Ein Furry posiert auf der "Rainfurrest 2015"-Convention.

Foto: Chipfox/Wikimedia Commons

Schwer nachvollziehbare Streitigkeiten auf sozialen Medien sind prinzipiell nichts neues, wie etwa auch die österreichische Politik-Twitterblase in steter Regelmäßigkeit beweist. Doch das Level an Skurrilität lässt sich auch noch steigern, wie ein laufender Konflikt in den USA zeigt.

Auch hier geht es maßgeblich um Twitter. Auf der einen Seite steht die National Police Association (NPA), eine Nonprofit-Organisation, die sich der Unterstützung der Polizei verschrieben hat, doch deren Motive zumindest von einigen Polizeichefs in Zweifel gezogen werden. Auf der anderen Seite stehen "Furries", Menschen die sich zwecks Rollenspiel gerne in Kostüme ("Fursuits") von "anthropomorphen" – im konkreten Falle: vermenschlichten – Tieren kleiden.

Unerklärliche Twitter-Blockaden

Laut der Szene-Seite "Dogpatch" entzündete sich der Konflikt daran, dass der offizielle NPA-Account auf Twitter zahlreiche Furries dort geblockt hatte, die dann also nicht mehr direkt auf Postings der Organisation reagieren konnten. Das traf allerdings nicht nur Nutzer, die in der Vergangenheit Kritik an der NPA geübt hatten. Es sollen sich auch viele User plötzlich auf der Bann-Liste gefunden haben, die bisher noch gar nie mit dem Konto der NPA interagiert hatten.

Dass man wahllos Furries blockiere, streitet die NPA allerdings ab. Wenn Personen obszöne Inhalte unter NPA-Postings stellten, würde man manchmal nicht nur diese sperren, sondern auch Konten, denen sie folgen, erklärte man. Es sei möglich, dass manche solcher Nutzer Furries seien und sich redlich um die Blockierung bemüht hätten.

Furries schlagen zurück

In der Furry-Community sieht man das freilich anders und vermutet entweder einen gelangweilten Social-Media-Manager mit Furry-Antipathie oder von der Leitung diktiertes Vorgehen aus politischer Abneigung gegen die Tierkostümträger. Die Szene stünde, mit wenigen rechtsextremen Ausnahmen, klar auf der linken Seite des Spektrums, erklärt ein Furry mit dem Pseudonym "Asswolf" gegenüber The Daily Beast. Das sei auch damit erklärbar, dass viele Mitglieder sich als LGBT identifizieren, die politisch von rechts in den USA immer wieder angegriffen werden.

Die Furries haben nun allerdings zum Gegenschlag ausgeholt. Laut NPA könne man derzeit keine Tweets von Behörden retweeten, da sich dort die Antworten nicht beschränken ließen und sich darunter schnell "explizites Bildmaterial" ansammle. Tatsächlich "pornöse" Inhalte konnte Daily Beast bei einer Durchsicht allerdings kaum entdecken, dafür allerdings zahlreiche Anti-Polizei-Memes.

Betrugsvorwürfe wieder im Rampenlicht

Die nicht gerade konfliktscheue Onlinegemeinde bringt im Rahmen des Konflikts auch wieder die Vorwürfe gegen die NPA zurück ins Rampenlicht. Gerne teilt man etwa einen Artikel des Indianapolis Star, in dem Polizeivertreter die NPA als "Scam" bezeichnen. Anlass war eine Fundraisingaktion in Trenton (Michigan), bei der man 2019 um Spenden zwecks Kriminalitätsbekämpfung warb.

Wo das Geld schließlich landete, außer bei der NPA selbst, blieb unklar. Zudem tauchte im Rahmen der Recherche auch ein angeblicher Vizepräsident der Organisation auf, der nach eigenen Angaben nie etwas mit ihr zu tun hatte. Organisiert wurde die Kampagne von einem Betrugsermittler der Staatsanwaltschaft von Indiana.

Laut den Steuerunterlagen für 2018 konnte die NPA in dem Jahr knapp 2,3 Millionen Dollar einnehmen. Investiert wurde das Geld in die Abdeckung eigener Aufwände, professionelle Fundraising-Dienste und Portokosten. Zumindest vier regionale Polizeibehörden haben sich mittlerweile offiziell von der NPA distanziert. Vom Konflikt scheint die Organisation bislang aber zu profitieren. Alleine zwischen Dienstag und Mittwoch konnte man um 1000 Follower auf Twitter zulegen.

Der Umgang mit Polizei bzw. Polizeiarbeit ist auch innerhalb der Furry-Community ein Streitthema. So wurde etwa nach einem heftigen Polizeieinsatz gegen eine Demonstration in Boston 2016 eifrig darüber diskutiert, ob man weiter Geld an eine Nonprofit-Organisation spenden sollte, die Westen für Polizeihunde einkauft. Ebenso bildeten sich zwei Fronten rund um die Frage, ob es angemessen sei, sich auf Furry-Events als Polizeihund zu kleiden. (red, 31.12.2020)