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Flüchtlinge gehen nach der gescheiterten Evakuierung zurück ins abgebrannte Lager Lipa.

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Die Polizei bewacht Busse vor dem Lager.

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Lagerfeuer gegen die Kälte

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Bihac – Österreich will eine Million Euro für die Betreuung von Geflüchteten in Bosnien-Herzegowina zur Verfügung stellen, teilte das Außenministerium am Mittwoch mit. Die Hilfe soll vor allem für die Betreuung von "Frauen, Kindern und unbegleiteten Minderjährigen" aufgewendet werden. NGOs kritisieren diese Zweckmidmung, da es sich bei Schutzsuchenden, die seit der Schließung des Lagers Lipa obdachlos sind, mehrheitlich um alleinstehende Männer handelt.

Der österreichische Beitrag kommt über die Austrian Development Agency (ADA) der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zugute, teilte das Außenministerium mit. Der Beitrag soll "in den nächsten Tagen zur Verfügung stehen", hieß es. "Die Situation hat sich in den letzten Wochen extrem zugespitzt. Auch aufgrund der winterlichen Verhältnisse wollen wir hier schnell unseren Beitrag zur Verbesserung der Lebensumstände leisten", zitierte die Mitteilung Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP).

IOM verteilt seit Donnerstag früh für die verbliebenen, obdachlosen Flüchtlinge Nahrungsmittel, Schlafsäcke und Winterjacken. Ein Transfer in ein besseres Camp war am Widerstand lokaler bosnischer Behörden gescheitert.

Evakuierung fehlgeschlagen

Eigentlich hätten die laut IOM rund 900 verbliebenen Geflüchteten am Dienstag mit Bussen in eine ehemalige Kaserne in Bradina, 45 Kilometer südwestlich von Sarajevo, gebracht werden sollen. Der Transfer wurde jedoch auf politischer Ebene blockiert. Die Menschen mussten daher in den bereitgestellten Bussen übernachten und sind nun wieder im abgebrannten und unbetreuten Lager Lipa. IOM verteilt eigenen Angaben zufolge seit Donnerstag Früh Hilfsgüter wie Nahrungsmittel, Schlafsäcke und Winterjacken. Es gibt jedoch nach wie vor nur ein vom Brand übrig gebliebenes Zelt, bei Temperaturen unter null Grad und Schneefall.

"Es gibt meines Wissens derzeit keine Gespräche mehr über eine Verlegung der Menschen an einen anderen Standort", sagt der IOM-Leiter in Bosnien-Herzegowina Peter Van der Auweraert gegenüber dem STANDARD. Ziel sei es stattdessen ein neues permanentes Camp in Lipa aufzubauen, sobald der Standort an das das zentrale Wasser- und Stromnetz angeschlossen sei. Für den Bau eines solchen Camps, in dem dann auch Familien mit Kindern und unbegleitete Minderjährige untergebracht werden sollen, würden die Hilfsgelder aus Österreich eingesetzt. "Die Hilfe ist mehr als willkommen", so Van der Auweraert.

Die Tatsache, dass das Camp trotz Versprechungen der bosnischen Regierung nicht wintertauglich gemacht worden war, war bereits der Grund warum es IOM vergangene Woche schloss. Aktuell könne er nicht sagen, wann der Anschluss an Strom- und Gasleitungen stattfinden soll und der Bau eines permanenten Lagers beginnen könne, so Van der Auweraert.

Der Geschäftsführer der Caritas Wien, Klaus Schwertner, kommentierte die Ankündigung des Außenministeriums auf Twitter mit: "Soweit so positiv", kritiserte aber, dass aktuell nicht Familien und Kinder, sondern vor allem junge Männer ungeschützt im Freien übernachten müssten. "Auch Männer haben Menschenrechte", twitterte er. Ähnlich sieht es Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der Asylkoordination Österreich. "Diese Zweckwidmung von Geldern für Kinder bringt in Bosnien gar nix", twitterte er.

Tatsächlich sind jene Schutzsuchenden die derzeit in Bosnien obdachlos sind mehrheitlich alleinstehnde Männer – rund 900 am Gelände des ehemaligen Lagers Lipa und weitere rund 1.500 in Gebäuderuinen verteilt über das Kanton Una-Sana. Familien mit Kindern sind in drei IOM-Zentren untergebracht, wo sie ein Dach über dem Kopf haben und versorgt werden.

Neos-Abgeordnetet Stephanie Krisper bezeichnete die Ankündigung des Außenministeriums am Donnerstag in einer Aussendung als "PR-Show". "Die ÖVP möge ihren Einfluss in der Region konstruktiv nützen und Kroatien und Bosnien zu menschenrechtskonformem Verhalten mahnen", schreibt sie und fordert einmal mehr auch die Aufnahme von Kindern und Familien aus den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln. (Johannes Pucher, 31.12.2020)