Wie sieht Heimarbeit in Zukunft aus?

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Rund eine halbe Million Arbeitslose, 400.000 in Kurzarbeit und weitere zigtausend, die in diesen Statistiken gar nicht aufscheinen, aber ihr Einkommen verloren haben. Wer da auch nur irgendeine gute Nachrichte herausliest, muss entweder zynisch, naiv oder noch ein wenig mit Restalkohol von Silvester geschädigt sein?

Ganz und gar nicht. Denn beschleunigt durch die Pandemie gibt es die Pleite der alten Arbeitsordnung zu bejubeln: Fixe Dogmen der etablierten Arbeitswelt, die so viele, vor allem junge Menschen und solche ab 50 ihrer Chancen beraubt und sie in Bewerbungsverfahren auf den Ablagestapel geworfen haben, sind endlich gefallen.

Starre Regeln, die so vielen Menschen ihre Arbeit unerträglich erschwert haben, sind gebrochen. Dazu gehört etwa: "Wer nicht anwesend ist, leistet nichts." Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Unternehmen müssen jetzt eine sogenannte hybride Lösung für ihre Belegschaften finden, also eine Mischung aus Homeoffice und Büro. Die Möglichkeit, (auch) von zu Hause aus zu arbeiten, ist in den vergangenen Monaten zum fixen Bestandteil von Stellenausschreibungen geworden. Das wünscht sich auch die Mehrheit der Arbeitenden in Österreich.

"Was nicht messbar ist, ist nicht zu managen"

Der Grundsatz "Was nicht messbar ist, ist nicht zu managen" ist damit ein kaputtes Dogma: Wer nicht mehr wie früher kontrollieren kann, muss eben zwangsweise Vertrauen und damit einen neuen Führungsstil einüben. Ebenfalls pleite ist die Anpassungsverordnung "Wer nicht alles machen will wie früher, muss gehen".

Kaum ein Firmenboss, der nicht schon mehrmals proklamiert hätte, neues Denken sei für das neue Normal gefragt. Wunderbar! Lineares Denken, simple Kausalität und ein Reproduzieren alter Brauchbarkeitsmuster führen nicht in die superkomplexe Zukunft. Das Einstellen möglichst fehlerfreier, widerspruchsloser Menschen bringt nicht die Innovationen, die auf der Eigenkapitalseite gebraucht werden.

Schwurbelige vermeintliche Fähigkeiten wie "Leistungsbereitschaft" und "Teamfähigkeit" nebst einer Mappe voller Zertifikate inklusive eines Lebensalters unter 35 und vorzugsweise keines weiblichen Geschlechts – das kann nicht mehr die Belegschaft der Future-Company sein.

"Leider nein, ihr müsst halt ein bissl braver sein"

Die beste Nachricht ist, dass das alte Jahr Schluss damit gemacht hat, Jungen auf Arbeitssuche zu sagen "Leider nein, ihr müsst halt ein bissl braver sein" oder "Leider nein, ihr müsst halt besser rechnen, besser Deutsch können, weniger Tattoos haben". Die Konsequenzen, was mit unserer Gesellschaft passiert, wenn wir junge Generationen in letzter Konsequenz hängenlassen, sind konkret geworden. In Wirtschaft und in Politik.

Kluge Arbeitgeber von morgen trommeln heute schon, dass sie nun mehr Lehrstellen als je zuvor anbieten. Firmenchefs haben aufgehört, in jedem Interview öffentlich zu bejammern, wie schlecht ausgebildet und zurückhaltend in puncto Arbeitswilligkeit die Jungen seien. Die Diskussion hat sich endlich gedreht – vom Kopfschütteln über die "Ansprüche" der Jungen hin zur Frage: "Wie können wir Ausbildung und Arbeit so gestalten, dass es euch entspricht und unsere Systeme nicht zusammenbrechen?"

Das bringt die Politik unter starken Handlungszwang, einen Masterplan für Ausbildungs- und Jobchancen zu erstellen. Das Festhalten an alten Mustern und Schablonen ist endgültig vorbei. (Karin Bauer, 3.1.2021)