Der Chef der iranischen Atomorganisation (AEOI), Ali Akbar Salehi, hatte das neue iranische Atomgesetz als technisch unrealistisch kritisiert, da derzeit für seine Umsetzung kein Budget zur Verfügung stehe.

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Wien/Teheran – Teheran hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO/IAEA) in Wien über das neue iranische Atomgesetz informiert, das unter anderem eine Erhöhung der Urananreicherung auf 20 Prozent vorsieht. "In einem Schreiben haben wir der IAEA mitgeteilt, dass wir dazu die Urangaskapseln ändern müssen und die IAEA-Inspekteure diese entsiegeln sollen", sagte der Vizepräsident und Chef der iranischen Atomorganisation (AEOI), Ali Akbar Salehi, nach lokalen Medienberichten vom Samstag.

Die IAEO mit Sitz in Wien bestätigte den Erhalt des Schreibens, das auf den 31. Dezember datiert war. Wann die Anreicherung beginnen solle, sei in dem Brief offengeblieben. Die Behörde betonte aber, dass Inspekteure das ganze Jahr über im Iran stationiert seien und regelmäßig Zugang zur betroffenen Atomanlage hätten.

Umstrittenes Atomgesetz

Das Atomgesetz war Ende November von den Hardlinern und Regierungsgegnern im iranischen Parlament verabschiedet worden. Danach soll die AEOI unter anderem pro Jahr 120 Kilogramm 20-prozentiges Uran herstellen und lagern. Das Gesetz verstößt klar gegen das Wiener Atomabkommen von 2015, mit dem der Iran von einem Atomwaffenprogramm abgehalten werden sollte. Politisch delikat ist der im Gesetz vorgesehene Ausstieg des Irans aus dem Zusatzprotokoll der IAEO, der den Zugang von UN-Inspekteuren zu iranischen Atomanlagen beschränken oder gar verbieten würde.

"Wir müssen das neue Atomgesetz umsetzen, das können wir auch, aber vorher muss der Präsident (Hassan Rouhani) dies auch anordnen", sagte der Atomchef, ohne direkt auf die Urananreicherung einzugehen. Salehi hatte das Gesetz im Dezember als technisch unrealistisch kritisiert, da derzeit für seine Umsetzung kein Budget zur Verfügung stehe.

Präsident Rouhani hält das Gesetz für politisch unklug, weil es nach seiner Ansicht die diplomatischen Bemühungen um eine Rettung des Wiener Atomabkommen nach dem Amtsantritt des künftigen US-Präsidenten Joe Biden gefährdenwürde. Der amtierende US-Präsident Donald Trump war aus dem Atomdeal ausgestiegen. Teheran hofft auf eine Aufhebung der damit verbundenen US-Sanktionen, die das Land in die schlimmste Wirtschaftskrise seiner jüngeren Geschichte gestürzt haben.

Wiederaufnahme schwierig

Der Direktor des Friedensforschungsinstituts Sipri sieht die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran auch unter Biden mit Skepsis. Selbst wenn der Demokrat andere strategische Schwerpunkte als Amtsinhaber Trump verfolge und sich von dessen Politikstil verabschieden sollte: "Eine erfolgreiche Wiederaufnahme des Abkommens könnte mehr politisches Kapital kosten, als Joe Biden bereit ist zu investieren", sagte Institutsdirektor Dan Smith der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). Ähnlich sei es im Iran: "Auch dort ist die Stimmung gekippt, weil das Abkommen nicht gehalten hat, was versprochen war."

Weder sei der Iran infolge des Deals wieder vollständig an den Welthandel angebunden worden, noch hätten sich internationale Investoren in größerer Zahl ins Land getraut. "Aus Sicht der iranischen Führung bedürfte es seitens der USA also eines ganz besonderen Angebots, um sich dem Abkommen wieder voll und ganz verpflichtet zu fühlen", sagte Smith. "Ich sehe nicht, was Biden da auf den Tisch legen könnte, ohne dass der Iran freiwillig einen unwahrscheinlichen Vertrauensvorschuss gewährt." (APA, 3.1.2020)