In Fordo in der Provinz Ghom im Zentrum des Iran steht die Fabrik, in der die Urananreicherung vorgenommen wird.

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Teheran – Der Iran hat mit der umstrittenen Erhöhung seiner Urananreicherung in der Atomanlage Fordo südlich der Hauptstadt Teheran begonnen. "Das technische Prozedere für Urananreicherung auf 20 Prozent hat vor einigen Stunden in Fordo begonnen", sagte Regierungssprecher Ali Rabiei am Montag auf dem Regierungsportal Dolat.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) sei über den Vorgang sowie das neue Atomgesetz, das unter anderem eine Erhöhung der Urananreicherung auf 20 Prozent vorsieht, in Kenntnis gesetzt worden. Dem widersprach die IAEA allerdings später am Montag.

Das Verfahren stehe im Einklang mit dem vom Parlament verabschiedeten Atomgesetz. "Das Gesetz muss trotz Bedenken innerhalb der Regierung umgesetzt werden", sagte der Sprecher. Sowohl die Iranische Atomenergieorganisation (AEOI) als auch Präsident Hassan Rohani sind gegen das neue Atomgesetz. Laut Verfassung müssen sie die im Parlament verabschiedeten Gesetzte jedoch umsetzen.

EU mahnt: "Erhebliche Abweichung"

Die Urananreicherung wäre aus Sicht der EU ein klarer Verstoß gegen das Wiener Atomabkommen von 2015. Sollten die Ankündigungen aus Teheran tatsächlich umgesetzt werden, würde es sich um eine "erhebliche Abweichung von den iranischen Verpflichtungen" unter dem Abkommen handeln, wie ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Montag in Brüssel sagte.

Zudem hätte es demnach "ernsthafte Auswirkungen auf die Nichtverbreitung von Kernwaffen". Jeder Schritt, der den Erhalt des Abkommens schwächen könne, müsse unterlassen werden.

Zugleich verwies der Sprecher darauf, dass die IAEA bisher nicht bestätigt habe, dass der Iran die Ankündigung tatsächlich umgesetzt habe. Man entscheide und handele jedoch auf Grundlage von IAEA-Bewertungen. Die Behörde wolle die anderen Vertragsstaaten noch am Montag über die Lage informieren.

Umstrittenes Atomgesetz des Iran

Das Atomgesetz wurde Ende November von den Hardlinern und Regierungsgegnern im Parlament verabschiedet. Danach soll die AEOI unter anderem pro Jahr 120 Kilogramm auf 20 Prozent angereichertes Uran herstellen und lagern. Politisch delikat ist der im Gesetz vorgesehene Ausstieg des Iran aus dem Zusatzprotokoll der IAEA, der den Zugang von UN-Inspekteuren zu iranischen Atomanlagen beschränken oder gar verbieten würde. Das Gesetz verstößt in allen Punkten gegen den Wiener Atomdeal, mit dem der Iran von einem Atomwaffenprogramm abgehalten werden sollte.

Präsident Rohani hält das Gesetz für politisch unklug und sieht es im Zusammenhang mit einem internen Machtkampf vor der Präsidentenwahl im Juni. Das Gesetz würde seiner Ansicht nach die diplomatischen Bemühungen um eine Rettung des Atomabkommen nach dem Amtsantritt von Joe Biden gefährden, der am 20. Jänner als US-Präsident vereidigt wird. Der scheidende Präsident Donald Trump war 2018 aus dem Atomdeal ausgestiegen. Teheran hofft auf eine Aufhebung der damit verbundenen Sanktionen, die das Land in die schlimmste Wirtschaftskrise seiner jüngeren Geschichte gestürzt haben. (APA, 4.1.2021)