Die Tropen dehnen sich aus – und die Meeresströmungen spielen dabei eine entscheidende Rolle.
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Nur rund zehn Millionen Jahre nachdem ein Asteroideneinschlag dem Dinosaurierzeitalter ein abruptes Ende bereitete und die globale Durchschnittstemperatur für einige Zeit unter den Gefrierpunkt drückte, war die Erde wieder von tropischen Verhältnissen geprägt. Am Übergang vom Paläozän zum Eozän vor 56 Millionen Jahren kam es in einer ohnehin schon recht warmen Welt sogar zu einer zusätzlichen extremen Erwärmungsphase: Der Unterschied zwischen den Meerestemperaturen am Äquator und den Polen schrumpfte damals auf allenfalls sechs bis sieben Grad Celsius und die Tropen erstreckten sich bis über Mitteleuropa hinaus.

Wachsende Tropen

Die genauen Ursachen für diesen dramatischen Klimawandel sind umstritten, man nimmt aber großflächigen Vulkanismus als Auslöser an, der binnen verhältnismäßig kurzer Zeit enorme Mengen an Kohlenstoff in die Atmosphäre und die Ozeane verfrachtet hat. Allerdings sollte man nicht vergessen: Heute gelangt Kohlenstoff etwa zehn Mal schneller in Atmosphäre und Hydrosphäre unseres Planeten – mit den entsprechenden Konsequenzen. Ohne weitgehende Gegenmaßnahmen dürften sich die Tropen daher in Zukunft wohl allmählich wieder ausdehnen.

Tatsächlich zeigt eine aktuelle Studie, dass dies bereits der Fall ist. Die schweren Dürren in den USA oder in Australien sind demnach erste Anzeichen dafür. Die Gründe dafür konnten bisher aber nicht schlüssig erklärt werden, weil Experten vor allem die Vorgänge in der Atmosphäre im Blick hatten. Jetzt haben Forscher vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) das Rätsel gelöst: Die bedenkliche Ausdehnung der Tropen wird nicht etwa durch Prozesse in der Atmosphäre verursacht, sondern durch Meeresströmungen.

23. Breitengrad

Buschbrände in Australien und Kalifornien, Dürre und Wassermangel am Mittelmeer – solche Ereignisse treten seit einigen Jahren immer häufiger auf, was nach Ansicht von Wissenschaftern mit der zunehmenden Ausdehnung der Tropen in Zusammenhang steht. Und das führt dazu, dass die betroffenen Regionen heißer und trockener werden. Per Definition erstrecken sich die Tropen um den Äquator, vom 23. Breitengrad im Norden bis 23. Grad südlicher Breite. Das Zentrum der Tropen ist feucht und hat viel Niederschlag, die Ränder im Norden und im Süden hingegen sind trocken und heiß. Im Zuge des Klimawandels aber dehnen sich die heißen und trockenen Gebiete seit geraumer Zeit auf der Nordhalbkugel weiter nach Norden und auf der Südhalbkugel nach Süden aus – beispielsweise bis in den Süden Kaliforniens.

Doch die Klimaforscher hatten bislang ein Problem. Es gelang ihnen mit ihren Klimamodellen nicht, diese offensichtliche Ausdehnung der Tropen schlüssig nachzuvollziehen und zu begründen. Eine deutliche Verschiebung der Tropen, zeitgleich auf der Nord- und Südhalbkugel, bildeten die Klimarechenmodelle einfach nicht ab. Die wahrscheinliche Ursache hat ein Team um die Physiker Hu Yang und Gerrit Lohmann vom AWI gefunden.

Wie die Experten jetzt im Fachmagazin "Journal of Geophysical Research Atmospheres" berichten, liegt die Ursache für die Ausdehnung offenbar an einer veränderten Erwärmung des Ozeans. Bislang war die Fachwelt davon ausgegangen, dass Vorgänge in der Atmosphäre die treibende Rolle spielten – etwa eine Veränderung der Ozonkonzentration oder der Aerosole. Auch hatte man es für möglich gehalten, dass natürliche Klimaschwankungen, die im Rhythmus von Dekaden auftreten, für die Ausdehnung der Tropen verantwortlich sind. Die Wissenschafter hatten also lange Zeit gewissermaßen an der falschen Stelle gesucht.

Akkumulierte Wärme

"Unsere Modellrechnungen zeigen, dass großräumige Meeresströmungen sowohl auf der Nord- als auch auf der Südhalbkugel der entscheidende Treiber sind", sagt Hu Yang, leitender Autor der Studie. Bei diesen Meeresströmungen handelt es sich um viele Hundert Kilometer breite Wasserwirbel, die langsam kreisen. Diese sind besonders aus dem Pazifik bekannt, weil sich in ihnen der in den Meeren treibende Plastikmüll konzentriert. "Weil die Strömungen in dieser Region die Wassermassen besonders stark zusammenführen, akkumuliert die subtropische Ozeanoberfläche hier leichter Wärme als in anderen Meeresregionen – ganz so wie beim Plastik", sagt Lohmann.

Diese Erwärmung des subtropischen Ozeans führt dazu, dass sich die warmen Meeresregionen vergrößern. Seine Rechnungen zeigten, dass dies der Auslöser für die Ausdehnung der Tropen nach Norden beziehungsweise Süden sei. "Bislang hat man zu kompliziert gedacht und komplexe Veränderungen in der Atmosphäre als Ursache vermutet. In Wahrheit ist es ein relativ einfacher Mechanismus der Meeresströmungen."

Bestätigte Klimamodelle

Anlass für ihre Berechnungen waren Daten zu den Meereswirbeln, über die die Forscher vor fünf Jahren gestolpert waren. Dabei handelte es sich um frei in Datenbanken verfügbare Messwerte der Meerestemperatur und Satellitendaten. Beide deuteten darauf hin, dass sich die ozeanischen Wirbel verstärken und wärmer werden. "Das brachte uns auf die Idee, dass sie bei der Ausdehnung der Tropen die entscheidende Rolle spielen könnten", sagt Hu Yang. Und die AWI-Experten lagen richtig: Ihre Ergebnisse passen perfekt zu den realen Beobachtungen und Messwerten der aktuellen Tropenausdehnung. Wie in der Realität zeigt ihr Klimamodell, dass sich die Tropen im Norden weiter nach Norden, im Süden weiter nach Süden in Richtung der Pole ausdehnen. Im Süden ist dieser Effekt sogar noch stärker. Das liege daran, dass der Ozean dort mehr Fläche einnimmt als im Norden. (red, 3.1.2021)