Arbeitsministerin Aschbacher betont trotzt Rekordarbeitslosigkeit die positiven Dinge. Dass 2020 ein Prozent mehr Menschen Arbeit gefunden haben als 2019, zeige, dass der Arbeitsmarkt trotz Krise dynamisch sei.

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Wien – Und da ist sie wieder, die halbe Million. Zwar waren sich Experten bereits vor der Veröffentlichung der jüngsten Arbeitsmarktdaten einig, dass die Arbeitslosigkeit Ende Dezember die Marke von 500.000 Arbeitslosen wieder überspringen dürfte. Am Montag aber hat das Arbeitsmarktservice (AMS) für Gewissheit gesorgt. 520.919 Menschen waren mit Ende des Corona-Jahres 2020 arbeitslos. Das ist zwar weniger als Mitte April, als rund 588.000 Menschen in Österreich Arbeit suchten. Seit Ausbruch der zweiten Welle überschritt die Zahl der Arbeitslosen nun zum ersten Mal wieder die Schwelle von 500.000. Gegenüber Ende 2019 lag die Arbeitslosigkeit heuer zu Jahresende um 28 Prozent höher.

Von einer enorm herausfordernden Situation sprach Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) am Montag. Zwar schnellt die Arbeitslosigkeit jeden Winter in die Höhe, weil weniger gebaut wird. Allein im Baubereich waren im Dezember 33.000 Menschen mehr ohne Job als im November. Allerdings verpfuschte der dritte Lockdown der Wintertouristik den Saisonstart und brachte im Jahresvergleich mehr als eine Verdoppelung der Arbeitslosigkeit in Gastronomie und Tourismus.

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Mehr Menschen in Kurzarbeit

"Das seit Jahrzehnten schwierigste Jahr am Arbeitsmarkt verabschiedet sich mit auch wirklich schlechten Arbeitslosenzahlen", kommentierte AMS-Chef Johannes Kopf die jüngsten Arbeitsmarktdaten. Dabei hätte die Arbeitslosigkeit noch höher ausfallen können. Der scheinbar naheliegende Schluss, dass Kurzarbeit in Touristik und Gastronomie nicht funktioniert, sei falsch, merkte Kopf an. Mit fast 100.000 Arbeitnehmern in Kurzarbeit ist der Tourismus aktuell Spitzenreiter aller Branchen beim Jobretten.

Die Kurzarbeit stieg im Vergleich zum November um 140.000 Personen. Derzeit befinden sich 417.113 Personen in Kurzarbeit. Gäbe es keine Kurzarbeit, wären laut Berechnungen des gewerkschaftsnahen Momentum Instituts im Dezember knapp 730.000 Menschen arbeitslos gewesen.

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Die Impfung muss es richten

Wie angespannt die Lage derzeit ist, zeigt auch die Zahl der offenen Stellen. Die Anzahl der sofort verfügbaren Stellen schrumpfte im Jahresvergleich um 22,7 Prozent auf 50.610.

"Was der Arbeitsmarkt jetzt braucht, ist eine Impfung", sagt Oliver Picek, Chefökonom des Momentum Instituts: "Danach braucht es aber Beschäftigungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose." Man wisse aus vergangenen Krisen, dass die Dynamik am Arbeitsmarkt zunächst die besser Qualifizierten mitnimmt. Ist die Pandemie einmal unter Kontrolle, entstünden wieder Jobs – aber nicht ausreichend viele.

Beschäftigungsoffensive

Damit auch Geringqualifizierte oder ältere Arbeitslose nach der Krise eine Chance auf eine Einstellung haben, müsse der öffentliche Sektor Stellen schaffen, fordert Picek. Bedarf gebe genug, so der Ökonom mit Verweis auf Bildungs- und Pflegeeinrichtungen.

Tatsächlich verheißen die (hier verlinkten) AMS-Daten mit Blick auf andauernde Arbeitslosigkeit wenig Gutes. Die Langzeitbeschäftigungslosigkeit stieg um mehr als 37 Prozent auf 136.620 Personen, die Langzeitarbeitslosigkeit um mehr als 66 Prozent auf 81.513. Während die Langzeitarbeitslosigkeit Menschen in Schulungen nicht berücksichtigt, misst die Langzeitbeschäftigungslosigkeit alle Menschen, die zum Stichtag seit mehr als 365 Tagen keine Arbeit hatten – auch wenn sie in Schulung sind.

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Das AMS veröffentliche am Montagvormittag auch den Arbeitslosigkeit-Jahresschnitt. Im Gesamtjahr 2020 gab es 466.746 Arbeitslose und Schulungsteilnehmer, ein Plus von 28,5 Prozent gegenüber 2019. "Wenn auch schon Licht am Horizont erscheint, noch ist diese Krise nicht vorbei", so AMS-Vorstand Kopf. "Viele Probleme, wie insbesondere das Ansteigen der Langzeitarbeitslosigkeit, werden uns noch lange beschäftigen." (luis, 4.1.2020)