Berlin – Nach seiner missratenen Premiere beim krisengeschüttelten deutschen Bundesligisten Schalke 04 bemühte Christian Gross einen berühmten Satz von Angela Merkel für ein bisschen Zuversicht. "Wir schaffen das", sagte der neue Trainer des abgeschlagenen Bundesliga-Schlusslichtes, "aber wir schaffen das nur gemeinsam." Dass der Schweizer alleine kein Heilsbringer ist, hat das verdiente 0:3 (0:1) im ersten Spiel unter seiner Regie bei Hertha BSC klar gezeigt.

Schalke taumelt auch unter dem vierten Trainer in dieser Saison dem Abgrund entgegen. "Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt", sagte Gross (66) mit einem gequälten Lächeln über seine denkbar schlecht gestartete Rettungs-Mission. Doch Schalke braucht mehr als das Prinzip Hoffnung, um den Abstieg doch noch zu verhindern.

Kein Aufbäumen gegen den Abstieg auf Schalke.
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Angreifer Mark Uth, der drei Wochen nach seiner Gehirnerschütterung als einziger Schalker überzeugen konnte, forderte nach dem Abpfiff im Berliner Olympiastadion öffentlich Verstärkungen. "Die Verantwortlichen müssen auf dem Transfermarkt unbedingt tätig werden. Wir brauchen Spieler, die uns sofort helfen", sagte der Ex-DFB-Teamspieler. In der Verfassung der erbärmlichen zweiten Halbzeit sei man nämlich "nicht wettbewerbsfähig".

Für die katastrophale Zusammenstellung des Kaders ist Jochen Schneider verantwortlich, der Sportvorstand ist mächtig angezählt. Sein persönliches Schicksal auf Schalke ist an den Erfolg von Gross geknüpft. "Das ist doch klar, da brauchen wir doch nicht um den heißen Brei herumreden", sagte Schneider am Sonntag bei der Talkshow Sky90.

Er selbst muss auf dem Transfermarkt nun Treffer landen, aber angesichts von über 200 Millionen Euro Schulden ist eigentlich kein Geld in der Kasse. Eine Finanzhilfe des früheren Aufsichtsratschefs Clemens Tönnies schloss Schneider zumindest nicht aus ("Das werden wir dann sehen") – allein das dürfte Teile der Fans in Rage bringen.

Gross veränderte bisher kaum etwas. Bei der Aufstellung und Taktik verzichtete er weitestgehend auf Experimente, und auch beim Coaching hielt sich der Schweizer merklich zurück. Kaum Emotionen, kaum Eingriffe ins Spiel – viele Fans fragen sich: Wie will der Feuerwehrmann so die vielen Brände löschen? Dazu passte, dass Gross vor dem Hoffenheim-Spiel auf ein Kurz-Trainingslager oder andere Aktionen verzichten will: "Wir werden nichts Außergewöhnliches tun."

Wenn aber nichts Außergewöhnliches mehr passiert, steigt Schalke am Saisonende zum ersten Mal seit 1988 wieder in die 2. Liga ab. Die Horror-Bilanz nach 14 Spieltagen lautet: die schlechteste Punkteausbeute (4), die anfälligste Abwehr (39 Gegentore), die harmloseste Offensive (8 Treffer).

Der unrühmliche Sieglos-Rekord, für den einige Tasmania-Fans am Samstag vor dem Berliner Olympiastadion mit Plakaten ("Rettet Tas den Rekord!") "demonstrierten", kann am Samstag Realität werden. (sid, red, 3.1.2021)