Eine Wohnung in der Stadt – oder doch am Land? Corona hat Überlegungen zum Wohnen in den Fokus gerückt.

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Die Wohnungssuche geht für viele auch im Lockdown weiter. Besichtigungen finden jetzt zwar wieder großteils virtuell statt. Aber wer schon länger auf der Suche ist, hat sich daran im nunmehr dritten Lockdown gewöhnt.

Die Corona-Pandemie wirkt sich auf so gut wie alle Bereiche des Lebens aus. Nur Wohnimmobilien scheinen trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage gefragt wie nie. Das belegen auch die Berichte von Maklerunternehmen, die zum Jahresanfang zu Pressegesprächen luden.

Durch Corona, so eine Theorie, ist das Wohnen noch einmal mehr in den Fokus gerückt. Viele Menschen verbrachten 2020 mehr Zeit zu Hause als sonst. Manche bemerkten so erst, dass ihre Wohnung ihre Bedürfnisse nicht erfüllt. Etwa, weil der nötige Platz fehlt. Oder weil die laute Straße ums Eck als störend empfunden wird, wenn man den ganzen Tag daheim sitzt.

Run aufs Betongold

Doch nicht nur Eigennutzer, auch Anleger haben 2020 noch einmal mehr als in den ohnehin schon starken Vorjahren ins Betongold investiert, wie der Immobiliendienstleister EHL berichtet: 900 Vorsorgewohnungen um ca. 200 Millionen Euro wurden in Wien laut EHL-Prognose 2020 verkauft. Insgesamt könnten rund 14.500 Wohnungen in Wien verkauft worden sein, so eine Hochrechnung. Ganz sicher ist das noch nicht: Manche Verbücherungen sind noch nicht abgeschlossen. Das neue Jahr ist ja noch jung.

Beim Maklernetzwerk Remax geht man österreichweit für das Vorjahr von 135.000 verkauften Immobilien aus. Für das starke Jahr hauptverantwortlich seien nicht nur das niedrige Zinsniveau und das Fehlen alternativer Anlagemöglichkeiten, sondern auch die Unsicherheit wegen Covid-19, berichtet Remax-Austria-Chef Bernhard Reikersdorfer. Er geht dennoch davon aus, dass die Verkäufe im Vergleich zu 2019 zurückgegangen sind. Das liege aber vor allem am mangelnden Angebot.

Zögerliche Mieter

Zu Beginn des ersten Lockdowns schaute es noch düster aus. Damals brach die Nachfrage am Wohnungsmarkt schlagartig ein. Allerdings nur vorübergehend – schon rund um Ostern berichteten Maklerinnen und Makler vom wachsenden Interesse der Wohnungssuchenden. Spätestens ab Sommer war am Wohnungsmarkt dann wieder Normalität eingekehrt.

Zumindest fast: Bei Mietwohnungen bemerkte Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin der EHL Wohnen GmbH, zwar mehr Besichtigungen, weil viele sich nach dem Lockdown eine Wohnung mit Freifläche wünschten. Allerdings seien die Abschlusszahlen von Mietverträgen "verhalten" gewesen, weil manche sich angesichts von Kurzarbeit und unsicherer Jobsituation doch nicht durchdringen konnten.

Kredite wurden schwieriger

Auch wenn die meisten nach spätestens drei Lockdowns also wissen, was ihre Wohnungen können soll und was nicht: Eine neue Wohnung ist für viele trotzdem nicht drin. Für manche dürfte es durch Corona nämlich noch einmal schwieriger werden, sich den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen. Banken wurden bei der Kreditvergabe zuletzt strenger und verlangen nun mehr Eigenkapital, berichtete Reikersdorfer: "Es gibt Kunden, die Probleme haben, weil sie in der Hotellerie oder in der Reisebranche tätig sind."

Noch einmal schwieriger könnte es auch für manche Jungfamilie werden, die sich den Traum vom Haus auf dem Land verwirklichen will. Bei Remax geht man davon aus, dass Baugrundstücke 2021 noch einmal um 5,4 Prozent teurer werden, weil das Angebot fehlt und die Nachfrage steigt.

Bei Einfamilienhäusern dürfte laut Remax-Prognose heuer zwar das Angebot am Markt wachsen, dafür dürften aber auch die Preise um 2,8 Prozent zulegen. "Für Jungfamilien wird es in Ballungsräumen und Speckgürteln immer schwieriger, sich ein leistbares Grundstück oder Einfamilienhaus zu kaufen", sagt Reikersdorfer.

Stagnierende Mieten

Viel Bautätigkeit gab es 2020 in Wien: Insgesamt 19.000 Wohnungen wurden hier 2020 fertig. Es waren überwiegend Mietwohnungen. Einer der Gründe dafür ist, dass Investoren in den letzten Jahren oft in Bau befindliche Häuser kaufen und diese nun als Mietwohnungen am Markt landen. Die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen wird 2021 mit circa 11.000 Einheiten deutlich zurückgehen. Für Bauernfeind sei das aber eine "Rückkehr zur Normalität", 2020 sei ein Ausreißer gewesen.

Die hohe Anzahl an fertiggestellten Mietwohnungen sind gute Neuigkeiten für Mieterinnen und Mieter: Die Auswahl sei so groß, dass sich laut Reikersdorfer das Vergleichen bei der Wohnungssuche auszahle. Bei EHL rechnet man daher auch im Mietsegment mit stagnierenden Mieten bzw. mit Anstiegen maximal im Bereich der Inflationsrate.

Die Preise für Eigentumswohnungen dürften aber auch heuer anziehen, weil das Angebot in Wien begrenzt ist. Mit Preisanstiegen bis fünf Prozent in guten Lagen rechnet EHL. In peripheren Lagen würden diese geringer ausfallen.

Weniger Baubewilligungen

Eine Auswirkung von Corona, die sich erst in den nächsten zwei bis drei Jahren bemerkbar machen wird: Heuer gingen die Baubewilligungen in Wien deutlich zurück. "Sämtliche Dienstleister waren im Homeoffice", erklärt Bauernfeind diesen "deutlichen Einbruch".

Was sonst noch aus dem Corona-Jahr 2020 bleiben könnte: Freiflächen sind endgültig zu einem Muss für Wohnungssuchende geworden. Sie waren aber auch schon lange vor Corona heiß begehrt. Und zumindest das Interesse am Wohnen auf dem Land dürfte durch die Lockdowns und die Möglichkeit des Homeoffice gestiegen sein.

Allerdings können zwischen dem, wovon man träumt, und dem, was man sich am Ende auch leisten kann, bekanntlich Welten liegen. Und so geht die Wohnungssuche für viele auch 2021 weiter. (Franziska Zoidl, 7.1.2021)