Van der Bellen als Oberbefehlshaber (mit Gardesoldaten): Nur 43 Prozent stimmen voll oder teilweise zu, dass er diese Rolle gut ausfüllt. 37 Prozent sehen das wenig bis gar nicht. 20 Prozent fühlen sich überfragt.

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Linz/Wien – Die Zufriedenheit der wahlberechtigten Österreicherinnen und Österreicher mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist weiterhin auf hohem Niveau – aber leicht unter jenem vor einem Jahr. Damals hatte das Staatsoberhaupt das forderndste Jahr hinter sich, das je ein Bundespräsident zu bestehen hatte: Erstmals hatte Van der Bellen nach der Ibiza-Affäre die volle Macht seines Amtes ausgenutzt und eine reine Beamtenregierung ohne parlamentarische Mehrheit eingesetzt. Nach Neuwahlen hatte er die Bildung einer türkis-grünen Regierung ermöglicht.

Market-Chef Werner Beutelmeyer sieht "eine gewisse Normalität" in die Beziehung der Bevölkerung zu ihrem Staatschef zurückgekehrt: "Man hat jahrzehntelang die Funktion des Bundespräsidenten aus dem Parteienstreit herausgehalten – das Idealbild war, dass ein einmal gewähltes Staatsoberhaupt als 'Bundespräsident für alle Österreicher' gelten sollte. Durchbrochen wurde das nur in der Ära Waldheim mit ihrer starken Polarisierung. Und auch Van der Bellen hat in den ersten beiden Jahren stark polarisiert, genauer: Es waren die Wähler von Norbert Hofer, die ihm nicht verziehen haben, dass er gewonnen hat."

Unzufriedene FPÖ-Wähler

Das ist weitgehend Geschichte: Derzeit zeigen sich 38 Prozent sehr und weitere 30 Prozent überwiegend zufrieden mit dem Wahlausgang der Stichwahl vor mehr als vier Jahren. Die weniger und gar nicht mit dem Wahlergebnis Zufriedenen sind vor allem im (stark geschrumpften) Kreis der getreuen FPÖ-Wähler zu finden.

Der konkreten Aussage, dass Van der Bellen ein Präsident für alle Österreicher sei, stimmen 47 Prozent voll und 19 Prozent teilweise zu – zwölf Prozent ein wenig und 15 Prozent gar nicht. Wieder sind es in hohem Maße die FPÖ-Wähler, die sich nicht von Van der Bellen vertreten fühlen. Die Hälfte der FPÖ-Wählerschaft bestreitet auch, dass Van der Bellen im Ausland hohes Ansehen habe – für die Mehrheit ist das hohe Ansehen des Staatsoberhauptes im Inland wie auch im Ausland eine Selbstverständlichkeit.

Was für eine allfällige Wiederkandidatur Van der Bellens ebenfalls relevant sein könnte: In derselben Umfrage haben – gefragt nach wahrscheinlichen Entwicklungen und Ereignissen des Jahres 2021 – 52 Prozent gesagt, dass sie damit rechnen, dass Van der Bellen auch bei jenen an Ansehen gewinnen wird, die ihn nicht gewählt haben.

Die Hoffnung darauf ist vor allem bei erklärten Grün-Wählern hoch, sie wird aber auch von zwei Dritteln der SPÖ-Anhänger geteilt. Wiederum sind es vor allem die Freiheitlichen, die eher nicht damit rechnen, dass Van der Bellen spät, aber doch jene überzeugen könnte, die ihn im Jahr 2016 nicht gewählt haben.

Nach Beutelmeyers Einschätzung wäre ein neuerliches Antreten des amtierenden Staatsoberhaupts mit wenig Risiken verbunden. Auch die Corona-Krise dürfte da wenig Einfluss haben: "Dass er einmal zu lang in einem Gastgarten gesessen ist, wird ihm wohl nicht von allzu vielen Wahlberechtigten vorgeworfen werden. Eine deutliche Mehrheit meint, dass er in der Corona-Krise weitgehend richtig reagiert hat."

In Zahlen: 33 Prozent stimmen voll, und 23 Prozent teilweise der Aussage zu: "Bundespräsident Van der Bellen hat sich in der Corona-Krise bewährt." Diese Meinung hat wiederum klare Mehrheiten in allen Parteiwählerschaften außer jener der Freiheitlichen, auch die politisch nicht Festgelegten sind von Van der Bellens Haltung in der Krise nicht sehr stark überzeugt.

Die Rolle als Oberbefehlshaber

DER STANDARD ließ auch erheben, wie sich Van der Bellen in seiner Rolle als Oberbefehlshaber des Bundesheers bewährt habe. Obwohl Van der Bellen bisher – in Anbetracht seiner Vergangenheit als langjähriger Parteichef der Grünen überraschend deutlich – für eine Stärkung der militärischen Landesverteidigung eingetreten ist, sind die Einschätzungen der Wahlberechtigten nicht ganz eindeutig. Nur 20 Prozent stimmen voll und weitere 23 Prozent teilweise der Art zu, wie Van der Bellen seine Rolle als Oberbefehlshaber ausgefüllt hat. 19 Prozent gefiel das wenig, 18 Prozent gar nicht. (Conrad Seidl, 11.1.2021)