Die Migranten sind weiterhin unzureichend untergebracht.

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Viele frieren und sind durchnässt. Noch immer befinden sich etwa 1.000 Migranten – vorwiegend Pakistaner und Afghanen – im aufgelassenen Lager Lipa. Das bosnische Militär hat zwar Zelte aufgebaut, doch diese sind noch nicht ausreichend isoliert. Und es fehlen die Heizungen, die notwendig sind, um im oft bitterkalten bosnischen Winter überleben zu können. Das Lager ist auch nicht an Strom und Wasser angeschlossen. Deshalb müssen die geplanten Heizungen mit Diesel betrieben werden. Und bisher hat sich noch keine Institution bereiterklärt, dafür zu bezahlen.

Das Drama um die vom Kältetod bedrohten Menschen, die keiner aufnehmen will, geht also weiter. Das Lager Lipa unweit der Stadt Bihać wurde im Frühjahr gebaut, um die Ausbreitung der Pandemie unter den etwa 7.000 Migranten in Bosnien-Herzegowina zu verhindern, es war aber nie für den Winter gedacht. Auch die Straßen zum Camp – unbefestigte Feldwege – sind praktisch unbefahrbar geworden. Der Regen hat alles aufgeweicht, man versinkt im Lehm. In Lipa stehen noch wie Skelette die Gerüste der abgebrannten großen Zelte.

Leiden unter Migrationskrise

Denn nachdem die Internationale Organisation für Migration (IOM) das Lager schließen musste, weil die Zelte unter der Schneelast zusammenzubrechen drohten, zündeten einige Migranten aus Wut und Verzweiflung das bereits verlassene Lager einen Tag vor Weihnachten ab. Die bosnische Regierung beschloss, dass die Migranten in der Lagerhalle Bira in Bihać untergebracht werden sollten, die im Sommer geschlossen worden war. Doch die lokalen Politiker stellten sich dagegen. Denn viele Bürger von Bihać leiden seit Jahren unter der Migrationskrise.

Die Stadt wurde vor ein paar Jahren zum Ausgangspunkt für den Versuch, über Kroatien in die EU zu gelangen. Die meisten wollen danach meistens nach Italien, um dort unterzutauchen. Viele von ihnen haben keine Chance, Asyl zu bekommen. Es handelt sich oft um Arbeitsmigranten, die in Griechenland oder Bulgarien in die EU eingereist sind. Weil es keinen Datenaustausch zwischen diesen EU-Staaten und Bosnien-Herzegowina gibt, haben die bosnischen Behörden keine Möglichkeit, die Leute wieder zurückzuschicken, um sie einem geregelten Verfahren zuzuführen.

The Game

Die Betroffenen wollen auch nicht in Bosnien-Herzegowina bleiben, doch im Winter können sie nicht über die Berge zum sogenannten "Game" aufbrechen, also dem Versuch, nach Kroatien zu gelangen, weil hier an der Grenze zu viel Schnee liegt und das Übernachten im Freien zu gefährlich ist. Vertreter der internationalen Gemeinschaft fordern seit Wochen, dass ein neues Lager errichtet werden oder zumindest die Halle Bira wiederaufgesperrt werden soll. Doch die lokalen Behörden verweigerten das bislang. Nun hat die EU neuerlich 3,5 Millionen Euro zur Bewältigung der humanitären Krise versprochen. Österreich hat bereits eine Million für die IOM zugesagt.

In dem Kanton Una-Sana befinden sich insgesamt etwa 2.500 Migranten, die ohne Unterkunft, ohne Gesundheitsversorgung, ohne frisches Wasser und Sanitäranlagen vor sich hinvegetieren. Die bosnischen Behörden haben nicht die Kapazität, fremdenrechtliche Verfahren durchzuführen. Das Asyl- und Fremdenrechtswesen ist nur rudimentär vorhanden. Zudem gibt es keine Abkommen, wie sie die EU abgeschlossen hat, um abgelehnte Asylwerber in ihre Herkunftsstaaten zurückzuführen. (Adelheid Wölfl, 4.1.2021)