr wieder zur Normalität zurückkehren können – aber einige Monate werden sehr fordernd bleiben."

Für das frühzeitige "Freitesten" aus dem bis 24. Jänner aufrechten Lockdown, das laut Regierungsplänen am 15. Jänner starten soll, ist noch eine Gesetzesänderung notwendig. Am Mittwochabend kursierten laut Medienberichten bereits erste Gesetzesentwürfe, bis zum späten Abend lag aber noch kein offizieller Entwurf vor. Laut den Berichten sollen nicht nur Kultur-Veranstaltungen, Hochzeitsfeiern, Sportveranstaltungen oder der Gastronomiebesuch von der Test-Pflicht umfasst sein, sondern auch Veranstaltungen im privaten Bereich.

Kritik aus der Kulturbranche

Bedenken von Verfassungsjuristen, das geplante "Freitesten" könnte verfassungswidrig sein, wies Kurz zurück. Man werde immer einen Verfassungsjuristen finden, der Bedenken äußert, sagte er. Das "Freitesten" sei ein komplexer neuer Bereich. Die Regierung habe in den letzten Wochen sehr intensiv daran gearbeitet, ein "ausgeklügeltes Modell" zu erarbeiten.

Scharfe Kritik an dem Vorhaben der Regierung kam am Donnerstag aus der Kulturbranche. Als "demokratie- und kulturpolitisch unverträglich" bezeichnet die IG Autorinnen Autoren die Gesundheitskontrolle bei Kulturveranstaltungen. "In erster Linie werden die Schließungen durch Zugangsbeschränkungen ersetzt", so Geschäftsführer Gerhard Ruiss. Da Veranstaltungen nur tagsüber stattfinden dürfen würden, gebe es "keine Möglichkeit zur Wahrnehmung von Kulturangeboten für ein erwerbstätiges und/oder mit der Kinderbetreuung beschäftigtes Publikum an Wochentagen untertags", kritisiert Ruiss. "Wenn man unter solchen Voraussetzungen überhaupt von einer Öffnung des Kunst- und Kulturbetriebes sprechen kann, dann nur auf allerniedrigstem Niveau."

SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda sieht in den von Kurz angekündigten Test-Regeln "erneut eine massive Schlechterstellung der Kultur gegenüber der Gastronomie". Das sei die Konsequenz "fehlenden Verständnisses von Türkis-Grün für die Bedeutung von Kunst und Kultur".

Kritik an den nun zögerlich weitergehenden Impfungen wischte Kurz vom Tisch. "Es gibt keine Impfpause, aber es tritt jetzt das ein, was wir gesagt haben: Dass die Impfungen in Tranchen geliefert werden." Ab Jänner rechne man mit der Lieferung von zunächst 60.000 Impfdosen pro Woche, sagte der Kanzler.

Keine Kritik an EU-Beschaffungsmodell

Zum Vergleich mit Israel, wo schon mehr als 600.000 Menschen geimpft wurden, sagte Kurz, das Land habe mit dem Hersteller Pfizer-Biontech auf das richtige Pferd gesetzt. Die EU habe mit sechs Unternehmen Verträge abgeschlossen, "nicht wissend, welches Unternehmen am schnellsten den Durchbruch schafft". Die Frage sei es nun, ob die Zulassung von Astra Zeneca gelingt – "dann werden wir (in Österreich, Anm.) im 1. Quartal die Möglichkeit haben, weit über 500.000 Menschen zu impfen".

"Wir rufen alles ab, was wir durch die Europäische Union in der Beschaffung bekommen können. Mehr können wir nicht abrufen, weil wir uns in der Europäischen Union darauf verständigt haben, dass wir nicht einzeln mit Pharmakonzernen verhandeln, um nicht intern in einen Wettbewerb zu kommen", so Kurz. Den Beschaffungsvorgang durch die EU wollte er nicht kritisieren: Es habe niemand wissen können, das Pfizer Biontech als erster Impfstoff zugelassen wird. Man müsse nun dafür kämpfen, dass die weiteren Impfstoff-Zulassung – "wenn die wissenschaftlichen Standards erfüllt sind" – möglichst "schnell und unbürokratisch" vorangehen, betonte er. (APA, red, 31.12.2020)